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PR2613-Agent der Superintelligenz

PR2613-Agent der Superintelligenz

Titel: PR2613-Agent der Superintelligenz
Autoren: Michael Marcus Thurner
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behalten. Im wahrsten Sinne des Wortes.
    Wenn die Rhoarxi unberechenbar und heimtückisch waren, musste ich unberechenbarer und heimtückischer sein. Also schoss ich meinen Gegnern in den Rücken, tötete mittels überlegener Waffen und aus großer Distanz, ich wendete jeden fiesen Trick an, der mir in den Sinn kam. Es fiel mir nicht leicht. Anarch-Gamas hatte mich ethische Grundsätze gelehrt, die ich nun beiseiteschieben musste.
    Hatte ich geglaubt, dadurch ausreichend gerüstet zu sein und meine Aufgabe problemlos erledigen zu können, musste ich irgendwann in der Nacht des zweiten Jagdtages feststellen, dass sich die Kriterien des Auftrags ein weiteres Mal änderten.
    Ich war der pflichtgemäßen Erfüllung meiner Aufgabe schon recht nahe und wusste, dass ich es schaffen konnte. Bis ich einem klein gewachsenen Rhoarxi mit auffällig breitem Schnabel begegnete, dem insgesamt zwölften, den ich ausfindig machte.
    Ich hatte einen winzigen Fleck mit kaum wahrnehmbar erhöhtem Wärmewert wahrgenommen und war meinem Jagdinstinkt gefolgt. Er hielt sich in einer Erdspalte verborgen, beschmiert mit Schlamm, ins stinkende Fell eines Kodin-Wülflings gehüllt. Er gab sich kämpferisch, als er mich entdeckte, und feuerte mit Brandgeschossen auf mich, ohne meinen Schutzschirm gefährden zu können. Ich ließ ihn gewähren und wartete, bis ihm die Munition ausging. Bis er die Nerven verlor und er seine Deckung verließ.
    Ich ließ ihn bis auf wenige Meter an mich heran. Nun, da er mir gegenüberstand, warf er sich auf die Knie, robbte in aller Demut weiter auf mich zu, um Gnade bettelnd. Er weinte herzzerreißend laut, seine Verzweiflung wirkte echt.
    Ich erschoss den Rhoarxi, von einem ganz besonderen Instinkt geleitet – und ich tat gut daran. Er hatte mich hereinlegen wollen.
    Wäre er näher an mich herangekommen, hätte er jenen Brandbombensatz geworfen, den ich in seiner Hand entdeckte. Er verfügte über eine hyperenergetisch aktive Komponente, die aus einem fernflugtauglichen Gleiter oder gar aus einem regulären Raumer stammen musste. Die Bombe war von einem Wirkungsgrad, der sich mit den eingeschränkten Mitteln eines Rhoarxi nicht erreichen ließ. Jemand hatte ihm geholfen.
    »Sin-Anarch-Gamas?«
    »Ja, Herr?« Der Roboter bohrte sich aus dem Untergrund. Er nutzte die Gestalt eines riesigen Maulkäfers, dessen Grabhörner golden glitzerten.
    Ich hielt ihm die gesicherte Bombe vors Gesicht und erzählte ihm, was ich entdeckt hatte. »Kontra spielt ein falsches Spiel«, schloss ich.
    »Wer sagt das?«
    »Du meintest, dass meine Gegner über eine exakt definierte Ausrüstung verfügten.«
    »Dann habe ich wohl gelogen.« Anarch-Gamas machte eine weitere Metamorphose durch. Er verformte sich zu einem Bastirsch mit gewaltigem Geweih.
    »Warum tust du mir das an?« Ich konnte meine Wut kaum unterdrücken. Anarch-Gamas hatte mich die langen Jahre der Ausbildung hindurch begleitet und geleitet; er hatte mir alles beigebracht, was ich wusste.
    »Das musst du selbst in Erfahrung bringen, Herr.« Der Roboter verschwand mit weiten Sätzen im Unterholz, mit den rasiermesserscharfen Hörnern tiefe Spuren in den Stämmen mehrerer Traminachten hinterlassend. Es waren Spuren, die mich warnen sollten.
    Es war mir untersagt, weiterreichende Fragen zu stellen. Andernfalls verlor ich. Dieses Spiel – und wohl auch mein Leben.
     
    *
     
    Die Lektion, die mir Anarch-Gamas erteilen wollte, hieß: »Traue niemandem! Auch nicht deinem besten Freund.«
    Es war eine der traurigsten, die ich jemals lernen musste. Sie machte mir bewusst, dass ich mein künftiges Leben allein würde führen müssen. Dass es niemanden gab, mit dem ich mich austauschen oder dem ich meine Sorgen anvertrauen konnte.
    Ich war ab nun gut beraten, mir mein Essen selbst zu beschaffen und zuzubereiten. Jedes Einsatzgerät gehörte auf seine Funktionstüchtigkeit überprüft. Nicht einmal dem Wohnkokon durfte ich vertrauen; er mochte sich überraschend zusammenziehen und mich ersticken.
    Ich setzte die Jagd auf die Rhoarxi fort; mit noch mehr Vorsicht, noch mehr Konzentration, noch mehr Hingabe.
    Kühle Wut trieb mich an. Und Enttäuschung. Ich war hintergangen worden. Anarch-Gamas, der sich stets als Stütze erwiesen hatte, entpuppte sich als weiteres kleines Rädchen in einem Spiel, das ich zu hassen begann.
    Ich tötete achtzehn Rhoarxi, bevor die Zeit ablief. Auch die beiden Überlebenden schafften es nicht ins Ziel. Ich ließ sie bis in die unmittelbare Nähe
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