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Proust 1913

Proust 1913

Titel: Proust 1913
Autoren: Luzius Keller
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übergibt Proust ein weiteres Exemplar des Typoskripts dem Verlag der
Nouvelle Revue Française
mit einem dreibändigen Vorschlag: Haupttitel: »Les Intermittences du cœur«; erster Band: »Le Temps perdu«; zweiter Band: »L’Adoration perpétuelle« (oder vielleicht »À l’ombre des jeunes filles en fleur«); dritter Band: »Le Temps retrouvé«. ( XI , 286 ) Ende Dezember lehnen sowohl Fasquelle wie auch die
Nouvelle Revue Française
ab.
    In dieser ungemütlichen Situation also befindet sich Proust Anfang 1913 , als er Madame Straus schreibt, er könne von seinem Buch nichts berichten. Auf Anraten von Louis de Robert schickt er jetzt sein Typoskript an den Verlag Ollendorff. In allen Fragen, die sein Buch betreffen, ist der 1911 für seinen Roman
Le Roman d’un malade
mit dem Prix Femina ausgezeichnete Romancier Louis de Robert ( 1871 – 1937 ) im Jahr 1913  Prousts wichtigster Ratgeber und Briefpartner. In praktischen Fragen nimmt Proust gerne die Ratschläge de Roberts an, in stilistischen und thematischen Belangen hört er zwar höflich zu, verlässt sich aber schließlich nur auf sich selbst. Seine Erinnerungen an Proust 1913 hat de Robert 1925 unter dem Titel
Comment débuta Marcel Proust
veröffentlicht. Trotz der Fürsprache de Roberts lehnt Ollendorff Mitte Februar ab. Dann gelangt Proust durch Vermittlung von René Blum an den Verleger Bernard Grasset, der dank eines bedeutenden Kostenbeitrags des Autors einwilligt. Am 11 . März wird der Vertrag unterschrieben. René Blum, Chefredakteur der Zeitung
Gil Blas,
den Proust seit 1902 kennt, ist auch der Vermittler, als es drei Jahre später gilt, den Vertrag mit Grasset wieder aufzulösen.
    Wir wissen heute, wie Prousts Manuskript in den vier Verlagshäusern beurteilt wurde. Für Fasquelle hatte Jacques Madeleine einen ausführlichen Lektoratsbericht erstellt, der bei aller Achtung vor gelungenen Details und merkwürdigen, ja bemerkenswerten Dingen in die Schlussfolgerung mündet, es handle sich im Ganzen um einen »cas intellectuel extraordinaire«. Gemeint ist zweifellos ein pathologischer Fall. Bei der
Nouvelle Revue Française
war André Gide mit der Prüfung des Manuskripts beauftragt. Die Legende will, dass er es ungeöffnet zurückgeschickt habe, sah er doch in Proust, dem Autor von
Les Plaisirs et les jours,
nichts als einen Salonliteraten vom anderen (mondänen) Ufer der Seine. Der Entwurf eines Briefes an Proust aber zeigt, dass ihn die Stirnwirbel der Tante Léonie bewogen hatten, nicht weiterzulesen. Das machte er dann erst ein Jahr später. Zu spät. Und er bereute sein Urteil bitter. Alfred Humblot, der Verlagsleiter von Ollendorff, schrieb in einem Brief an Louis de Robert: »Lieber Freund, ich bin vielleicht völlig vernagelt, doch ich kann nicht verstehen, dass jemand dreißig Seiten darauf verwenden kann, um zu beschreiben, wie er sich in seinem Bett hin und her wälzt, bevor er den Schlaf findet.« ( XII , 87 ) Humblot ist nicht der Letzte, der glaubt, in der Ouvertüre der
Recherche
werde ein Kranker in Szene gesetzt, der unter Schlaflosigkeit leidet, wo es sich doch um einen Gesunden handelt, der es genießt, nachts seinen Erinnerungen nachzugehen. Von Bernard Grasset schließlich wird berichtet, er habe, als er das Buch (die Erstausgabe von
Du côté de chez Swann
) Charles de Richter überreichte, bemerkt: »C’est illisible, nous l’avons publié à compte d’auteur« ( XII , 290 ), es sei unlesbar, er habe es auf Kosten des Autors veröffentlicht.
    Ein Zigarettenetui für Gaston Calmette
    Schon seine Schulkameraden und später seine Freunde und Bekannten fühlen sich von Prousts oft überbordenden Freundlichkeiten, seinen Schmeicheleien und Umwerbungen bedrängt, ja belästigt. Man wird den Verdacht nicht los, oft stehe hinter Prousts Bemühungen um andere nicht nur ein großes Bedürfnis, geliebt und geachtet zu werden, sondern auch Kalkül und Werbung. Jedenfalls ist Proust ein großer Werber. Bei Verlegern wirbt er um Veröffentlichung, bei Redakteuren und Kritikern um Rezensionen, bei Lesern um Aufmerksamkeit, bei Freunden um Beachtung und Zuneigung. Wie dem auch sei, Ende 1912 schreibt er an Madame Straus, er wolle Calmette ein größeres Geschenk machen, ein Portemonnaie, ein Zigarettenetui, ein Spiel Bridge-Karten, fügt aber hinzu: »Da ich ruiniert bin, möchte ich nicht mehr als 1000 bis 1500  Francs ausgeben.« ( XI , 331 ) Mit dem Geschenk will Proust sich dafür bedanken, dass Calmette bei dem Verleger
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