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Quellen Der Lust

Quellen Der Lust

Titel: Quellen Der Lust
Autoren: B Krahn
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erschienen.
    Als sie sich einverstanden erklärt hatte, seine Mätresse zu werden, hatte sie nur gewusst, dass er reich war, gut aussehend, und dass er sie begehrte – so sehr, dass er sie vor dem Albtraum bewahrte, zu dem ihr Leben geworden war – und das hatte genügt. Sehr bald schon hatte sie sehr zu ihrer Erleichterung festgestellt, dass er außerdem freundlich war. Großzügig. Klug. Ein fortschrittlicher Denker, der sich um die Belange und das Leiden jener sorgte, die weniger glücklich waren als er und der hoffte, die Gesetze zugunsten der Armen zu ändern. Sie hatte sich in sein Wesen verliebt, in seinen Geist, seine Güte. Aber die Kälte, mit der er sie aufgegeben hatte, hatte ihr eine Seite seines Charakters gezeigt, von der sie nicht einmal wusste, dass es sie gab, eine, die ihr das Gefühl verlieh, eine Närrin zu sein. Sie hatte sich hässlich und schmutzig gefühlt, und an dem Tag, an dem er sie fortgeschickt hatte, hatte sie gelobt, nie wieder die Mätresse eines Mannes zu werden. Nie wieder sollte ein anderer Mann sie besitzen, vor allem kein verdammter Adliger, einer, der über genügend Reichtum und Macht verfügte, um sie innerhalb weniger Tage durch eine neue Gespielin zu ersetzen. Wahrhaftig, wenn ein anderer Aristokrat sie auch nur mit einem Funken von Interesse ansah, dann würde sie Baxter auf ihn hetzen.
    Nun, sie würde Richards Schatulle aufbewahren, bis er sie holen kam, obwohl sie jede Wette eingegangen wäre, dass er einen anderen schicken würde. In diesem Fall würde sie den Brief behalten, den sie in der Schatulle gefunden hatte. Sie hatte die Nachricht gelesen, vermochte aber nicht zu erkennen, warum eine solche nichtssagende Botschaft so wichtig sein sollte. Vielleicht war es eine Art Code, aber sie konnte ihn nicht entziffern, und es war ihr auch egal. Wenn Richard den Brief haben wollte, dann musste er ihn selbst abholen, und sie war davon überzeugt, dass er ihn wollte. Sie würde ihn einfach zwingen, das zu tun, was er von Anfang an hätte tun sollen – ihr gegenüberzutreten. Schließlich hatte sie ihm zehn Jahre lang Vergnügen bereitet, hatte ihr Leben mit ihm geteilt und sich dummerweise in ihn verliebt. So viel zumindest schuldete er ihr.
    Sie konnte nicht leugnen, dass ein kleiner Teil von ihr hoffte, er würde bereuen, was er getan hatte, und wünschen, dass sie zurückkam. Aber es war egal, ob er das wollte. Dieser Abschnitt ihres Lebens war vorüber. Während sie sich nie wieder erlauben würde, so verletzlich zu sein, so war sie doch dankbar, dass die Jahre, in denen Richard sie finanziell unterstützt hatte, es ihr ermöglicht hatten, das Cottage zu kaufen und für sich und Baxter ein Zuhause zu schaffen.
    „Verdammt“, murmelte Baxter und schüttelte den Kopf. „Ich kenne dich besser als jeder andere. Ich weiß, dass du dich elend fühlst, und dass nichts, was ich tue, zu helfen scheint. Ich würde den verdammten Lord am liebsten in Staub verwandeln für das, was er dir angetan hat. So machen es die Reichen und Vornehmen nun einmal – sie nehmen sich, was sie haben wollen, und später spucken sie aus, was übrig ist, ohne sich um etwas oder jemand anderes zu kümmern als ihre eigenen selbstsüchtigen Bedürfnisse.“
    Genevieve fühlte sich schuldig. Da hatte sie nun gedacht, sie hätte überzeugend eine tapfere Miene an den Tag gelegt, aber offensichtlich war ihr das nicht gelungen. Der liebe Baxter. Er war der treueste aller Freunde und bewachte sie, als wäre sie wertvoller als die Kronjuwelen. Sie kannten sich seit ihrer frühen Jugend und hatten viel zusammen durchgemacht, sehr viel Schönes und auch sehr viel Schreckliches. Genevieve liebte ihn wie einen Bruder. Vor vielen Jahren hatte sie ihm das Leben gerettet, als er mit fünfzehn Jahren für tot gehalten und in der Gasse hinter dem Bordell liegen gelassen worden war, in dem Genevieves Mutter ihre Waren feilbot und Genevieve selbst kochte, putzte und um ein besseres Leben betete. Wenn sie bedachte, wie schwierig ihre eigene Lage zu jener Zeit gewesen war, so erkannte sie, dass sie und Baxter einander gerettet hatten.
    „Mir geht es gut, Baxter“, sagte sie und war stolz darauf, wie sicher ihre Stimme klang. „Ein wenig einsam, das muss ich zugeben, aber ich gewöhne mich daran.“ Entschlossen unterdrückte sie ihre innere Stimme, die ihr zuflüsterte, dass sie sich tatsächlich entsetzlich einsam fühlte und weit davon entfernt war, sich daran zu gewöhnen. „Ich weiß deine Besorgnis zu
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