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PR 2643 – TANEDRARS Puppe

PR 2643 – TANEDRARS Puppe

Titel: PR 2643 – TANEDRARS Puppe
Autoren: Christian Montillon
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künstliche Mund lächelte, und die toten Augen lebten.
    »Nun, Alaska, kennst du meine Geschichte«, sagte die Puppe der Prinzessin Arden Drabbuh, die so viel mehr war als der Gegenstand, als den jemand sie einst geschaffen hatte. Das vierfältige Geisteswesen TANEDRAR hatte sie als Gastkörper auserwählt und zu Saedelaere gesprochen.
    Wobei sprechen nicht exakt zutraf; ein viel zu schwaches Wort für das, was hinter Alaska lag. Ein Splitter der Superintelligenz hatte sich mit ihm vereint und ihn zu einem Harmonischen werden lassen, einem echten Bürger des Reiches der Harmonie.
    Eins mit TANEDRAR, hatte Saedelaere deren Entstehung miterlebt. Er kannte nun die vier Teilentitäten, die nach vielen Verwicklungen über kosmische Zeiträume hinweg miteinander verschmolzen waren und sich stets aufs Neue teilweise voneinander lösten, um im Auftrag der Hohen Mächte ins All aufzubrechen.
    Es fiel Alaska Saedelaere nicht leicht, ins Hier und Jetzt zurückzukehren. Seine Umgebung, das Museum an Bord des fliegenden Schauspielpalastes, schien ihm seltsam unwirklich. Fast kam es ihm vor, als sei die Realität nur ein Traum und die Vergangenheit das eigentlich Lebendige.
    »Doch, Alaska«, sagte die Puppe. Sagte die Superintelligenz in all ihrer orchestralen Stimmgewalt. »Dies ist die Wirklichkeit – der Schauspielpalast.«
    Liest du meine Gedanken?
    »Selbstverständlich. Aber das weißt du doch ... auch, dass unsere Verbindung viel enger ist. Du trägst meinen Splitter.« Die Puppe lächelte, wie die Prinzessin nie zuvor gelächelt hatte. Die Pupillen weiteten sich, Saedelaere sah sich selbst darin.
    »Seit wann ...?«
    Er musste die Frage nicht zu Ende bringen, weil TANEDRAR bereits antwortete. »Du hast meinem Bericht neun Stunden lang gelauscht.«
    »Neun Stunden?« Ihm war es wie eine Ewigkeit vorgekommen. Teils hatte er viele Jahre lang mit der Superintelligenz gelebt. Gewartet. Gekämpft. Gehofft.
    Er kannte TAFALLA, NETBURA, DRANAT und ARDEN, die vier Geisteswesen, die verschmolzen waren; er verstand, was sie ausmachte und wie sie dachten. Er wusste um den Schmerz, wenn ein Teil von TANEDRAR im Auftrag der Kosmokraten auszog, und den Jubel, wenn er wieder zurückkehrte.
    »Das Ritual von Ankunft und Aufbruch«, sagte er. Mehr musste er nicht erklären. Die Kommunikation verlief im wahrsten Sinn gedankenschnell. Es hätte keines einzigen laut gesprochenen Wortes bedurft.
    »Du hast es nun verstanden.« In der Stimme der Puppe lagen Zuneigung und Güte, aber auch unerbittliche Härte. Freude und Schmerz spiegelten sich in den künstlichen, lebendigen Augen – zwei Pole, genau wie Ankunft und Aufbruch. Nur dass es noch keinen Abschied gab.
    »Das habe ich in der Tat.« Saedelaeres Worte klangen leise und schwach, ganz anders als die der Superintelligenz, ein Oboenton zwischen Orgelklängen. Er fühlte sich verloren, und er glaubte noch immer, innerlich zerrissen zu werden.
    TANEDRARS Splitter drohte ihn einerseits zu vereinnahmen und ihm einen Teil seines Willens zu nehmen. Andererseits zog ihn eine große, umfassende Gemeinschaft an.
    Es tat unendlich gut, Teil der allumfassenden Harmonie zu sein, die von der Superintelligenz ausging und die ganze Galaxis umfasste. So viel Schönheit lag darin, so viel Verständnis für Dinge, die sich Saedelaere bislang entzogen hatten. Noch war er nicht einmal ansatzweise fähig zu verstehen, was mit ihm geschah.
    Er war in gewissem Sinn eins mit Hunderttausenden, Millionen und Milliarden von Lebewesen. Alles hatte sich seit dem Moment verändert, als die Superintelligenz ihm einen Escaran, einen Harmoniebewahrer, übergeben hatte, einen Splitter ihrer eigenen Mentalsubstanz.
    Saedelaere wusste nicht, ob die Vor- oder Nachteile überwogen. Schließlich fühlte er sich schon seit so langer Zeit wie ein Einzelgänger, dass es zu einem Teil seines Lebens geworden war. Seit einer schieren Ewigkeit glaubte er, dass sein Schicksal darin bestand, sich von anderen zu isolieren; vielleicht sogar für immer etwas zu suchen, ihm nachzujagen, was mal in dieser, mal in jener Form erschien.
    Zuletzt hatte sich diese unbestimmte Sehnsucht in der Person der Frau Samburi konzentriert, der wundervollen Kommandantin der LEUCHTKRAFT, der verschollenen Beauftragten der Kosmokraten, der letzten Enthonin. Sie hatte für einige Zeit seine Einsamkeit gelindert und zugleich vermehrt, indem sie ihm das neue Cappinfragment verliehen hatte und ihn damit erneut von allen anderen isolierte, ihn zwang, wieder
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