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PR Andromeda 04 - Die Sternenhorcher

PR Andromeda 04 - Die Sternenhorcher

Titel: PR Andromeda 04 - Die Sternenhorcher
Autoren: Frank Böhmert
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echtem Messing, auf die Kerze, auf den Stuhl vor dem Schrein. »Wolltest du gerade?«
    »Nein«, sagte Bi Natham zuerst . Dann ärgerte er sich über diese höfliche Lüge. »Doch, ja. Tatsächlich wollte ich gerade anfangen.«
    »Dann fühl dich frei. Wenn du willst.«
    Bi Natham wollte zuerst ablehnen. Dann gab er sich einen Ruck und setzte sich.
    »Ich lege mich so lange hin«, sagte Martan.
    Bi Natham hörte, wie der Charandide seinen massigen Leib auf das Bett sinken ließ, und musste schmunzeln. Nie höflich , dachte er. Aber immer freundlich. Nie oberflächlich. Aber immer klar. Wie es sich wohl lebte in einer Welt, in der ein solcher Umgang miteinander alltäglich war?
    Er sah zu Martan. Der Charandide lag auf der Seite, den Kopf aufgestützt, und sah ihm zu.
    »Das hier«, sagte Bi Natham und zeigte an die Wand über dem Schrein, »ist das Rad der Lehre. Es steht mit seinen acht Speichen für den Edlen Achtfachen Pfad, der zur Leidenserlöschung führt. Es ist aus billigem Kunststoff. Ich habe es auf einem Markt in Südostasien gekauft; das ist ein Teilkontinent auf meinem Heimatplaneten Terra.«
    Er hatte es mit einem Haftgummi an der Kabinenwand befestigt. Es war handtellergroß und mit blauen und gelben Stoffbändern umwickelt, deren Enden lose als Schmuck hinabhingen.
    »Diese kleine Statue hier«, sagte er, »ist Buddha. Das ist ein Terraner, der vor vielen Jahrtausenden lebte und als erster den Weg fort von Gier, Hass und Unwissenheit aufgezeigt hat. Den Weg des Dharma. Sie ist aus Speckstein handgeschnitzt und auch handbemalt. Das Gesicht ist mit echtem Blattgold belegt. Diese Figur ist das Wertvollste, das ich besitze.«
    Er sah Martan an. »Ich habe sie von Chandana geerbt. Ebenso wie das Tuch. Das hat sie im Winter gern um den Hals getragen.« Er beugte sich vor, strich über das Tuch auf dem kleinen bordeigenen Beistelltisch, den er als Schrein benutzte, und rückte die getrockneten Blüten und die Muschelschalen zurecht.
    »Leben und Tod sind hier versammelt«, sagte Martan.
    Bi Natham nickte. »So, und jetzt möchte ich, dass du mich nicht mehr ansiehst.«
    Er schloss die Augen und versuchte, einfach nur seinen Atem wahrzunehmen. Erstaunlicherweise fühlte er sich wohl. Er war sich Martans Gegenwart sehr bewusst, aber sie störte ihn nicht. Seine rechte Körperhälfte fühlte sich einfach lebendiger an, als ob sie den Charandiden spürte. Das Ohr fühlte sich an wie aufgestellt. Wer weiß, welche uralten, noch rudimentär vorhandenen Muskeln zum Drehen der Ohrmuschel da zucken wollen , dachte er.
    Er hatte so lange keinen privaten Raum mehr mit jemandem geteilt, dass er das Gefühl, in einer gemeinsamen Gegenwart aufgehoben zu sein, gar nicht mehr kannte.
    Na, mit dem Meditieren wurde das heute wohl nichts mehr. Er brach den Versuch ab und genoss einfach nur die Situation, jemanden bei sich zu haben, mit jemandem zusammen zu sein, der Stille zulassen konnte.
    Nach einer Weile sah er zu dem Charandiden hinüber. Martan lag mit geschlossenen Augen auf dem Bett und massierte sich die breite Nasenwurzel. Er sah grimmig aus. Nein, zermürbt.
    So fremdartig war die charandidische Physiognomie der terranischen gar nicht. Charandiden stammten ebenfalls von den Lemurern ab, die vor 50.000 Jahren vor den Halutern nach Andromeda geflohen waren. Das ließ sich jedenfalls aus den Legenden schließen, die Ani Gompa gestern Nacht vor der Beerdigung erzählt hatte. Die Entwicklung hin zu einem Volk von naturzugewandten Philosophen schienen sie unter dem Eindruck der Schreckensherrschaft der »großen Meisterdrachen«, sprich Meister der Insel, vollzogen zu haben. Anscheinend waren sie damals binnen weniger Jahrzehnte von der galaktischen Bildfläche verschwunden und darum von den Mdl nie behelligt worden.
    »Ich bin fertig«, sagte Bi Natham. »Ich freue mich, dass du hier bist. Aber warum bist du hier?«
    »Ich habe es da unten nicht ausgehalten. Sie trommeln. Sie singen. Sie freuen sich. Ich hätte schreien können. Hätte sie am liebsten angeschrieen und beherrscht. Ich brauchte dringend eine Stelle, wo ich Frieden finden kann.«
    »Und? Hast du sie gefunden?«
    »Nicht ganz«, sagte Martan.
    Es versetzte Bi Natham einen Stich.
    »Aber das ist vielleicht auch gar nicht möglich«, sagte Martan, »hier an Bord dieses Schiffes, hier auf diesem Weg.«
    Bi Natham stand auf und deaktivierte den Stuhl. »Bist du müde?«, fragte er. Und als Martan verneinte: »Dann lass uns doch ein wenig spazieren gehen. Kennst
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