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PR NEO 0053 – Gestrandet in der Nacht

PR NEO 0053 – Gestrandet in der Nacht

Titel: PR NEO 0053 – Gestrandet in der Nacht
Autoren: Oliver Plaschka
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ist nur geschehen?«, murmelte Anra'Thir'Nom. In diesem Moment, auf dem Boden des verheerten Flurs, den toten Missk in seinem Schoß, ließ er alle Hoffnung fahren. Er hatte das Ende seiner Reise erreicht.
    Verlass das Schiff!, ertönte eine Stimme in seinem Kopf. Jetzt gleich!
    Es war die Stimme Anetis'.
    Automatisch wie bei einer Zeremonie stand Anra'Thir'Nom auf und deutete den Flur hinab. Auf einmal wusste er genau, was er zu tun hatte. All seine Sinne arbeiteten wieder so scharf wie eh und je. »Hier entlang!«
    Ohne Widerspruch folgten ihm die beiden Arkoniden durch eine Luke in einen kleinen, verlassenen Hangar. Er war für Schiffe etwa von der Größe ihrer Disk ausgelegt.
    Der Countdown zählte auf vierzig Sekunden.
    »Was haben Sie vor?«, rief die Rudergängerin.
    Er wies ihr stumm die Schleuse und eilte an die Kontrollen.
    Verlass das Schiff!
    Doch das Schiff wollte nicht, dass er die Schleuse öffnete. Er vertiefte sich in die Systeme, lauschte auf den Rhythmus seiner Wut – der Wut des Teufels, der sie mit sich in die Verdammnis reißen wollte. Mit fliegenden Fingern setzte Anra'Thir'Nom ein Notfallprotokoll nach dem nächsten außer Kraft.
    »Lotse!«, schrie Ihin da Achran. Sie hatte ihre Waffe auf seine Brust gerichtet. Der Energieschirm um ihren Anzug flimmerte bedrohlich. Brand- und Blutspuren befleckten das Weiß der Panzerung. »Was tun Sie da?«
    »Wir müssen sofort hier raus«, sagte der Lotse. »Hören Sie nicht?«
    Der Countdown zählte auf zwanzig Sekunden.
    »Wenn Sie diese Schleuse öffnen, wird der Raum evakuiert, und wir werden nach draußen gerissen!«
    »Wenn wir hierbleiben, werden wir sterben!«
    »Und da draußen?« Da war ein Klang in Ihin da Achrans Stimme, den er zuvor nicht gehört hatte. Er verwirrte ihn so sehr, dass er zwei wertvolle Sekunden vertat, um ihn zu ergründen. Dann begriff er: Es war Angst. »Was sollen wir denn tun, allein in unseren Anzügen? Allein in der Leere?«
    »Vertrauen Sie mir!«, sagte der Lotse und griff nach dem letzten Schalter.
    Ihins Waffe vor seiner Brust zitterte. Thomases verfolgte die Szene wie gelähmt.
    Der Countdown zählte auf zehn.
    »Vertrauen Sie mir!«, wiederholte der Lotse. »Ich bitte Sie. Vertrauen Sie auf Anetis!«
    Ihin da Achran senkte ihre Waffe. Anra'Thir'Nom betätigte den Schalter.
    Unter einem gellenden Alarmsignal teilte sich die Schleuse und fuhr auseinander, und der plötzliche Sturm der entweichenden Atmosphäre riss den Lotsen und die beiden Arkoniden in die Endliche Nacht hinaus.
     
    Erst war da gar nichts, kein Oben, kein Unten, nur die wirbelnde Leere, in der alles eins war und Götter und Dämonen miteinander rangen. Dann blieb die entzweibrechende ORESTOS hinter ihnen zurück. Ein gewaltiger Schatten breitete seine schützenden Schwingen über sie aus. Anra'Thir'Nom empfand keine Angst.
    Die Leere war Anetis, und Anra'Thir'Nom war die Leere.
    Er hoffte, auch die anderen hatten ihren Frieden gefunden. Jedenfalls hörte er keine Schreie, die die Ruhe dieses Augenblicks gestört hätten.
    Nur Anetis.
    Ich bin bei dir.
    Sie waren eins.
    Sieh nur!
    Vor ihm, kalt wie der Morgen am Ende eines langen Traums, tauchte der titanenhafte Körper der VAREK'ARK aus der Leere auf.

20.
    Atlan
     
    Die Hitze der Wüste schlägt mir entgegen, als ich aus der Höhle trete. Der erste der drei Monde steht hoch und bläulich blass über mir, die anderen gehen gerade erst auf. Der Himmel über der Wüste ist trocken und gestochen klar, doch in der Ferne liegt ein violetter Schleier über dem gewaltigen Gebirgsmassiv, das von Horizont zu Horizont zu reichen scheint, eine Mauer, die die Welt begrenzt. Der höchste Gipfel Topsids gilt als heilig, ein Ort für Weise ... und ein sicheres Versteck für Verfolgte, vielleicht.
    Wie versprochen hat sich eine große Menge vor der Höhle versammelt. Rico hat nicht übertrieben – die Zeit ist reif für einen Umsturz. Ich lasse den Blick über die schwarzbraun geschuppten Leiber, die reglosen Augen mit ihren Nickhäuten schweifen, versuche vergebens, eine vertraute Emotion aus ihren Gesichtern zu lesen. Es sind wohl einige hochrangige Beamte und Offiziere unter ihnen, vielleicht einige der bekannten Regimekritiker, Krhak-Hon oder Zrec-Moyn, doch die meisten wirken ärmlich, sind in Lumpen gekleidet.
    Das ist gut – eine Revolution muss immer von den einfachen Leuten ausgehen, wenn sie Bestand haben will.
    Natürlich sind sie zunächst misstrauisch. Sie kennen mich nicht, nur die Geschichten,
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