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PR Lemuria 03 - Exodus der Generationen

PR Lemuria 03 - Exodus der Generationen

Titel: PR Lemuria 03 - Exodus der Generationen
Autoren: Andreas Brandhorst
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mittleren Alters, hager und sehnig, hatte wasserblaue, wach blickende Augen und eine Brandnarbe auf der rechten Wange. »Das sind Submodule des Datenspeichers von der LEMCHA OVIR. Wir versuchen seit einigen Stunden, auf die darin abgelegten Informationen zuzugreifen.«
    »Es ist erstaunlich, wie sehr sich diese Technik von der unterscheidet, die die Lemurer in der NETHACK ACHTON verwendet haben«, sagte der untersetzte Huang Lee. »Die beiden Sternenarchen stammen nicht nur aus verschiedenen Zeitabschnitten. Während der fünfhundert subjektiven Jahre, die an Bord vergangen sind, entwickelte sich ihre Technik auch in unterschiedliche Richtungen weiter.«
    Brodbeck nickte. »Diese Datenspeicher bestehen aus einem anderen Material, und auch die Art der Datenspeicherung ist anders. Von der Formatierung ganz zu schweigen.« Er deutete auf die Vorrichtung aus hyperenergetischen Strängen und dem mobilen Syntron. »Dies ist ein spezieller Scanner. Wir tasten die Datenstrukturen auf einem quantenmechanischen Niveau ab, und zwar ohne in die Kiste mit Schrödingers Katze zu schauen.«
    Rhodan verstand, was der Cheftechniker meinte. Der Vorgang des Abtastens hatte also keinen Einfluss auf die Datenstrukturen. Schrödingers Katze blieb tot und lebendig. Anders ausgedrückt: Die Informationen in den Datenspeichern blieben intakt.
    Eine dünne Falte bildete sich in Rhodans Stirn. »Wann habt ihr mit der Untersuchung begonnen?«
    »Vor einigen Stunden.«
    »Wann genau?«
    Brodbeck blickte auf ein Chronometer. »Vor knapp drei Stunden.«
    Rhodan sah Sharita Coho an. »Und vor knapp drei Stunden habe ich das Flüstern zum ersten Mal gehört.« Plötzliche Schwäche entstand in ihm, und er wankte.
    »Ist alles in Ordnung mit dir?«, fragte Sharita besorgt.
    »Ich... denke schon«, erwiderte Rhodan. Seltsam: Ein Teil der Schwäche blieb in ihm, trotz des Zeilaktivators, der seine vitalen Kräfte ständig erneuerte. Er atmete tief durch. »Es muss einen Zusammenhang geben.«
    »Vielleicht steckt nicht mehr dahinter als ein Zufall«, sagte Sharita und maß Rhodan mit einem aufmerksamen Blick.
    Er deutete auf die Datenspeicher der LEMCHA OVIR. »Was auch immer ich wahrnehme, es kommt von dort.«
    Er war ganz sicher, obgleich er keine rationale Erklärung dafür hatte. Emotionale Gewissheit verband das »Geräusch« mit den Speichermodulen, die aus der auf dem Planeten Mentack Nutai abgestürzten Sternenarche stammten.
    Lee berührte erneut holografische Schaltelemente, und das Gespinst aus Hyperfäden drehte sich. Ein akustisches Signal ertönte, ein leises Ping, und die schrumpfenden und anschwellenden geometrischen Muster im dreidimensionalen Projektionsfeld wuchsen zu einer einheitlichen, stabilen Form zusammen.
    »Ich glaube, wir sind so weit«, sagte Lee. »Wir sollten jetzt in der Lage sein, die ersten Daten auszulesen.«
    Brodbeck richtete einen fragenden Blick erst auf Sharita Coho und dann auch auf Rhodan.
    »Ich bin ebenso neugierig wie ihr«, sagte der Resident.
    »Na schön.« Brodbeck nickte Huang zu. »Versuchen wir's beim ersten Modul.«
    Lees Finger glitten über holografische Kontrollen hinweg, und das glühende Hypergespinst geriet erneut in Bewegung. Wie eine Hand mit Dutzenden von bunten Fingern tastete es nach dem ersten Datenspeicher und den Informationen, die Lemurer im Verlauf von fast sechs Dilatationsjahrhunderten darin abgelegt hatten - die ältesten Informationen waren objektive sechsundfünfzigtausend Jahre alt.
    Rhodans Hände flogen an die Schläfen, als ihn jäher Schmerz durchzuckte - jemand schien bestrebt zu sein, einen Dolch durch sein Gehirn zu bohren. Doch nach ein oder zwei Sekunden verwandelte sich die heiße Pein in ein sonderbares mentales Jucken, als striche eine Feder über jeden einzelnen Gedanken und jedes einzelne Gefühl. Aus einem Reflex kratzte er sich am Kopf.
    »Perry?«, fragte Sharita. Sie stand noch immer neben ihm, aber ihre Stimme war leise geworden, kam wie aus der Ferne. Andere Geräusche drängten sich in den Vordergrund, Geräusche, die ihren Ursprung nicht in der technischen Abteilung der PALENQUE hatten.
    Rhodan wollte antworten, aber es gelang ihm nicht, den Mund zu öffnen, Zunge und Lippen zu bewegen. Ein schrecklicher Verdacht suchte ihn heim - Ist mein Zellaktivator defekt? -, löste sich aber gleich wieder auf und verschwand im grauen Dunst eines Vergessens, das dem Hier und Heute galt. Er wusste, dass er zu Boden sank, doch das spielte keine Rolle, es war Teil einer
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