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Rachedurst

Rachedurst

Titel: Rachedurst
Autoren: authors_sort
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Vogel hielt inne, sah sie mit zur Seite geneigtem Kopf an und hielt ein Stück Fleisch im Schnabel. Dann watschelte er den Tisch der Länge nach ab, wandte sich am Kopfende der Tafel um und krächzte: ein schriller, unangenehmer Laut. Nate erschoss das Tier, und der Vogel explodierte in einer Wolke aus schwarzen Federn.
    Â»Ich hasse Raben.«
    Joe klangen von dem Schuss die Ohren, und er sah seinen Freund verärgert an.
    Â»Oha«, meinte Nate, »schau mal.«
    Der Stuhl am Kopfende der Tafel war umgekippt. Nate näherte sich ihm und hob ein rotfleckiges Steakmesser auf, das daneben am Boden lag.
    Joe wollte um den Tisch herumgehen, spürte aber, wie seine Stiefelsohlen kleben blieben. Er schaute nach unten und entdeckte Blut. Eine Menge Blut. Und es war noch nicht trocken.
    Â»Wer das wohl war?«, fragte Nate.
    Joe konnte es jetzt riechen. Das ganze Zimmer roch nach Blut.
    Aber es gab keine Leiche.
    Rasch durchsuchten sie alle Zimmer. Das Haus war leer.
    Als sie sich zum Boot zurückkämpften, verspürte Joe ein zunehmendes Angstgefühl, das ihm die Kehle austrocknete. Der Fluss würde sie nun zu Arlens Haus tragen.
    Â»Lass uns meine Mädchen holen«, sagte Joe.

30. KAPITEL
    Die nächsten Stromschnellen waren nicht so schlimm wie die großen Wellen, die sie durchfahren hatten, und obwohl Joe die Arme schmerzten, hielt er das Boot gut auf Kurs, und sie kamen ohne Zwischenfall durchs Wildwasser. Der Regen ging in ein stetiges Nieseln über, doch die Wolkendecke blieb geschlossen. Weil der Himmel so dunkel war, vermochte Joe nicht zu sagen, wie spät es war. Beim Rudern sah er kurz auf seine Armbanduhr, aber die war voll Wasser und um acht Uhr vierunddreißig stehen geblieben – zu dem Zeitpunkt, als der Fluss ihn mitgerissen hatte.
    Schweigend hingen Joe und Nate ihren Gedanken nach. Joe überlegte, was sie auf der südlicheren Ranch finden würden. Wenn er sich nicht auf die Ruder konzentrierte, sondern über das Schicksal seiner Töchter grübelte, vermochte er kaum ruhig zu bleiben. Sein Herz raste, und etwas Schwarzes, Kaltes saß in seiner Brust. Doch so sehr er sich auch mühte: Die Gesichter von Sheridan und Lucy beim Frühstück tauchten immer wieder auf.
    Der Entführer wird bezahlen , dachte er – koste es, was es wolle .
    ***
    Zwei Steilklippen verengten den Fluss. Zwar gab es hier kein Wildwasser, doch die Strömung schien sich zu verdoppeln. Joe spürte den Fahrtwind im Gesicht, als sie vorwärtsschossen. Schon das kleinste Eintauchen eines Ruders wirkte sich im reißenden Wasser stark aus. Deshalb steuerte er so behutsam, als schlüge er Klaviertasten an, und tauchte nur hin und wieder ein Ruderblatt zur Kurskorrektur daumenbreit ins Wasser. Während der Fluss sie dahintrug und die Klippen zurückblieben, erkannte Joe langsam die Gegend wieder. Zu ihrer Linken befand sich in etwa anderthalb Kilometern Entfernung ein Hügel, der einem Elefantenkopf glich. Er war Joe aufgefallen, als er Sheridan zu Julie rausgefahren hatte. Sie näherten sich der Ranch.
    Der Fluss verbreiterte sich. Weidenwipfel sahen daraus hervor und markierten seinen ursprünglichen Verlauf. Die dichten Pyramidenpappeln am Fluss traten etwas zurück, sodass mehr gedämpftes Licht aufs Wasser fiel.
    Weil seine Füße und Beine taub waren, merkte Joe zuerst nicht, dass das Boot sank. Doch als er nach unten sah, standen seine Füße knöcheltief im Wasser. Der Rumpf musste neue Risse oder Löcher davongetragen haben. Hoffentlich würden sie es bis zur Ranch schaffen, ehe sich das Boot füllte. Er wollte nicht noch mehr Zeit verschwenden und erneut anlegen, um es umzukippen.
    Nate begann, mit einem Eimer Wasser zu schöpfen. Das half ein wenig, aber er würde den Kampf verlieren.
    Sie kamen um eine Biegung, und zum ersten Mal, seit sie ins Boot gestiegen waren, beruhigte sich der Fluss. Das Rauschen des Wassers wurde zum Flüstern. Vor ihnen blökten Kälber. Gleich würde die Ranch auftauchen.
    Da sah Joe sie. Die Arme in die Hüften gestemmt, stand sie auf einem strauchigen Hang am linken Ufer und streckte ihnen den Kopf mit ungewohntem Lächeln entgegen. Ihm fiel die Kinnlade herunter, und unwillkürlich ließ er die Ruder los.
    Â»Joe, wer ist das?« Nate hielt mit dem Schöpfen inne.
    Â»Opal«, gab Joe heiser zurück. »Opal Scarlett.«
    Und genau an dem Ort, den Tommy Wayman
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