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PR NEO 0053 – Gestrandet in der Nacht

PR NEO 0053 – Gestrandet in der Nacht

Titel: PR NEO 0053 – Gestrandet in der Nacht
Autoren: Oliver Plaschka
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jenem glich, das der Regent oder sein Double auf Artekh-17 getragen hatte, und an Crysalgiras Stimme, die mich an Bord des fremden Schiffes geleitet hatte. An mein Fieber in Derogwanien und die seltsamen türkisblauen Kristalle, die ich dort gesehen hatte. Wie viel von dem, was ich erlebt hatte, war echt und was nur ein Traum gewesen?
    Wer will das wissen, so oft, wie Rico dir die Erinnerung genommen und wieder zusammengesetzt hat?, antwortete mein Gedankenbruder ratlos. Doch je länger ich darüber nachdachte, desto sicherer wurde ich, dass es sich so, wie es das Tarkanchar mir gezeigt hatte, auch zugetragen hatte. Ich fühlte, dass es so passiert war.
    »Nichts ist vorbei«, widersprach ich. »Endlich sehe ich klar – klarer denn je. Rico ist nicht mein Diener! Er hat mich manipuliert!«
    »Das ist richtig«, stimmte Rhodan zu. »Die Frage ist nur: Wenn er nicht dir dient, wem dient er dann?«
    »Er hat behauptet, der Menschheit. Und Arkon.«
    »Und du glaubst ihm?«
    Ich wusste nichts darauf zu erwidern. Selten hatte die alte Wahrheit, dass manche Antworten nur neue Fragen aufwerfen, größere Gültigkeit besessen als jetzt. Mir war immer klar gewesen, dass die geheimnisvolle, gönnerhafte Macht, die mir die Gnade des ewigen Lebens erwiesen hatte, dies wahrscheinlich nicht ohne Grund getan hatte und vielleicht eines Tages eine Gegenleistung dafür einfordern würde.
    Aber zu erkennen, dass ich Tausende von Jahren im Exil verbracht hatte, während alle, die mir lieb und teuer waren, starben; dass die ganze Zeit ein Schiff und sogar ein Transmitter bereitgestanden hätten, um mir den Rückweg zu ermöglichen, man aber nicht wollte, dass ich sie gebrauchte; dass ich all die Zeit nur die Marionette eines skrupellosen Androiden gewesen war, der seinerseits nur Teil eines größeren Kampfes, eines Ringens war, in dem er mich einsetzte, wie man einen Schlagstock, ein Brecheisen einsetzte ... Und immer wenn ich im Begriff gewesen war, eins und eins zusammenzuzählen, ein Puzzlestück an den richtigen Platz zu setzen, hatte er einfach meine Erinnerung gelöscht, und das Schauspiel hatte von vorn begonnen.
    Wenigstens wusste ich nun, wo ich hingehörte.
    Wir werden uns immer neue Feinde machen – wir werden aber auch immer neue Freunde gewinnen.
    »Nehmt es mir nicht übel«, sagte ich. »Aber ich glaube, ich möchte eine Zeit lang allein sein. Ich habe eine Menge, worüber ich nachdenken muss.«
    Die beiden Mutanten lächelten mir schüchtern zu und verließen, begleitet von Chabalh, die Kabine. Belinkhar klopfte mir kameradschaftlich auf die Schulter, dann schloss sie sich an.
    »Danke«, sagte ich noch, war mir aber nicht sicher, ob sie es hörten.
    Rhodan blieb einen Moment länger bei mir. Kurz sah es aus, als suchte er nach Worten des Mitgefühls oder wollte mir gute Besserung wünschen, aber er war schlau genug, sich zurückzuhalten.
    »Du und ich, wir sind uns sehr ähnlich«, sagte ich, und er schaute mich überrascht an. »Was immer die Sternengötter mit uns vorhaben: Uns bleibt nichts, als eine gute Figur in ihrem Spiel abzugeben.«
    Er lächelte. »Das hier wollte ich dir noch wiedergeben.« Er hielt mir den kleinen Gedichtband hin. »Ich hatte eine Menge Zeit die letzten Tage, wenn ich nicht gerade Belinkhars Berechnungen durcheinandergebracht habe. Also dachte ich mir, ich habe schon lange keine Gedichte mehr gelesen. Ich muss sagen, ich habe es nicht bereut.«
    »Seit wann kannst du Altarkonidisch?«
    »Ich kann es nicht und werde es in meiner begrenzten Lebenszeit auch nie lernen«, sagte er mit einer seltsamen Mischung aus Ernsthaftigkeit und Spott. »Aber ich habe es mir von der Positronik übersetzen und vorlesen lassen. Deine Ziehschwester hat eine phantastische Stimme, wenn sie liest. Sie war etwas ganz Besonderes – da bin ich mir sicher.«
    »Ja«, sagte ich. »Das war sie.«
    Er legte mir das Buch aufs Bett, grüßte noch einmal und ging hinaus.
    Eine Weile, nachdem sich die Tür hinter ihm geschlossen hatte, lag ich einfach nur da und starrte an die gegenüberliegende Wand, an der ein kleines, stürmisch komponiertes Gemälde hing, das ein Schiff in der Brandung zeigte. Es schien verloren zwischen den mächtigen Wellen, und der Himmel über ihm war voll dunkler Gewitterwolken. In der Ferne jedoch, fast hinter dem Horizont, glaubte man ein Licht zu erkennen, das den Blick auf sich zog, je länger man es betrachtete. Es mochte nur ein Sonnenstrahl sein, der die Wolkendecke durchbrach; oder das
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