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Prime Time

Prime Time

Titel: Prime Time
Autoren: Liza Marklund
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Sonne im Rücken, und das Gegenlicht warf schimmernde Goldkanten um ihren Körper. Ihr Haar war durchsichtig und leuchtete.
    Anne holte tief Luft und spürte, wie der Krampf im Magen langsam nachließ. Stattdessen fingen nun ihre Beine an zu zittern, sie setzte sich vorsichtig zwischen die Müllsäcke und atmete hörbar. Sie hatte das Gefühl, dem Aufprall entgangen zu sein, obwohl sie sich im freien Fall befunden hatte.
    »Was machen Sie denn, verdammt noch mal?«
    Der Highlander baute sich über dem beschlagnahmten und wieder freigegebenen Material vor ihr auf. Sein Gesicht war klebrig von Schminke, drückte Verwirrung und Wut aus, der silberne Schlips hing schief.
    Anne versuchte zu antworten, ihre Stimme versagte, sie räusperte sich. Tränen stiegen ihr in die Augen, sie sah zu Boden.
    »Ich war es nicht«, wisperte sie.
    »Erzählen Sie das einem anderen«, sagte der Highlander mit einer Stimme, die vor Wut ganz matt war. »Die Tonleute sind alle Kabel im Regieraum durchgegangen, Sie haben an der Bildbearbeitung vorbeigeschaltet und etwas auf die interne Kommunikation gelegt.«
    Sie sah hoch, die Tränen löschten ihren Blick aus.
    »Ich habe sie nicht erschossen. Ich war beim Bus und habe nach ihr gesucht, aber ich habe es nicht getan.«
    Sie senkte den Kopf und weinte auf ihren Schoß. Auf dem Flur kamen Schritte näher. Sie presste den Handrücken gegen die Nase und versuchte, sich zu sammeln. Dann trocknete sie Rotz und Tränen ab, wischte die Hand an der Jeans ab und erhob sich schwankend. In der Türöffnung hinter den Säcken war es eng geworden, sie konnte den Kopf von Q sehen, der sich ungeduldig hin und her bewegte.
    »Wir müssen diesen Müll hier wegräumen.«
    »Vorsichtig!«, rief der Highlander.
    Die Säcke wurden beiseite geschoben und landeten im Flur.
    Der Kommissar stand bleich und verkniffen vor ihr.
    »Annika Bengtzon sagt, Sie hätten ein Sicherungsband mit interner Kommunikation gefunden, das während der Mordnacht im Bus eingeschaltet war.«
    Anne Snapphane spürte, dass sich wieder Panik in ihrem Körper ausbreitete. Sie nickte.
    »Das war das Gespräch, das wir alle im Konferenzsaal hören konnten, nehme ich an?«
    Erneutes Nicken.
    »Die Techniker haben festgestellt, dass das Band von diesem Raum aus abgespielt worden ist. Ich nehme an, dass Sie etwas damit zu tun haben, oder?«
    Anne versuchte zu atmen, bückte sich, holte das Band aus dem Videorekorder und reichte es Q.
    »Rein ermittlungstechnisch war das nicht so gelungen«, sagte er mit verspanntem Kiefer.
    »Tut mir Leid«, erwiderte sie und sah zu Boden. Sie spürte seinen Blick auf ihr brennen.
    Der Polizist ließ das Band in eine Tüte fallen.
    »Wir sprechen uns noch«, sagte er und verließ den Raum.
    Der Highlander stand hinter den Monitoren, sah sich in dem Durcheinander aus Papier und Bändern um und rückte seinen Schlips zurecht. Er seufzte, wischte sich über die Stirn. Einen Moment lang schien er etwas sagen zu wollen, überlegte es sich dann aber anders und verließ das Zimmer.
    Als sie seinen Hinterkopf sah, fiel Anne plötzlich etwas ein.
    »Wir haben keine Produzentin mehr«, sagte sie. »Wie sollen wir bis Samstag eine Sendung zusammenkriegen?«
    Der Highlander wirbelte herum und starrte sie panisch an.
    Dann fuhr er sich ein paar Mal mit der Zunge über die Lippen, offensichtlich dachte er fieberhaft nach.
    »Mein Gott«, sagte er. »Was sollen wir nur tun?«
    »Ich habe das meiste Material schon gefunden«, sagte Anne mit matter Stimme. »Ich kann eine Rohfassung mit Ein- und Ausgängen machen und alles zusammensuchen, was wir brauchen, und …«
    »Genau, Sie können das Programm schneiden«, sagte der Highlander, »das schaffen Sie.«
    Anne holte schnell Luft und setzte sich. Darauf war sie nicht vorbereitet gewesen. Dann begriff sie die Chance, die nicht wiederkehren würde.
    »Produzentengehalt und Dienstwagen«, sagte sie schnell.
    So würden sie sich nie leisten können, sie wieder zu degradieren. Der Chef des Senders sah sie lange an und gab dann einen verächtlichen Laut von sich.
    »Karin hat mich immer vor Ihnen gewarnt und gesagt, dass Sie sich alles unter den Nagel reißen würden, sowie Sie die Chance dazu bekämen. Es war schon richtig von ihr, Sie klein zu halten. Wie können Sie nur eine solche Situation ausnutzen?«
    »Und das sagen ausgerechnet Sie?«, fragte Anne.
    Annika blieb im Sonnenlicht stehen und genoss das saugende Geräusch, das die Eingangstüren des
Abendblatt
machten, als sie
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