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Rachekind: Thriller (German Edition)

Rachekind: Thriller (German Edition)

Titel: Rachekind: Thriller (German Edition)
Autoren: Janet Clark
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entspannte. Sosehr sie befürchtet hatte, dass das Baby ihre Beziehung gefährden könnte, es war nicht eingetreten. Im Gegenteil. Lilou hatte sie in dem Jahr seit ihrer Geburt noch mehr zusammengeschweißt. Ihr Leben bereichert, ihm eine neue Dimension gegeben. Unwillkürlich stahl sich ein Lächeln auf ihre Lippen. Früher hatte sie nie verstanden, warum Mütter so vernarrt in ihre Babys waren. Heute musste sie nur an Lilous fröhliches Quietschen denken, wenn sie beim Wickeln gekitzelt wurde, an ihr Brabbeln, wenn sie geschäftig durch die Wohnung wackelte und neue Schätze entdeckte, oder an die Ärmchen, die sie voller Vertrauen um ihren Hals schlang, wenn sie sich an sie kuschelte – und schon breitete sich ein tiefes Glücksgefühl in ihr aus. Ein Leben ohne Lilou war unvorstellbar.
    »Ich hoffe, ich hab jetzt …« Der Fahrer bremste so unerwartet, dass Hanna mit dem Kopf gegen den Vordersitz schlug.
    Sie rieb sich die Stirn und beobachtete, wie er das Fenster herunterließ und mit einem Polizisten sprach. Hanna betrachtete die wogende Masse vornehmlich dunkel gekleideter Menschen. Von so einer großen Veranstaltung in Aachens Altstadt hätte sie eigentlich wissen müssen, schließlich wohnte sie nur wenige Minuten entfernt auf der anderen Seite der Fußgängerzone. Vor ihnen war die Straße abgesperrt. Lautes Gegröle, das sich wie ein Schlachtruf anhörte, überdeckte immer wieder die unterschiedlichen Musikfragmente, die aus mehreren Gettoblastern zu stammen schienen. Der Fahrer schloss das Fenster, und der Partylärm drang nur noch gedämpft ins Wageninnere.
    »Was ist denn da los?«, fragte sie.
    »Ein Flashmob.« Der Fahrer war sichtlich erzürnt. »Da kommen wir nicht durch, ich muss umdrehen und um die Altstadt rumfahren.« Wieder wandte er sich zu ihr um und sah sie bedeutungsvoll an. »Heute ist Freitag, der Dreizehnte. Ich sag Ihnen, da kommt noch was …«
    * * *
    Er packt meine Sachen. Er will vortäuschen, dass ich weg bin. Das ist gut. Vielleicht interessiert er sich gar nicht für Lilou. Vielleicht verschwindet er, wenn die Tasche voll ist. Wenn er erkennt, dass er hier nicht finden wird, was er sucht.
    Lilou schläft. Die blonden Locken leuchten im Halbdunkel wie ein Heiligenschein und umrahmen ihr engelsgleiches Gesicht mit den immer rosigen Pausbäckchen, während alles um sie herum in grauen Schwaden verschwimmt, als würde dichter Nebel die Möbel verschlucken. Ihr Atem ist regelmäßig, ihre Gesichtszüge sind friedlich. Um ihren Mund deutet sich ein Lächeln an, das selbst im Schlaf ihre überschäumende Lebensfreude verrät. Vielleicht bemerkt er sie nicht.
    Schlaf, Prinzessin, schlaf.
    Die Tür zu ihrem Schlafzimmer geht auf. Sein Kopf, gefolgt von seinem kräftigen Körper, schiebt sich durch die Tür. Seine Hand sucht nach dem Lichtschalter. Findet ihn. Licht flammt auf. Viel zu helles Licht. Es wird sie aufwecken.
    Schlaf, Prinzessin, schlaf.
    Seine Hände reißen die Türen des Kleiderschranks auf und durchsuchen ihn, heben Stapel für Stapel hoch und legen sie zurück, schütteln Handtücher aus und falten sie wieder zusammen. Wie durch eine Lupe sehe ich die Hände, die sich durch den Inhalt des Schrankes wühlen. Erkenne den Schmutz unter den Fingernägeln, der die Geschichte meines einsamen Grabes erzählt.
    Ich bewache Lilous Atemzüge, konzentriere mich auf die leisen Schlafgeräusche, als könnte ich sie davon abhalten, aufzuwachen.
    Die Schranktür knallt zu.
    Lilou rührt sich. Ihr Kopf dreht sich von links nach rechts.
    Schlaf, Prinzessin, schlaf.
    Die Hände wühlen sich durch eine Schublade. Außer Babyunterwäsche und Strumpfhosen ist dort nichts zu finden.
    Lilous Kopf hebt sich. Ihre himmelblauen Augen zwinkern, das Licht tut ihr weh.
    Sei still, Prinzessin, sei still.
    Ich möchte sie hochnehmen und mit ihr davonschweben, sie in Sicherheit bringen, bevor sie sich bemerkbar macht. Doch ich muss hilflos mit ansehen, wie sie sich an den Gitterstäben hochzieht. Gleich wird sie reagieren, wie sie immer auf Fremde reagiert. Sie wird anfangen zu weinen.
    Sei still, Prinzessin, sei still.
    Ihr Mund öffnet sich. Doch es bleibt still, als hätte sie meine stumme Beschwörung gehört. Dann läuft ihr Gesicht rot an, der Kiefer zittert, und ohne dass ich eingreifen kann, zerreißt ihr Schrei die Stille.
    Die Schublade fliegt zu, Hände verharren kurz in der Luft, die Nebelschwaden im Raum verfärben sich dunkel. Ich sehe Lilous Bärenkissen. Es tanzt durch die dunklen
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