Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
PR Ara-Toxin 03 - Nekrogenesis

PR Ara-Toxin 03 - Nekrogenesis

Titel: PR Ara-Toxin 03 - Nekrogenesis
Autoren: Hans-Joachim Alpers
Vom Netzwerk:
Hacienda, wenn nicht ihr bester, und zwischen ihm und Marco bestand ein enges Band der Sympathie. Über den besonderen Ritus hatten sie allerdings nie gesprochen, auch nicht in Andeutungen oder in Form von Witzen, wie es unter den Lehrlingen üblich war. Da Silva hatte sich lediglich einmal, fast beiläufig, erkundigt, ob Marco Frauen oder Männer bevorzugte, und genickt, als dieser eindeutig für das weibliche Geschlecht votierte. Marco hoffte inständig, dass da Silva es nicht vergessen und auf dieser Grundlage eine gute Wahl getroffen hatte.
    Der Priester hob die Hand und gab mit öliger Fistelstimme einen Befehl. Die Szene rundum schien zu erstarren, wie flüssiges buntes Glas, das sich quirlig in starre Formen ergossen hatte und nun von Blei ummantelt wurde. Auf der Hacienda Dos Sanchoz war man gläubig, und die VSKVK stand in hohem Ansehen. Was Marco anging, so hatte er keine ausgeprägte Meinung zur Religion, obwohl er die gris-gris-bags gegen dieses und jenes immer wieder gern annahm und auch überzeugt davon war, dass sie besser wirkten als moderne Arzneien. Aber wenn er ehrlich war, vertraute er ansonsten den soliden Leistungen einer Antigrav-Plattform mehr als den Versprechungen irgendwelcher Geistwesen.
    »Im Namen des Vaters, des Sohnes, der heiligen Mutter Maria sowie der heiligen Geister des Voodoo und der Santeria beanspruche ich Gehör«, begann der Priester seine Litanei. »Wir haben hier fünf junge Leute, die mit größter Sorgfalt in ihre künftigen Berufe eingewiesen wurden und den Reichtum der Hacienda mehren sollen. Einige von ihnen werden bei uns bleiben, andere werden vielleicht als vabundé zu anderen familias gehen, und daran können und wollen wir sie nicht hindern, denn wir bekommen im Austausch die fähigsten Kinder von familias der anderen Kontinente.«
    Er warf sich zu Boden und streckte die Arme weit nach vorn. »Ich rufe Jesus an! Und die heilige Mutter Maria! Und Olodümarè, den allmächtigen Schöpfer der Ashé und der Orishas. Und die Rada-Loas. Und auch die Petro-Loas. Gebt diesen jungen Leuten Schutz und behindert sie nicht. Und lasst nicht zu, dass Baba Rhodo ihnen nahe kommt. Amen.«
    Irgendjemand kicherte leise, als der unselige Name Baba Rhodo fiel, verstummte aber rasch wieder, als ihn sein Nachbar mit dem Ellbogen knuffte.
    Marco wartete. Er wusste, dass in früheren Zeiten jetzt ein schwarzer Hahn geschlachtet worden wäre und sein Blut das weiße Gewand des Priesters befleckt hätte, aber dieses Ritual war im Zuge einer der vielen religiösen Vereinigungen und Reformen abgeschafft worden. Stattdessen löste der Priester mit einem unter der Soutane verborgenen Sensor eine Lichtkaskade aus, die aus seinem Gewand einen rot lodernden Feuermantel machte. »Geht jetzt, ihr Sünderinnen und Sünder, lasst euch wie Pferde reiten von den Loas, macht Gebrauch von dem, was euch die Götter geschenkt haben, und kehrt als wissende und göttergläubige Menschen zurück!«
    Die steile Stirnfalte des padre ließ ahnen, dass der Priester seine Kompetenzen überschritten hatte, indem er die jungen Leute vorzeitig entließ. Aber der padre hatte im Alter - ganz im Gegensatz zu seinen jungen Jahren - eine gewisse Milde angenommen und verzichtete darauf, den Priester zurechtzuweisen. Stattdessen stieß er den kunstvoll verzierten Stab, auf den er sich stützte, dreimal energisch auf den Boden und befahl mit knarzender Stimme: »Untersucht sie und bereitet sie vor.«
    Die Umstehenden wichen zurück, und die Aprendiz, die sich noch immer fest an den Händen hielten, standen plötzlich allein da. Die Mitglieder der Prüfungskommission traten zu ihnen heran, lösten die Haltebänder der Brokatmäntel und stießen ihnen die Mützen vom Kopf. Jetzt standen die Aprendiz in zweckgerechten gelben Thermoanzügen vor ihnen. Mit Detektoren wurden die Anzüge und die Haut abgesucht, um verbotene technische Hilfsmittel aufzuspüren. Natürlich ergab die Überprüfung keinen Befund. Niemand hätte es gewagt, sich auf diese Weise einen Vorteil zu verschaffen. Die Gefahr, zu einem nofamilia zu werden, der nie wieder in den Schoß einer familia zurückkehren durfte, war viel zu groß. Außerdem vertraute jeder von ihnen auf das, was er gelernt hatte, und auf sein psychosensorisches Talent, das ihn für diesen Beruf qualifiziert hatte.
    Nach einer Weile verkündete der Vorsitzende der Prüfungskommission das für die Aprendiz positive Ergebnis und ließ die Rucksäcke mit den herramientas bringen. Auch sie
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher