Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Sichelmoerder von Zons

Der Sichelmoerder von Zons

Titel: Der Sichelmoerder von Zons
Autoren: Catherine Shepherd
Vom Netzwerk:
I
    Vor fünfhundert Jahren
     
     
    Die Flügel der Mühle surrten im Wind. Viele Monate war es jetzt her, dass Bastian Marie vor dem Puzzlemörder aus dem Verlies gerettet hatte. Nun saß er auf einer sonnigen Wiese und kaute zufrieden auf einem Grashalm herum. Zwar wurde der Puzzlemörder von Zons nie gefunden, aber seine Mordserie hatte Bastian trotzdem durchkreuzt. Gemütlich lehnte Bastian sich zurück und blinzelte in die strahlende Sonne, als ein lautes Dröhnen in der Nähe ertönte. In seiner wohligen Ruhe gestört, richtete Bastian sich nur widerwillig auf und schaute in die Richtung, aus der er das Geräusch wahrgenommen hatte. Mit einem Ruck fuhr er hoch. Er konnte nicht glauben, was er dort sah!
     
     
    ...
     
     
    Bastian blickte zur Stadtmauer von Zons und erstarrte bei dem Anblick, der sich ihm dort bot. Mit lautem Gedröhne war einer der Wehrtürme an der Südseite fast völlig in sich zusammengebrochen. Die großen Felsbrocken rollten krachend den Abhang in die Rheinauen hinunter. Der gewaltige Riss im Wehrturm erstreckte sich vom unteren Drittel beginnend in beide Richtungen, nach oben und nach unten. Immer noch rieselten Steine und Staub an den Rändern der Bruchkante hinunter. Viel war vom Turm auf dieser Seite nicht übrig geblieben. Ein leises Zittern begann sich kriechend vom Fuße des Wehrturms quer durch den Erdboden auszubreiten. Es wurde immer stärker und die Erde begann zu vibrieren. Ein ächzendes Dröhnen ertönte und der Boden unter Bastians Füßen hob und senkte sich rhythmisch. Bastian spürte, wie die Vibration der Erde langsam seinen Körper erfasste und er bemühte sich mühsam das Gleichgewicht zu halten, um nicht zu stürzen. Das Grollen unter der Erde wurde immer lauter. Plötzlich gab die Spannung der Erdoberfläche mit einem Ruck nach und der Boden direkt vor Bastians Füßen senkte sich ab. Staub wirbelte auf und für einen Moment verdunkelte sich die Sonne. Dann trat Stille ein.
    Bastians Herz raste. Was um Himmels Willen ging hier vor sich? Er blinzelte. Seine Augen und sein Mund waren trocken vom Staub, der immer noch in der Luft wirbelte und so dicht war, dass er weder sehen, noch richtig atmen konnte. Bastians Lungen krampften sich zusammen und mit einem Husten, der fast seinen Brustkorb zerriss, spie seine Lunge den eingedrungenen Staub wieder aus. Seine Kehle fühlte sich so rau an, als hätte er ein Reibeisen verschluckt. Er fiel auf seine Knie, stützte sich mit den Händen auf dem Boden ab und versuchte, sich zu beruhigen. Er spuckte den Schmutz aus und wischte sich über sein Gesicht. Seine Augen tränten und brannten. Er wollte seinen Blick scharf stellen, doch die Welt um ihn herum wirkte verschwommen und war mit einem milchigen Schleier bedeckt. Auf der Hornhaut seiner Augen befanden sich Unmengen an feinen Staubkörnchen, die seine Schleimhäute reizten und einen stetigen Fluss an neuen Tränen produzierten.
    In einer langen, geraden Rinne hatte sich die Erde vor seinen Füßen erheblich abgesenkt. Der so entstandene flache Graben war nicht breiter als ein halber Meter und zog sich wie ein Trampelpfad in die Länge. An den Rändern rieselte Sand hinunter. Der Staubnebel, der die Luft erfüllte, begann sich langsam aufzulösen. Bastians Atem beruhigte sich ein wenig. Allmählich bekam er wieder Luft. Sein Blick wurde klarer und fassungslos registrierte er den Graben, der sich so urplötzlich vor seinen Füßen aufgetan hatte.
    War das gerade ein Erdbeben? Die Gedanken rasten durch Bastians Gehirn. Nein, für ein Erdbeben war die Erschütterung zu kurz. Aber wie hätte sich sonst die Erde vor seinen Augen absenken können? Dafür musste es doch einen triftigen Grund geben! Vorsichtig stand Bastian auf. Er blickte sich um. Die Sonne schien, als wäre nichts geschehen und auch die Vögel auf dem Baum, unter dem er noch eben gelegen hatte, zwitscherten wieder. Insekten surrten durch die Luft und ein Schwarm von kleinen, lästigen schwarzen Käfern ließ sich auf Bastians schweißgebadeten Körper nieder. Er klopfte seine Kleider ab und versuchte, sich von dem Ungeziefer zu befreien. Bastian schüttelte den Kopf. Seine strubbligen, blonden Haare wurden durch die Luft gewirbelt und augenblicklich bildete sich erneut eine kleine Staubwolke.
    Nun, dachte Bastian, wenn es kein Erdbeben war, was war es dann?
    Abermals sah er sich um und entdeckte einen langen knorrigen Stock auf dem Boden. Bastian ergriff ihn und stocherte vorsichtig am Rand des Grabens herum. Die
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher