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Prime Time

Prime Time

Titel: Prime Time
Autoren: Liza Marklund
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»Ich werde nie begreifen, wie ihr all diese Sachen rauskriegt.«
    Annika bat ihn, still zu sein, denn nun war ein neuer Filmbeitrag auf dem Bildschirm zu sehen. Der Konferenzraum bei Zero Television, der Schuss, der zwischen den Wänden widerhallte, eine wacklige Kamera über der Menschenmenge und das hochrote Gesicht von Karin Bellhorn.
    »Mein Gott!«, rief sie. »Das ist eine Fälschung! Begreifen Sie das nicht?«
    Schnitt, dann hörte Annika in einiger Entfernung aber doch klar und deutlich ihre eigene Stimme:
    »Kain und Abel. Das älteste Mordmotiv in der Geschichte.«
    Nahaufnahme von Karin Bellhorn, vorgebeugt und aggressiv.
    »Wollen Sie behaupten, ich würde jemanden aus bloßem Neid ermorden?«
    Wacklige Kamera, dann sie selbst in der Fensternische.
    »Ja aber«, sagte Thomas mit Chips im Mund, »das bist ja du!«
    »Ganz und gar nicht«, sagte die Fernseh-Annika. »Es geht um viel mehr als das.«
    »Mach aus«, sagte Annika gedämpft.
    »Warum denn?«
    »Sie wissen ja nicht, wovon Sie reden!«, rief Karin Bellhorn im Fernsehen.
    »Bitte.«
    Thomas schaltete aus.
    »Ist es seltsam, sich selbst zu sehen?«
    Annika nickte.
    »Karin hat gestanden, sie hat es getan.«
    »Wusstest du, dass sie es war?«
    Sie lehnte sich zurück.
    »Eine Weile habe ich gedacht, es wäre Anne.«
    Sie blieben noch in den Sommergeräuschen sitzen und sogen Düfte und Geräusche ein. Thomas nahm ihre Hand in seine und küsste ihre Handfläche.
    »Entschuldige«, flüsterte er. »Ich meine es wirklich.«
    Sie antwortete nicht, sah auf ihre Oberschenkel hinunter.
    »Ich habe mich«, fing er an, schluckte und suchte nach Worten, »schlecht benommen. Nicht gut. Ich habe an mir selbst gezweifelt.«
    »An uns«, sagte Annika und schielte zu ihm hinüber. Sie sah, dass er sich wand.
    »Nein, noch mehr als das. An allem, was mein Leben sein sollte.«
    Seine langen Locken fielen ihm in die Stirn, und sie sah, wie ihre eigene Hand sie zurückstrich. Dann sah sie ihm in die dunklen und ängstlichen Augen.
    »Aber ich habe mich längst entschieden«, sagte er, »auch wenn ich es nicht kapiert habe. Ich habe mich für dich und die Kinder entschieden, ich habe mich vor fast vier Jahren für euch entschieden. Und wenn du heiraten willst, wenn das für dich wichtig ist, dann tun wir das.«
    Sie schüttelte den Kopf.
    »Nein«, sagte sie, »ich möchte, dass du es auch willst.«
    »Ich will es, aber nicht mit der ganzen Maskerade. Das habe ich einmal gemacht, und das reicht.«
    Sie sah ihn an und nickte.
    »Man kann in der schwedischen Botschaft in Seoul heiraten«, sagte er. »Ich habe mit denen geredet, sie haben am zehnten September für uns Zeit.«
    Annika setzte sich im Sofa auf und sah ihn erstaunt an.
    »Aber ich kann doch nicht nach Seoul fahren. Die Arbeit, und … wer soll sich um die Kinder kümmern?«
    »Meine Eltern.«
    »Wollen sie das denn?«
    »Wollen oder nicht, es sind ihre Enkelkinder. Und mit der Arbeit wird es auch kein Problem geben. Am zwölften ist der amerikanische Präsident zu einem Besuch dort, und du kannst im Presseschwarm mitreisen, wenn er Panmunjon und Bruon auf dem achtunddreißigsten Breitengrad besucht, vor dem Vierparteiengespräch in Peking.«
    Annika schüttelte den Kopf und lächelte bekümmert.
    »Das klingt toll«, sagte sie, »aber die Zeitung wird mich niemals für einen Job nach Korea schicken.«
    »Ich habe schon mit Schyman gesprochen und ihn in meine Verschwörung eingeweiht. Er sagte, er würde dich auch nach Hawaii schicken, wenn es erforderlich wäre. Er muss dich für eine unglaublich gute Reporterin halten.«
    Annika sah erstaunt drein, dann begriff sie den Zusammenhang und dachte ein paar Sekunden nach.
    Schyman wollte sich revanchieren. Einen Chefredakteursjob gegen eine Ehe.
    Sie stand schnell auf.
    »Willst du noch ein Bier?«
    Er zog sie zu sich und küsste sie.
    »Sag ja«, sagte er. »Ich will.«
    Das Telefon klingelte, sie stand von seinem Schoß auf, ging in die Küche und holte ein Bier aus dem Kühlschrank. Dann horchte sie auf das rhythmische Rauschen der Spülmaschine und die Hintergrundgeräusche, die durch das offene Fenster hereindrangen, Ventilatoren, Kindergeschrei, eine Alarmanlage.
    Sie schloss die Augen. Hier und jetzt, ausgerechnet heute.
    »Annika! Es ist für dich!«
    Sie holte ein paar Mal Luft und ging dann ins Wohnzimmer zurück.
    »Annika Bengtzon?«
    Die Stimme kam ihr bekannt vor, sie konnte sie aber nicht einordnen.
    »Wir sind uns in den letzten Tagen ein paar Mal
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