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PR NEO 0053 – Gestrandet in der Nacht

PR NEO 0053 – Gestrandet in der Nacht

Titel: PR NEO 0053 – Gestrandet in der Nacht
Autoren: Oliver Plaschka
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die Rico die letzten Wochen unter ihnen gestreut hat, in der Maske eines der Ihren. Und nun trete ich ihnen im Schutz eines Verzerrerfelds entgegen, versuche, an ihre Logik zu appellieren.
    Was wird wohl geschehen, wenn der Despot das Imperium weiterhin reizt? Seine Expansionspolitik gegen die des Regenten betreibt? Das Große Imperium wird ihn hinwegfegen – ebenso beiläufig, wie ein Topsider eine Fliege mit seinem Schwanz. Das Imperium wird den Krieg nicht einmal zur Kenntnis nehmen, außer als willkommenen Anlass für eine Parade und eine siegestrunkene Ansprache über Hyperfunk.
    Es widerstrebt der topsidischen Vernunft, sich gegen einen Herrscher oder gar die eigene Kultur aufzulehnen. Der zweite Satz der Sozialen Weisung lautet: Stärke das Starke! Denn wer das Schwache stärkt, schwächt die Ganzheit.
    Ich setze dem den dritten Satz entgegen: Achte das Leben! Erhalte es, wo du kannst. Wenn die Topsider die Wahrheit dieses Satzes erkennen, werden sie vielleicht auch ihr eigenes Leben bewahren können. Der Despot ist der Feind dieser Wahrheit – der Feind des Lebens und damit der Ganzheit. Diese Wahrheit haben Topsid und Arkon gemein.
    »Die Wahrheit zu suchen ist der zehnte Satz der Weisung«, pflichtet mir ein alter Topsider aus der Menge bei. »Woher aber weiß ich, dass du die Wahrheit sprichst? Man nennt dich Scharfauge. So gibst du dich aus: als einer, der auf den Grund der Dinge sieht und die Wahrheit erkennt. Und doch hast du nicht einmal den Mut, dich uns zu zeigen?«
    »Glaub mir«, sage ich, »ich weiß genau, wovon ich rede.«
    Ich schalte das Verzerrerfeld aus, schlage die helle Kapuze zurück und zeige mich ihnen, wie ich wirklich bin. Ausrufe des Erstaunens, der Empörung, des Unglaubens wandern durch die Menge.
    »Ergreift eure Chance! Ihr werdet Erfolg haben! Das verspreche ich euch! Und ein Arkonide hält seine Versprechen.«
    Mit diesen Worten aktiviere ich das Feld wieder und verschwinde in der Höhle. Die Helfer, die Rico unter den Einheimischen rekrutiert hat, hindern die Menge sanft, aber bestimmt daran, mir zu folgen.
    »Das hast du gut gemacht, Herr«, sagt er und schlüpft aus dem Schatten.
    »Ich bin mir nicht sicher, ob sie mir folgen werden. Ich bin Arkonide ...«
    »Und genau deshalb werden sie dir glauben! Wer hat je von einem Arkoniden gehört, der das Imperium verriet?«
    »Ich wünschte, du würdest es nicht so nennen«, sage ich bitter.
    »So werden sie es aber sehen – und das ist ein wichtiges Symbol.«
    »Sie werden denken, dass ich ein doppeltes Spiel treibe. Dass ich Arkon nur den Weg bereite.«
    »Nicht, wenn du ihnen hilfst, sich den Despoten und den Regenten vom Hals zu schaffen.«
    »Was diesen zweiten Teil betrifft ...«
    »Vertrau mir!« Rico greift in seine Tasche und reicht mir ein kleines, eiförmiges Gerät an einer Kette. Nie hätte ich gedacht, je ein zweites solches Kleinod zu sehen.
    Es unterscheidet sich fast nicht von meinem eigenen.
    »Woher hast du das?«, staune ich. »Und was soll ich damit ...?«
    »Dieser Aktivator ist nicht für dich. Er ist dafür gedacht, den Regenten zu stürzen.«
    »Wie das?«
    »Die Unsterblichkeit ist die ultimative Verlockung. Stell dir vor, der Aktivator gelangt in die Führungskreise des Imperiums! Wer immer ihn erhält, wird sich für auserkoren halten, das Imperium zu führen. Und wenn es ihm gelingt, wird der Aktivator zum Zeichen seiner Herrschaft werden – ein Zepter, das es zu besitzen gilt.« Ein böses Lächeln spielt auf seinen Zügen. »Ihre Gier wird keine Grenzen kennen. Sie werden übereinander herfallen wie die Wölfe – und stürzen.«
    »Wie soll ich das anstellen? Ich bin hier, auf Topsid, einer unbedeutenden Welt weit weg vom Imperium! Du hast gesagt, unsere Aufgabe muss hier beginnen.«
    »Hab Geduld – schon bald wird sich eine Gelegenheit auftun. Topsid ist nicht mehr so unbedeutend, wie du glaubst. Verwahr ihn gut!«
    Und er beginnt sich abermals zu verwandeln, diesmal in die Gestalt eines Topsiders. Es ist ein quälender und unschöner Prozess, doch danach ist Rico in nichts mehr von einem durchschnittlichen Bewohner dieser Welt zu unterscheiden.
    Er wirft sich einen weiten Kaftan über und tritt zum Ausgang der Höhle. »Ich werde sie steuern: die richtigen Gerüchte streuen, die falschen unterbinden. Und einige neue Kontakte in der Hauptstadt knüpfen, die sich bald schon als sehr nützlich erweisen werden – besonders in Sendschai-Karth, dem Regierungsviertel.«
    Er dreht sich noch einmal
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