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Professionelle Intelligenz - worauf es morgen ankommt

Professionelle Intelligenz - worauf es morgen ankommt

Titel: Professionelle Intelligenz - worauf es morgen ankommt
Autoren: Gunter Dueck
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einmal, bevor sie zum Einkaufen oder zur Bank gehen. Dann sind sie oft schon schlauer als der, der sie dort beraten kann. Der sollte dann lieber nicht mittelmäßig sein! Wenn er das aber ist, gehen wir nicht mehr hin. Diese Entwicklung zieht einen ganzen Rattenschwanz von Konsequenzen nach sich.
    Mittelmäßige Experten sind schlechter als »zwei Stunden surfen«
    Der Wissensvorsprung der Experten schmilzt dahin. Zu dem Wissen muss vom Experten noch eine gehörige Menge Erfahrung geboten werden können! Denn sonst ist das Wissen als solches nicht wertlos, aber nicht mehr von Vorteil im Beruf des Experten.
    Eine selbst erlebte kleine Geschichte, die Sie aus Ihrem Umfeld kennen könnten: Ein Arbeitskollege fragt einen anderen per E-Mail, was ein bestimmtes Fachwort bedeutet. »Weißt Du das zufällig?« Der antwortet sehr frostig per Mail: »Diese Frage beantworte ich nicht. Ich habe das von Dir gesuchte Wort bei Google eingegeben und konnte Deine Frage damit rasch lösen. Ich finde es unverschämt von Dir, andere Leute per Mail von der Arbeit abzuhalten. Es ist nicht in Ordnung, jemanden nach irgendetwas zu fragen, wenn man selbst vorher nicht bei Google eine Antwort gesucht hat.« Diese herbe Replik zeigt die Tendenz der neuen Zeit. Man kann sehr viel mit sehr wenig Aufwand selbst herausfinden und wissen.
    Wer eine Antwort sucht, fragt in der digitalen Zeit im Internet nach und eventuell erst dann einen Menschen. Das Internet ist so gut, dass man nur noch bei wenigen Fragen Menschen ansprechen muss.
    Die Banken, Versicherungen, Geschäfte, Reisebüros oder Rechtsanwälte schauen denn auch besorgt auf unser ROPO-Verhalten. ROPO steht für »Research Online, Purchase Offline« – das heißt »schau das ganze Angebot erst im Netz an, studiere es genau und kaufe anschließend das Produkt im Laden«. Der Kundenberater wird nur noch benutzt, um die im Netz getroffene Kaufentscheidung nochmals zu überprüfen. Eventuell kennt der Kundenberater doch noch etwas Besseres.
    Ich überlege also zum Beispiel, ob ich eine indische Energieaktie kaufen soll. Ich surfe. Great Eastern Energy gefällt mir gut. Ich frage den Berater: »Ich möchte Great Eastern Energy kaufen, dieses Unternehmen saugt in Indien über Kohlelagerstätten austretendes Gas ab und verkauft es. Was sagen Sie zu dieser genialen Anlageidee? Diese Aktie wird nur in London gehandelt. Da muss ich wissen, wie hoch die Auslandsbörsenspesen Ihrer Bank im Verhältnis zu einer Direktbank sind. Wie hoch sind sie genau?«
    Was wird er sagen? So etwas: »Oh, Indien, da bin ich kein Spezialist. Da muss ich mich selbst erst einmal schlaumachen. Moment, ich schaue in den Computer. Aha! Ich habe jetzt eine andere Idee. Sie kaufen unseren Hausfonds Asiainvest. Da können Sie nichts falsch machen. Der wird gerne genommen. Ich habe den schon einmal verkauft, ja, ich erinnere mich. Der Kunde ist sehr zufrieden, er ist jedenfalls nie wiedergekommen.« Ich versuche es noch einmal: »Können Sie etwas zum indischen Markt sagen?« – »Nein, ich bin kein Experte, wir empfehlen Asiainvest, darin steckt die geballte Erfahrung unserer internen Gurutruppe. Warum wollen Sie sich auf sich selbst verlassen?« Ich verzage. »Welche Aktien sind denn in Asiainvest?« – »Das steht im Prospekt. Hier. Reliance Industries – hmmh, kenn ich nicht … ach, wissen Sie was, ich gebe Ihnen den Prospekt mit. Den können Sie mitnehmen, wir haben so viele. Die werden gerne genommen. Da können Sie nichts falsch machen. Sie können mich jederzeit um Rat fragen, wenn Sie nach dem Lesen noch offene Fragen haben.«
    Ich gehe ins Reisebüro: »Es ist zwar schon Oktober, aber ich möchte mit meiner ganzen Familie zu 13 Leuten über Weihnachten und Silvester eine Unterkunft in Österreich buchen. Einige wollen Ski fahren, die Älteren möchten spazieren, etwas sehen und shoppen.«
    »Oh, da werden Sie kaum etwas finden. Lassen Sie mich einmal auf einem Reiseportal suchen.« – »Stopp!«, rufe ich. »Das habe ich alles schon gemacht. Da ist nichts mehr.« – »Ja, aber lassen Sie mich doch selbst schauen. Immer mit der Ruhe, nicht verzweifeln, dafür bin ich ja da. Vielleicht finden wir etwas.« Ich falle vor Ungeduld fast in Ohnmacht, warte aber innerlich zerrissen höflich ein paar Minuten und sehe zu, wie der Berater vollkommen ungeschickt surft. Ich kenne seine Antwort. Ich wusste schon vorher, was kommen würde. Ich Esel muss aber doch noch hingehen und fragen! Ich verfluche mich. Nach langem Tippen
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