Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Quarantaene

Quarantaene

Titel: Quarantaene
Autoren: authors_sort
Vom Netzwerk:
und im gesellschaftlichen Verkehr eher ungeschickten jungen Theoretikern und Examensstudenten, die durch die Eyeball Alley tourten, als handele es sich um einen Sommerferienort. Charlies Aufgabe war eher praktischer Natur: Er hielt alles am Laufen, kümmerte sich um die Kühlung, um das reibungslose Funktionieren der Zentraleinheit und beseitigte kleine Probleme, bevor sie zu großen Problemen anwachsen konnten.
    An diesem Abend waren vier Wartungsleute in sterilen Schutzanzügen an den Installationen zugange, wahrscheinlich Stitch und Chavez und die neuen Hospitanten aus dem Labor in Berkeley. Mehr Leute als gewöhnlich … er fragte sich, ob Costigan irgendwelche außerplanmäßigen Arbeiten anberaumt hatte.
    Er ging einmal um die Galerie herum, folgte dann einem anderen Flur, der am Festkörperphysiklabor vorbeiführte, zum Datenkontrollraum. Kaum war er eingetreten, wusste Charlie schon, dass irgendetwas los war.
    Es gab keinen, der Pause machte. Die fünf Nachtingenieure waren alle auf ihren Posten, scrollten sich fieberhaft durch Systemprotokolle. Allein Chip McCullough blickte auf, als Charlie durch die Tür kam, und ein düsteres Kopfnicken war alles, was er ihm zur Begrüßung anbot. Und das alles nur wenige Stunden, nachdem seine Schicht offiziell zu Ende gegangen war.
    Auch Anne Costigan war anwesend. Sie blickte von ihrem tragbaren Monitor auf und sah Charlie an der Tür stehen. Sie hob einen Finger in Richtung des nachgeordneten Aufsehers – einen Moment – und kam herbeigeschlendert. Das gefiel Charlie an Anne, diese Ökonomie der Bewegungen, jede Geste diente einem Zweck. »Herrgott, Charlie«, sagte sie, »gehen Sie denn nie schlafen?«
    »Bin grad auf dem Weg nach Hause.«
    »Quer durch den Betrieb?«
    »Eigentlich wollte ich mit euch noch einen Kaffee trinken. Aber ihr seid anscheinend beschäftigt.«
    »Wir hatten vor einer Stunde einen gewaltigen Ausschlag.«
    »Stromausschlag?«
    »Nein, einen Aktivitäts ausschlag . Das Schaltbrett war hell erleuchtet, wenn Sie wissen, was ich meine. Als ob jemand dem Auge einen Schwung Amphetamine eingeflößt hätte.«
    »So was kommt vor«, sagte Charlie. »Denken Sie an letzten Winter …«
    »Das hier war ein bisschen ungewöhnlich. Es hat sich jetzt wieder beruhigt, aber wir machen trotzdem einen Systemcheck.«
    »Wir produzieren immer noch Daten?«
    »O ja, es ist nichts Schlimmes, nur ein Ausreißer, aber … Sie wissen schon.«
    Er begriff. Das Auge und all seine miteinander verbundenen Systeme schwebten ständig an der Schwelle zum Chaos. Wie bei einem angeschirrten Tier war es nicht so sehr Wartung, was das Auge brauchte, sondern Pflege und Zuspruch. In seiner Komplexität und Unberechenbarkeit glich es beinahe einem lebendigen Wesen. Alle, denen das klar war – und Anne gehörte dazu –, hatten gelernt, auch auf die kleinsten Dinge zu achten.
    »Wollen Sie hierbleiben und ein bisschen helfen?«
    Ja, wollte er, aber Anne brauchte seine Hilfe nicht, er würde nur im Weg stehen. Er sagte: »Ich habe einen Hund, der gefüttert werden muss.«
    »Grüßen Sie Boomer von mir.« Es war deutlich, dass sie dringend wieder an die Arbeit wollte.
    »Mach ich. Kann ich Ihnen noch irgendetwas besorgen?«
    »Nein, es sei denn, Sie hätten ein Telefon für mich, das funktioniert. Abe ist mal wieder drüben an der Küste.« Abe war Annes Mann, ein Finanzberater; er schaffte es vielleicht alle drei Monate, nach Blind Lake zu kommen. Mit der Ehe stand es nicht zum Besten. »Lokale Gespräche sind kein Problem, aber aus irgendeinem Grund komme ich nicht nach L. A. durch.«
    »Soll ich Ihnen meins leihen?«
    »Ich glaube, das wird auch nichts nützen; ich habe schon Tommy Gupta seins ausprobiert, das hat auch nicht funktioniert. Muss irgendwas mit den Satelliten nicht in Ordnung sein.«
    Merkwürdig, dachte Charlie, wie heute Abend alles ein bisschen aus dem Ruder gelaufen zu sein schien.
     
    Zum fünften Mal innerhalb einer Stunde teilte Sue Sampel ihrem Chef mit, dass es ihr nicht gelungen sei, ihn mit dem Energieministerium in Washington zu verbinden. Jedesmal sah Ray sie an, als habe sie persönlich Mist gebaut.
    Sie arbeitete schon viel länger als normal, und es schien, als würden alle anderen an der Hubble Plaza das auch tun. Irgendetwas war da los, aber Sue bekam nicht heraus, was das war. Sie war Ray Scutters leitende Assistentin, aber er hatte ihr (was typisch war) keinerlei Informationen zukommen lassen. Sie wusste nur, dass er mit D.C. sprechen wollte
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher