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Queenig und spleenig - Wie die Englaender ticken

Queenig und spleenig - Wie die Englaender ticken

Titel: Queenig und spleenig - Wie die Englaender ticken
Autoren: Nina Puri
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Deutsche tagein, tagaus Lieder hören wie „The final countdown“ von Europe oder „I am looking for freedom“ von David Hasselhoff, welcher der britischen Presse mehrfach erklärt hat, dass sein Song maßgeblich für den Fall der Mauer verantwortlich gewesen sei. Manche Inselbewohner glauben gar nicht erst, dass so etwas wie deutsche Musik überhaupt existiert – das Vorspielen einer Musikantenstadl-Aufzeichnung würde sie in dieser Vermutung sicher bestätigen.
    Natürlich schauen Engländer aber nicht nur fern oder singen, sondern lesen gelegentlich auch – englische Zeitungen zum Beispiel. Die waren früher nicht nur berühmt für ihre journalistische Qualität, sondern auch herrlich übersichtlich nach Leserschaft geordnet, wie der TV-Parlamentarier Jim Hacker in der 80er-Jahre-Sitcom Yes, Prime Minister trefflich erläuterte: „Der Daily Mirror wird von den Leuten gelesen, die glauben, sie würden das Land regieren. Der Guardian wird von den Leuten gelesen, die glauben, sie sollten das Land regieren, die Times wird von den Leuten gelesen, die das Land tatsächlich regieren, die Daily Mail wird von den Frauen der Leute gelesen, die das Land regieren, die Financial Times wird von den Leuten gelesen, denen das Land gehört, der Morning Star wird von den Leuten gelesen, die glauben, das Land sollte von einem anderen Land regiert werden, der Daily Telegraph wird von den Leuten gelesen, die dachten, das Land würde von einem anderen Land regiert, und die Sun wird von den Leuten gelesen, denen es völlig egal ist, wer das Land regiert, so lange sie dicke Titten hat.“
    Ich möchte aus aktuellem Anlass hinzufügen, dass die News of the World von den Leuten gelesen wurde, die sich jetzt eine neue Zeitung suchen müssen, weil ihre Zeitung dichtgemacht hat. 44
    Mit all dieser schönen Ordnung ist es heutzutage genauso Essig ist wie mit der altehrwürdigen Fleet Street, die Jahrhunderte lang die Heimat der britischen Presse war – bis deren neuer Obermufti Rupert Murdoch 1986 die Koffer packte, mit seiner Entourage zum Canary Wharf zog und den Exodus der Tageszeitungen und Nachrichtenagenturen einleitete. Sun oder Telegraph sind heute kaum noch zu unterscheiden, denn fast alle Zeitungen sind randvoll mit niedlichen Katzenbildern, dicken Möpsen, sexbesessenen Politikern, randalierenden Teenagern und aufpeitschenden Berichten darüber, dass böse (im Zweifel ausländische) Menschen englische Frauen, Kinder und Jobs stehlen und dafür Drogen, Krebs und den Euro auf die schöne englische Insel bringen wollen. Gottlob sind in dem ganzen Sodom und Gomorrha wenigstens noch ein paar Dinge so geblieben wie in den guten alten Zeiten. Zum Beispiel das absolut kryptische Kreuzworträtsel der Times und die nicht minder rätselhafte Rechtschreibung des Guardian, bei dessen Lektüre man zuweilen nicht weiß, in welcher Sprache die Artikel gehalten sind. 45
    Mit dem Lesen von Büchern haben es die modernen Nachfahren von William Shakespeare, Lord Byron und Charles Dickens allerdings nicht so, sieht man vom „Großen Buch der Autoreparaturen“, „Harry Potter“, Liebesschmonzetten und dem auf jedem Gästeklo rumliegenden Reader’s Digest Magazin mal ab. Komisch eigentlich, denn in England werden nicht nur die meisten Bücher der Welt produziert – diese sind laut den dazugehörigen englischen Klappentexten außerdem mindestens sensationell, spektakulär, fantastisch, faszinierend, umwerfend, atemberaubend, beispiellos, überwältigend, markerschütternd, zum Niederknien, eine Offenbarung, gigantisch, triumphal, göttlich und episch.
    Schon die Titel manch englischer Werke sind eine wahre Freude. Wer wüsste nicht brennend gerne, was hinter dem Titel „Wie man eine Zahnarztpraxis führt: Der Dschingis-Khan-Weg“ steckt? Wer möchte nicht stehenden Fußes „Das Große Buch der Lesbischen Pferdegeschichten“ oder „Das Bilderbuch der Zungenbeläge“ verschlingen? Auch Titel wie „Unkraut in einer sich wandelnden Welt“, „Stilvoll strippen und stricken“, „Käseprobleme gelöst“ oder „Ich wurde von der Pygmäen-Liebeskönigin gefoltert“ lassen Großes erahnen. Seit 20 Jahren zeichnet das englische Verleger-Magazin Bookseller die schillerndsten englischen Buchtitel mit dem begehrten Titel „Oddest Book Title of the Year“ aus. Glückwunsch!

Ferien und Feiertage
    Sonnenbrand in Torremolinos, Schnupfen in Bognor Regis, Mückenstiche in Balmoral und ein Truthahn namens Gregor.

    Die Engländer sind seit jeher
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