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PR 2643 – TANEDRARS Puppe

PR 2643 – TANEDRARS Puppe

Titel: PR 2643 – TANEDRARS Puppe
Autoren: Christian Montillon
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Lirbal, die sich erhob und dabei nach wie vor die Hände vors Gesicht hielt. Ein Stofffetzen rutschte von den Schultern zwischen die bloßen Brüste.
    Sie stand leicht schwankend, und als er die Augen schloss, hauchte sie ein »Danke«.
    Sie nahm die Maske aus seinen Fingern. Wenig später sagte sie: »Du kannst mich wieder ansehen.«
    Die Maske saß perfekt auf ihrem Gesicht. Tatsächlich zogen Sonnen darüber, in steter Wanderschaft. Das lange blonde Haar der Frau bedeckte über den Schläfen einen ganzen Sternennebel. Sie hielt ihre Arme vor dem Oberkörper gekreuzt und verneigte sich leicht.
    Als sie wegging, setzte sich Saedelaere auf den Boden.
    Er verspürte tiefe Erschöpfung. Damit ging es ihm wohl nicht anders als allen in diesem Raum und zweifellos überall im Schauspielpalast, die mit der Ankunft die Vereinigung TANEDRARS körperlich nachvollzogen hatten. In seinem Fall hing es nicht mit dem Ritual der Ankunft zusammen – zumindest nicht direkt.
    TANEDRARS Gegenwart hatte ihn nicht in Euphorie versetzt und ihn sämtliche Hemmungen über Bord werfen lassen. Erst als er seinen Splitter erhalten und gedanklich eine Geschichte über schiere Ewigkeiten hinweg miterlebt hatte, waren sein Geist und indirekt auch sein Körper bis aufs Äußerste gefordert worden.
    Er versuchte, Kontakt zu dem Escaran aufzunehmen oder auch nur zu spüren, wo genau er ankerte. Wobei Saedelaere nicht einmal beschreiben konnte, wie sich der Harmoniebewahrer überhaupt mit ihm verbunden hielt.
    Es geschah weder auf bloß leiblich-physikalische Weise noch ausschließlich auf der Ebene des Bewusstseins. Nur eins stand fest – es gab eine Verbindung. Momentan nahm er zu seiner Erleichterung keinerlei Beeinflussung durch das fremde Etwas wahr. Doch das konnte sich wohl trotz TANEDRARS gegenteiliger Versicherung jederzeit ändern.
    Inzwischen verstand er einiges besser. All die Andeutungen, die er auf seine Fragen nach dem Ritual von Ankunft und Aufbruch erhalten hatte, ergaben mittlerweile Sinn.
    In einem Reich, in dem der Gebrauch von Masken die Kultur bestimmte, musste das, was während der Ankunft geschah, mit einem Tabu belegt werden. Es ging nicht primär um das Ereignis selbst – sondern um die damit verbundenen Folgeerscheinungen. Niemand brachte es über sich, an die entblößten fremden Gesichter auch nur zu denken, geschweige denn darüber zu reden.
    Während Saedelaere noch nachdachte und froh war, dass die Puppe TANEDRARS ihm diese Ruhezeit gönnte, erwachten nach und nach alle Escalianer. Jeder Einzelne suchte seine Maske, teils auf allen vieren, und wankte aus dem Raum. Aus dem breiten Krötenmaul eines Kandran tönte ein schwaches, fast jämmerliches Quaken.
    Die Euphorie der Ankunft verflog endgültig, zurück blieb etwas, das wohl nicht allzu fern dem terranischen »Kater« nach einer durchzechten Nacht war.
    Saedelaere erhob sich und ging los, zurück zur Puppe der Prinzessin. Obwohl sie fast unscheinbar in einer Ecke stand, ging eine unwirkliche Aura der Macht von ihr aus. Ihre bloße Gegenwart verlieh dem Geschehen einen düsteren Hauch von Bedrohlichkeit.
    »Wie geht es nun weiter?«, fragte der Terraner.
    Die Puppe zeigte keine Reaktion.
    TANEDRAR, versuchte er zu sagen, doch der Name wollte ihm nicht über die Lippen. »Prinzessin«, sagte er stattdessen. »Warum hast du mir all das gezeigt? Was willst du von mir?«
    Er erhielt keine Antwort. Die Puppe rührte sich nicht, stand völlig starr. Nur die Augen blickten nach wie vor lebendig.
    Langsam hob er die Hand, berührte sein Gegenüber an der Schulter. Sie fühlte sich kalt an, rau wie von Holz, das unter glühender Sonne austrocknete und aufriss.
    Es kommt die Zeit, tönte ein Gedanke in ihm auf, und auch die Lippen im sonst reglosen Gesicht formten lautlos diese Worte, da werden wir wieder miteinander sprechen, Alaska. Doch diese Zeit ist nicht jetzt.
    »Warum ziehst du dich zurück? Wieso lässt du mich allein?«
    Er erhielt keine Antwort mehr. Lider, die es zuvor gar nicht gegeben hatte, senkten sich über die lebendigen Augen und verschlossen sie.
    Damit setzte TANEDRAR ein überdeutliches Zeichen. Saedelaere wandte sich ab, schritt dem Ausgang des Museums entgegen. Es würde sich schon zeigen, ob sich jemand um ihn kümmerte oder ob er sich inzwischen, als Harmonischer und Günstling der Superintelligenz, völlig frei an Bord des Schauspielpalastes bewegen durfte.
    Er gehörte zu den Letzten, die den Museumsbereich verließen. Auf dem anschließenden
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