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Quellen Der Lust

Quellen Der Lust

Titel: Quellen Der Lust
Autoren: B Krahn
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ließ Baxters grobe Züge einen Moment lang milder erscheinen. „Das würde ich vermutlich, nun, da du es erwähnst.“ Dann runzelte er wieder die Stirn. „Aber heutzutage kann man niemandem mehr trauen. Der Kerl muss gehört haben, dass hier eine schöne Frau lebt, und was ist dann das Erste, was er tut? Kommt mit Blumen hierher, das tut er.“
    Genevieve gelang es gerade noch, ein Lachen über Baxters Andeutungen zu unterdrücken. „Es gibt keinen Grund, sich deswegen zu sorgen.“ Dieser Teil ihres Lebens war vorbei. Sie warf einen Blick auf ihre behandschuhten Hände und presste die Lippen zusammen. Die Ärzte nannten ihre Krankheit Arthritis. Sie nannte es den Fluch, der ihr den Mann geraubt hatte, den sie liebte. Den Mann, der es nicht ertragen konnte, wenn sie ihn mit ihren nicht mehr perfekten Händen berührte. Warum sollte ein anderer Mann ihr Leiden mit anderen Augen betrachten? Die Antwort lautete: Das würde er nicht. Es war egal, ob Mr. Simon Cooper oder sonst wer bei ihr vorsprach. Sie hatte nicht die Absicht zuzulassen, dass man ihr noch einmal wehtat.
    Als sie aufsah, bemerkte sie, dass Baxters Blick ihrem gefolgt war. Der Anflug von Mitleid, mit dem er ihre Handschuhe betrachtete, war ihr nicht entgangen. Rasch verschränkte sie die Hände hinter dem Rücken. Selbst wenn sie Baxters Besorgnis zu schätzen wusste, so wollte sie doch nicht sein Mitleid.
    „Wie sieht dieser Mr. Cooper aus?“, fragte sie.
    Er sah sie an und runzelte die Stirn. „Wie ein Kerl mit Blumen, den man an seinem Hosenboden hinauswerfen sollte.“
    „Ich verstehe. Um welche Blumen handelt es sich?“
    „Rosen.“
    Ihre Lieblingsblumen. Natürlich konnte Mr. Cooper das nicht wissen.
    Unter normalen Umständen hätte sie Baxter gebeten, Mr. Cooper zu sagen, dass sie nicht zu Hause war. Gesellschaftliche Begegnungen außerhalb ihres kleinen Freundeskreises interessierten sie nicht sehr, und abgesehen von gelegentlichen Besuchen im Dorf blieb sie für sich. Doch seit Catherines Fortgehen waren die Umstände nicht mehr normal. Der Besuch eines Rosenkavaliers mochte nicht ideal sein, aber zumindest wäre es eine Abwechslung in der Reihe von langweiligen, einsamen Tagen.
    „Du kannst Mr. Cooper hereinführen“, sagte sie zu Baxter.
    Nachdem Baxter hinausgegangen war, stand sie auf und ging zum Fenster. Wehmut und Einsamkeit überkamen sie beim Anblick der goldenen Blätter, die an den Fensterscheiben vorüberwehten. Normalerweise würde sie um diese Jahreszeit mit Catherine durch ihren geliebten Garten schlendern und besprechen, welche Pflanzen zurückgeschnitten werden und welche im Frühjahr neu gepflanzt werden sollten. Und sie sollte sich auf Little Longstones jährliches Herbstfest freuen, das morgen stattfand, und nicht in Trübsal versinken.
    Sie seufzte tief auf, und das Glas beschlug, sodass sie sich zurücklehnte und die Scheibe abwischte. Dabei schob sie das Neidgefühl beiseite, das in ihr aufstieg. Sie freute sich für Catherine, wirklich. Das verzweifelte, schmerzliche Gefühl der Leere würde vergehen. Als eine innere Stimme ihr zuflüsterte, sie machte sich etwas vor, straffte sie die Schultern und hob das Kinn. Unsinn. Sie war nicht allein. Sie hatte Baxter. Und Sophia. Und heute hatte sie auch Mr. Cooper. Und das musste ganz einfach genügen. Sie hatte sehr schmerzlich erfahren müssen, was geschah, wenn man zu viel vom Leben erwartete.
    Natürlich war Mr. Cooper vermutlich von Krankheit gebeugt und betagt und hatte ein Cottage in Little Longstone aus denselben Gründen gemietet wie die meisten anderen Leute – wegen des medizinischen Nutzens der heißen Quellen. Wie auch Genevieves Anwesen besaß Dr. Olivers eine eigene private Quelle, die für Mr. Cooper zweifellos die Hauptattraktion darstellte. Vermutlich wollte er sich über seine verschiedenen Leiden unterhalten. Sie zuckte die Achseln. Wenigstens war er jemand, mit dem sie reden konnte. Sophia war eine gute Zuhörerin, aber leider keine gute Gesprächspartnerin.
    „Mr. Cooper für Sie“, hörte sie Baxters Stimme von der Tür her. Sie drehte sich um und erstarrte beim Anblick des ganz und gar nicht betagten Mr. Cooper, der keineswegs von Krankheit gebeugt war. Tatsächlich wäre sie erstaunt, wenn er die dreißig bereits überschritten hätte. Vor Überraschung hatte es ihr ganz ungewohnterweise die Sprache verschlagen, und sie starrte ihn einfach nur an. Er wirkte ähnlich verblüfft wie sie. Aus grünen Augen sah er sie durchdringend an, und ein
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