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PR 2643 – TANEDRARS Puppe

PR 2643 – TANEDRARS Puppe

Titel: PR 2643 – TANEDRARS Puppe
Autoren: Christian Montillon
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Pupille der weit aufgerissenen, toten Augen. Dieses farbige Leuchten tauchte den Raum dahinter in matte Helligkeit; sonst schien es keinerlei Beleuchtung zu geben.
    Der Koch wankte einen Schritt zurück, schnappte nach Luft, und da war es wieder – das Bild in seinen Gedanken, so klar, als würde er es tatsächlich vor sich sehen: das grüne und blaue Leuchten, das über die Wände kriecht.
    Die Welt drehte sich. Seine Knie gaben nach. Er hämmerte auf die Sensortaste, die das Schott verschloss, und gab dem Schwindelgefühl nach. Er sackte in sich zusammen.
    »Ich ... ich bin geflohen«, sagte er. Die eigene Stimme klang seltsam fremd und emotionslos wie der Bericht eines eiskalten, karriereversessenen Nachrichtenkommentators im Trivid. »Gemeinsam mit den anderen. Mit – mit ihnen.« Er deutete mit ausgestrecktem Zeigefinger über die Schulter, in Richtung des Raumes hinter dem Schott.
    »Ja«, bestätigte der Servoroboter. Sonst nichts. Nur dieses eine grauenhafte Wort.
    Der Koch, den es niemals in diese Region des Universums hätte verschlagen sollen, schloss die Augen. Er hatte nicht darum gebeten, ein Abenteuer zu erleben, das die Grenzen seiner Vorstellungskraft sprengte. Er hatte sich nie gewünscht, in einem Beiboot voller Leichen in einem fremden Kosmos zu stranden.
    »Aber sie haben es nicht geschafft«, sagte er.
    Die Maschine schwieg.
    »Nicht wahr? Sie haben es im Unterschied zu mir nicht geschafft, und deshalb sind sie tot!«
    Der Roboter sagte noch immer nichts.
    »Wieso ich? Warum bin ausgerechnet ich diesem seltsamen Energiefeld entkommen und musste überleben? Sonst hätte ich alles längst hinter mir! Das wäre wohl besser gewesen. Alle anderen sind tot! In diesem verfluchten Feld gibt es keine Schwerkraft, keine Atemluft ... oder? Was ist dort los? Was?« Von Wort zu Wort wurde seine Stimme lauter, bis er zuletzt wieder schrie.
    »Du verstehst es nicht«, sagte die Maschine in demselben kühlen, fast distanziert wirkenden Tonfall wie zuvor.
    »Was ... was meinst du?«
    »Du beurteilst es falsch.« Der Servorobot kam näher. Vielleicht versuchte er, in seinen seelenlosen Blick so etwas wie Mitleid zu legen. Möglicherweise war es ihm auch völlig gleichgültig, was sein Gegenüber empfand; natürlich war es das – er war eine Maschine, nicht mehr. Er verfügte nicht über Emotionen. »Sie alle konnten fliehen. Du nicht. Du bist der Einzige, dem es nicht gelungen ist. Das Feld hat dich eingefangen.«
    »Was soll das heißen?«, fragte Endreas. »Bin ich ... tot?«
    Kaum hatte er das letzte Wort gesprochen, erkannte er, wie bizarr und unlogisch diese Vermutung war. Ob es ein Leben nach dem Tod gab oder nicht, so sah es bestimmt nicht aus.
    Nein, er lebte, alle Übrigen hingegen waren tot, die hinter diesem mysteriösen Energiefeld in der Luft trieben. Und wohl auch an vielen anderen Orten in diesem Beiboot, das immerhin mehr als fünfzig Meter in der Länge maß und einige Decks in der Höhe. Endreas hatte bislang nur einen winzigen Bruchteil davon gesehen, aber er wusste, er fühlte, dass es außer ihm kein Leben mehr an Bord gab.
    Der Roboter stand so nah, dass Endreas ein leises Surren hörte, als die Maschine den Arm hob, fast wie ein dozierender Lehrer.
    »Das Feld hat dich eingefangen, nur dich, niemand sonst an Bord. Zumindest ist das mein Wissensstand. Es könnte noch eine zweite sichere Enklave irgendwo im Beiboot geben. Die Verbindung nach außen ist auch für mich abgeschnitten.«
    Endreas bemerkte erst, dass er mit den Fingern sein Kinn knetete, als sich der Nagel des Daumens schmerzhaft in die Haut drückte. »Was ... was soll das heißen? Was meinst du mit sichere Enklave?«
    »Ist es so schwer zu verstehen?« Der Roboter kam näher. »Das Feld hat dich eingefangen, und nur deswegen hast du überlebt. Das hat dich gerettet. Alle anderen, die glaubten, sie hätten gewonnen, sind ...«
    »... gestorben«, beendete Endreas den Satz. Das Wort rollte über seine Lippen, als würde es selbst nur aus toten Silben bestehen.
    Deshalb also lebte er? Weil ihm als Einzigem die Flucht nicht gelungen war? Weil er der Schwächste von allem gewesen war? Das waren nicht gerade die besten Voraussetzungen, um auch weiterhin zu überleben. »Was tun wir jetzt?«
    »Ich denke«, sagte die Maschine, »ich sollte dir mehr über das erzählen, was geschehen ist. Über das Zeitfeld.«
    »Das ... Zeitfeld?«
    Der Servoroboter begann mit seinem Bericht, und Übelkeit stieg in Endreas hoch.

Teil 2: In der
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