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PR NEO 0047 – Die Genesis-Krise

PR NEO 0047 – Die Genesis-Krise

Titel: PR NEO 0047 – Die Genesis-Krise
Autoren: Christian Montillon
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wallten hoch, und es war, als würde unter der Oberfläche eine gewaltige Bombe gezündet. Genau das geschah wohl auch, nur dass diese Bombe aus der unkontrolliert abgestrahlten Paraenergie der Telekinetin bestand.
    Heiße Luft fauchte, und das Phänomen setzte sich fort, raste über den See wie eine zerstörerische Schneise. Wo immer sie hinkam, verdampfte das Wasser, entstand Nebel, kochte der See. Lärmend brauste die Luft, und Anne schrie, ruderte mit den Armen, als wolle sie die Wassermassen dirigieren.
    Anne riss die Hände an den Kopf, wankte. Blut schoss ihr aus der Nase. »Ich kann nicht mehr. Kann es nicht mehr kontrollieren!« Steine erhoben sich vom Uferboden, vermischten sich mit aufsteigenden Fluten ... und zerfielen, als Annes zerstörerischer Teil der Telekinese zuschlug.
    Das Wasser verdampfte, Steinstaub und salzige Überreste aus dem See prasselten auf sie.
    Tschubai packte Anne an den Schultern. Sie haben recht. Wir können uns nicht mehr kontrollieren. Wir müssen vor uns selbst geschützt werden.
    Anne schlug um sich, und immer mehr Wasser verkochte blitzartig. Tschubai holte aus, schlug ihr ins Gesicht. Die Telekinetin ächzte erstickt, ihr Atem ging hektisch, der Blick klärte sich. »Es ist gut.« Die Worte waren kaum mehr als ein Keuchen. »Es ist gut – ich bin wieder da.«
    Über dem See wallte Nebel, und bizarre Salzbrocken regneten in die Tiefe, wenn die plötzlich entfachten Winde sie nicht mehr umhertrieben.
    Tschubai wollte zu Iga. Jetzt oder nie. Einige Schritte weiter schälten sich die Umrisse einer Frau aus den Nebelschwaden. Er ging auf sie zu.
    »Du bringst uns hinein«, sagte Anne neben ihm.
    Iga schwieg.
    »Hörst du?«, schrie Anne nun. »Du bringst uns nach Lakeside hinein, damit wir ...« Sie brach ab. Ihre Worte ergaben keinen Sinn. Das war nicht, was sie abgesprochen hatten. Anne dachte nicht mehr klar, handelte rein impulsiv.
    Tschubai wusste, dass das Inferno gleich wieder beginnen würde. Tränen liefen ihm über die Wangen, als er sich umdrehte und Anne die Faust gegen das Kinn schmetterte. Sie verdrehte die Augen und sackte ohnmächtig zusammen. »Vielleicht hast du recht«, sagte er zu Iga. »Womöglich müssen wir unter Quarantäne.«
    »Allan will euch nur helfen«, sagte Iga. Sie streckte eine Hand aus. »Er ist nicht gegen euch.«
    Sven ergriff die ausgestreckte Hand. »Ich ... ich kann nicht mehr«, sagte er. Natürlich nicht. Er war ein Kind, und ihm war längst zu viel zugemutet worden.
    »Ich bring dich zu den Ärzten«, sagte Iga. »Wie geht es dir, Ras?«
    »Es ... es ... « Der Sudanese brach ab. Er wusste die Antwort nicht. Er hatte Iga vor einigen Monaten kennengelernt, als sie in Washington versucht hatten, Crest, Eric Manoli und Frank Haggard zu befreien, denen von der amerikanischen Regierung ein Schauprozess gemacht wurde. Er hatte die hemdsärmelige Truckerin vom ersten Moment an gemocht. Er vertraute ihr. Einerseits. Andererseits war sie keine Mutantin.
    »Ich habe eine Nachricht von Allan erhalten. Einige von euch wollten den Reaktor Guanghui I angreifen. Weißt du etwas darüber?«
    Wieder nickte er nur.
    »Es kam zu einer Explosion«, sagte Iga. »Vier Sicherheitsleute sind gestorben. Der Schwere Kreuzer, der den Reaktor schützt, hat zur Verteidigung geschossen und versucht, die Mutanten außer ...«
    »Tanuj ist tot, richtig?«, fragte Sven mit erstickter Stimme.
    »Einer starb, ja«, stimmte Iga zu. »Ich weiß seinen Namen nicht. Die anderen beiden sind betäubt und mittlerweile unter ärztlicher Aufsicht. Ich kann dafür sorgen, dass ihr ebenfalls versorgt werdet.«
    »Ja«, sagte Sven. »Mach, dass das irgendwie aufhört!«
    Tschubai blickte erst auf den Jungen, dann auf die ohnmächtige Anne Sloane. Und als er den alten Zorn fühlte und merkte, dass er sich bald entladen würde, warf er sich herum und rannte davon, einfach irgendwohin.

Die vierzehnte Stimme:
    Gleichgültigkeit
     
    Irgendwann, während des Infernos:
    Wieso nur hatte ich diese Gabe, gemeinsam mit Tanuj? Warum konnten wir nicht ein ganz normales Paar sein, das sich liebt, das Kinder bekommt und einfach nur lebt?
    Dann wäre ich jetzt nicht hier, im Krankenhaus, noch halb betäubt von der Operation, während mir dieser Mann, den ich noch nie gesehen habe, erklärt, dass er mich ... ruhigstellen muss. Ob ich aus freiem Willen zustimme, fragt er.
    Es ist mir gleichgültig.
    Es ist mir so gleichgültig, wie mir nur irgendetwas sein kann.
    Ob er mich betäubt, ob er mich
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