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Prime Time

Prime Time

Titel: Prime Time
Autoren: Liza Marklund
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geriet.
    »Unter keinen Umständen«, widersprach er. »Ich hatte keine Ahnung.«
    »Und wie kommt es dann, dass Sie alle Ihre Aktien, 9200 an der Zahl, genau am 19. Juli, am Tag vor der Veröffentlichung des Berichts, verkauften?«
    Der Chefredakteur schüttelte den Kopf.
    »Reiner Zufall«, sagte er. »Ich hatte schon lange vor, die Aktien abzustoßen.«
    »Am 19. Juli, einem Mittwoch, verkauften Sie Ihre 9200 Aktien der Global Future zu einem Kurs von 412 Kronen 50.
    Sie erhielten also 3795000 Kronen. Am Tag darauf, Donnerstag, den 20. Juli, erschien der Halbjahresbericht, und die Aktie fiel rasend schnell um achtundzwanzig Prozent auf 297 Kronen. Da hätten Sie dann noch 2732400 für dasselbe Aktienpaket erhalten, nicht wahr?«
    Torstenssons Gesichtszüge verrieten gemischte Gefühle von Zweifel und Entsetzen, während Mehmed sprach. Als er antwortete, lag mühsam unterdrückte Verachtung in seiner Stimme.
    »Es kommt eben darauf an, zum richtigen Zeitpunkt zu verkaufen«, sagte er. »So ist das nun mal an der Börse.«
    »Was für ein verdammter Loser«, sagte Thomas.
    »Sie haben über eine Million Kronen damit verdient, dass Sie am 19. und nicht am 20. Juli verkauft haben«, sagte Mehmed.
    »Peanuts«, erwiderte Torstensson.
    »Ich glaube nicht, dass Ihre Leser dieser Meinung sind. Im Herbst teilte die Mutterfirma außerdem mit, dass sie kein Geld mehr in das Unternehmen schießen würde, was dazu führte, dass der Börsenwert von Global Future sozusagen auf null fiel. Auch davon wussten Sie.«
    »Das ist Rufschädigung!«, brach es aus dem Chefredakteur hervor, und er machte eine Bewegung, als ob er sich erheben wollte. »An Neujahr war eine Aktie von Global Future 59 Kronen wert, heute sind es noch ungefähr 37. Ihre Aktien wären heute 340000 Kronen wert. Sie haben über drei Millionen an einem illegalen Insidergeschäft verdient.«
    »Das muss ich mir nicht länger bieten lassen«, sagte Torstensson, der jetzt so verstört war, dass er kaum mehr reden konnte.
    In diesem Moment wurde die Perspektive gewechselt.
    Bisher war die Kamera auf Torstenssons Gesicht fixiert gewesen, jetzt wurde gezeigt, wie Mehmed aus seinem Stuhl aufstand, schnell um den Konferenztisch und zum Bücherregal ging. Eine andere Kamera sauste vorbei, Kabel und ein paar Personen.
    »Schyman!«, rief Annika und zeigte auf den Bildschirm.
    »Ich habe ihn gesehen, er stand hinter dem Kameramann.
    Hast du gesehen?«
    »Sch«, zischte Thomas.
    »Hier«, sagte Mehmed und zeigte auf einen Ordner in Torstenssons Regal. »Hier stehen die Protokolle der Vorstandssitzungen des
Abendblatt,
nicht wahr?«
    »Unterstehen Sie sich!«, rief Torstensson und stand auf.
    »Wenn Sie diesen Ordner anfassen, werde ich Sie wegen Hausfriedensbruchs anzeigen!«
    »Wow«, sagte Annika. »Er kennt einen juristischen Begriff.«
    Mehmed steckte die Hand in seine schwarze Jeansjacke und zog ein zweimal gefaltetes Papier hervor.
    »Das ist auch gar nicht nötig«, sagte er. »Ich habe hier eine Kopie des Protokolls der Vorstandssitzung vom 27. Juni vorigen Jahres, aus der sowohl hervorgeht, dass Sie daran teilgenommen haben, als auch, dass Ihnen diese Information zugänglich war. Ich hätte dazu gern einen Kommentar von Ihnen.«
    Torstensson stand mitten im Raum und wirkte etwas wackelig.
    »Kommentar wozu?«
    »Was Sie gedacht haben? Was Sie gefühlt haben? Was hat Sie dazu gebracht, alles, was Sie sich aufgebaut haben, für eine schnelle Million in einem Aktiengeschäft zu riskieren?«
    Der Chefredakteur riss sich das Mikrofon vom Jackenaufschlag, trat darauf und verließ den Raum.
    »Mein Gott«, sagte Thomas. »Das ist ja unglaublich. Was ist Mehmed doch für ein toller Reporter! Wie hat er das nur rausgekriegt?« Annika schluckte. Sie schwitzte.
    Dann kam wieder der Nachrichtensprecher und kommentierte den Beitrag.
    »Chefredakteur Torstensson vom
Abendblatt
ist nach den Veröffentlichungen unseres Fernsehmagazins über seine Insidergeschäfte heute zurückgetreten. Das Dezernat für Wirtschaftsverbrechen der Stockholmer Polizei hat die Ermittlungen aufgenommen. Eine eilig einberufene Vorstandssitzung ernannte heute Abend Redaktionschef Anders Schyman, der früher beim schwedischen Fernsehen tätig war, zum neuen Chefredakteur und verantwortlichen Herausgeber des
Abendblatt.
Mehr darüber in unserem Live-Magazin gleich nach den Nachrichten.«
    Der Nachrichtensprecher nahm ein anderes Blatt in die Hand. »Was für eine Geschichte«, sagte Thomas und sah Annika an.
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