Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Rachekind: Thriller (German Edition)

Rachekind: Thriller (German Edition)

Titel: Rachekind: Thriller (German Edition)
Autoren: Janet Clark
Vom Netzwerk:
Schwaden, getragen von fleischigen Händen. Von Händen, die sich in den Stoff krallen, bis sich das freundliche Lächeln des Bären zu einer Grimasse verzerrt.
    * * *
    Hanna sah auf den Taxameter und reichte dem Fahrer einen Zwanzigeuroschein. »Sehen Sie, wir sind angekommen, obwohl es Freitag der Dreizehnte ist …«
    Er nahm das Geld und kruschte umständlich in seinem Portemonnaie.
    »Behalten Sie den Rest.« Sie öffnete die Tür und stieg aus. Als sie schon auf der Straße stand, ließ der Fahrer sein Fenster herunter und streckte den Kopf heraus.
    »Würden Sie mir bitte ein Autogramm geben?« Er hielt Hanna einen abgewetzten Stadtplan hin, wie man ihn seit dem Vormarsch der Navigationssysteme nur noch selten sah. »Jetzt mit dem Rekord, da sind Sie doch so was wie eine Berühmtheit, oder?«
    Hanna signierte den Stadtplan. »Nicht wirklich. Und, ganz ehrlich, ich will auch keine sein.«
    »Ach, kommen Sie schon, jeder will berühmt sein.« Der Fahrer betrachtete zufrieden ihre Unterschrift und stopfte die Karte dann zwischen Sitz und Mittelkonsole.
    »Gut, dass ich nicht jeder bin«, grinste sie und nickte ihm zum Abschied zu.
    »Sie sind aber berühmt, sonst hätte ich Sie ja nicht erkannt, oder?«, rief er ihr hinterher. Hanna winkte mit der Hand, ohne sich noch einmal umzudrehen, und stieg die Stufen zu der schweren, alten Haustür hoch, deren Farbe sich im Laufe der Jahre dem dunklen Klinker der Wand angepasst hatte. Während sie aufschloss, erfüllte sie eine tiefe Ruhe und Zufriedenheit. Wie schön es war, nach Hause zu kommen und zu wissen, dass Steve auf sie wartete. Sie konnte seine Nähe schon fast spüren. Seine warme, weiche Haut, wenn sie beim Einschlafen ihren Rücken an seinen Bauch schmiegte und er seinen Arm um ihren Körper legte. Sie freute sich darauf, ihm von dem Abend zu erzählen, von der Liveband und den makrobiotischen Nachspeisekreationen, und gemeinsam zu vergleichen, ob der Event dieses oder doch letztes Jahr das größere Spektakel gewesen war. Ich dachte schon, Sie hätten sich getrennt. Hanna konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. Wie schnell Gerüchte entstanden. Sie erreichte den Treppenabsatz. In wenigen Sekunden würde Steve sie in seine Arme nehmen. Dann würde sie ins Kinderzimmer schleichen, sich über das Gitterbett beugen, Lilous unvergleichlichen Duft einatmen und wissen, dass ihr Glück auch am Freitag, dem Dreizehnten vollkommen war. Eilig stieg sie die knarzenden Stufen in den zweiten Stock hinauf und schloss die Wohnungstür auf. Sie hängte ihre Handtasche an die Garderobe, schlüpfte aus den hochhackigen Pumps und genoss das Gefühl, barfuß über die alten Holzdielen zu laufen. Doch dann blieb sie abrupt stehen. Vor ihr lag das Bärenkissen aus Lilous Zimmer. Was Steve wohl mit Lilou gespielt haben mochte, dass ihr Kissen im Flur lag? Lächelnd hob Hanna es auf. Er würde immer ein Chaot bleiben.
    »Steve?«
    Erst jetzt fiel ihr das Lichtermeer auf. Alle Zimmertüren standen offen, überall brannte Licht. Sogar in Lilous Zimmer war die Deckenbeleuchtung eingeschaltet, als hätte sie plötzlich Angst, im Dunklen zu schlafen. Dafür musste es einen Grund geben. Selbst Steve ließ sonst nicht alle Lichter brennen. Hanna beschleunigte ihren Schritt. War er mit Lilou gemeinsam vor dem Fernseher eingeschlafen?
    »Steve?«
    Sie trat ins Wohnzimmer und überblickte den Raum. Der Fernseher lief, aber der Ton war abgestellt. Das riesige Ecksofa war unberührt, die bunten Kissen noch genauso angeordnet wie vor sechs Stunden, als sie die Wohnung verlassen hatte. Auf dem Plexiglaskubus, der als Sofatisch diente und dessen Innenleben aus Dutzenden von Zeitschriften und Zeitungen bestand, lagen die Fernbedienung, Steves Zigarettenetui und sein Feuerzeug. Lilous Spieltruhe war geschlossen, und der Stoffhund thronte wie immer auf dem Deckel, in Vorbereitung auf den nächsten Morgen, wenn Lilou über den weichen, weißen Berberteppich laufen und ihn an sich drücken würde.
    Hanna verließ das Wohnzimmer. Steve musste mit Lilou eingeschlafen sein. Er hätte sie längst hören müssen. Sie horchte in die Stille, lauschte auf sein Schnarchen. Aber das einzige Geräusch, das sie wahrnahm, war ihr eigener Atem, viel zu laut, viel zu schnell. Ihr Herz zog sich schmerzhaft zusammen, während Bilder durch ihren Kopf schossen: Lilou am Boden, von der Wickelkommode gefallen, Steve in Panik, ein Krankenwagen, Steve und Lilou im Krankenhaus. Sie presste Lilous Bärenkissen an sich und
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher