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Rachedurst

Rachedurst

Titel: Rachedurst
Autoren: authors_sort
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schloss Joe kurz die Augen und atmete tief durch.
    Â»Verdammt«, sagte Nate bewundernd, »das war perfekt.«
    Joe lockerte Hände und Arme und gab den furchtbaren Schmerzen nach, die nach dieser Strapaze in seinen Schultern, Oberschenkeln und im Rücken wüteten.
    ***
    Â»Joe.« Nate drehte sich auf seiner Bank zu ihm um. »Wegen Marybeth letztes Jahr.«
    Â»Nicht jetzt«, erwiderte Joe schroff.
    Â»Es ist nichts passiert. Aber ich hätte mich nicht so verhalten dürfen. Ich hab uns beide enttäuscht.«
    Â»Schon gut«, gab Joe zurück. »Wirklich.«
    Â»Ich wünschte, ich könnte so eine Frau finden.« Nate wollte weiterreden, merkte aber, dass Joes Gesicht zu einer Maske erstarrt war.
    Â»Wir müssen alles, was zwischen uns liegt, ein für alle Mal aus der Welt schaffen«, setzte er hinzu. »Das ist unverzichtbar.«
    Â»Gut, wir sind quitt.« Joe spürte, wie eine Last von ihm abfiel, eine Last, von der er nie hatte wahrhaben wollen, dass sie überhaupt existierte. »Jetzt dreh dich bitte wieder um, und halt nach Felsen Ausschau. Meine Mädchen zu finden – das ist das Einzige, was mir im Moment wichtig ist.«
    ***
    Der Fluss bog rauschend nach rechts, und Nate wies auf etwas am Ufer. Joe schaute in die Richtung, in die sein Arm zeigte, und sah zwischen dem Gestrüpp das Dach eines Hauses. Im nächsten Moment tauchten Koppeln auf. Sie waren überflutet; nur die oberen Zaunlatten sahen aus dem Wasser. Zwei völlig verängstigte Pferde, denen der Fluss bis zum Bauch reichte, standen in einer Ecke.
    Â»Hier wohnt Hank.« Joe legte sich kräftig in die Ruder, um das Boot zu den Koppeln zu steuern.
    Sie glitten heran, bis ein Zaun in Griffweite war. Nate packte ihn, und das Boot hielt ruckelnd an. Joe sprang mit der Bugleine heraus und zog es ans Ufer. Sie zerrten es aus dem Wasser, damit es bei steigendem Wasserpegel nicht ohne sie flussabwärts treiben würde.
    ***
    Nachdem sie die Pferde befreit hatten, kämpften sie sich durch den Matsch zum Jagdhaus vor. Nate hielt seine .454er Casull schussbereit im Anschlag. Joe wünschte, er hätte die Schrotflinte noch, weil er mit seiner Handfeuerwaffe ein so lausiger Schütze war.
    Als er Nate unter tropfenden Bäumen zu Hanks Jagdhaus folgte, zog Joe seine .40er Glock. Sie war nass und sandig. Er vergewisserte sich, dass kein Dreck im Lauf war, und wollte sie im Gehen an seiner Kleidung trocknen, doch Hemd und Hose waren durchnässt. Er rieb die Pistole sauber, so gut er konnte, und lud sie durch.
    Das große Blockhaus mit dem grünen Metalldach war durchaus ansehnlich. Es schien wie für einen österreichischen Prinzen der Kaiserzeit geschaffen, der darin seine Jagdfreunde in den Alpen empfing.
    Nate trabte auf das Haus zu, und Joe folgte ihm. Die Tür stand offen. Joe entdeckte kein Lebenszeichen, und im Haus brannte kein Licht. Hatte der Sturm den Strom ausfallen lassen?
    Nate sprang durch die Haustür, wandte sich nach links und musterte das Zimmer über das Visier seines Revolvers hinweg. Seine Bewegungen waren so geübt, dass er in seinem früheren Leben zweifellos schon so manches Gebäude voller Feinde gestürmt hatte.
    Joe tat es Nate nach, hielt sich aber rechts.
    Im Haus war es dunkel und still. Und es schien menschenleer zu sein.
    Der Boden war nass und voller Laub, das durch die Haustür geweht war. Dutzende Geweihhäupter blickten von den Wänden: Wapitis, Elche, Rentiere, Pronghorns, Maultier- und Weißwedelhirsche. Ein ausgestopfter Vielfraß – Vertreter einer gefährdeten Art – schien drauf und dran, sie angreifen zu wollen. Ein Steinadler schwebte mit wie zum Landen ausgebreiteten Flügeln über ihnen.
    Â»Dieser Mistkerl«, sagte Nate mit Blick auf den Adler, doch er meinte Hank. Nate mochte Adler.
    Arlen hatte recht, dachte Joe. Das Jagdhaus war voller gesetzwidrig geschossener und gewilderter Tiere. Die Häupter waren fachmännisch präpariert. Er kannte die Arbeit aller Präparatoren seines Bezirks und war sich sicher, dass es keiner von ihnen war, der diese Köpfe auf dem Gewissen hatte. Aber das gehört zu meinem früheren Beruf, überlegte er. Das geht mich nichts mehr an.
    Nate querte das Wohnzimmer und betrat einen großen Essraum. Joe folgte ihm.
    Schmutzige Teller standen auf dem Tisch, und ein Rabe, der durch die Haustür gekommen sein musste, ging dazwischen herum. Der
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