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Polt muss weinen

Polt muss weinen

Titel: Polt muss weinen
Autoren: Alfred Komarek
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Florian Swoboda uns alle aufs Eis geführt hat mit seinem großartigen Getue. Ich war selbst einmal zu einer Weinkost in sein Preßhaus eingeladen, und ich muß noch heute sagen: Es waren schon ein paar wirklich rare Tropfen darunter. Sei’s drum. Ich bin auch ehrlich erleichtert darüber, daß mit dem Herrn Hahn auch der Plan gestorben ist, die Brunndorfer Kellergasse in ein Freizeitresort zu verwandeln - nun ja, das hätte mein verehrter Amtskollege zu verantworten gehabt. Sie ermitteln nach wie vor wegen Mordes, nicht wahr?«
    Inspektor Polt wurde hellhörig. »Ja, wir brauchen Klarheit.«
    »Gibt es denn irgendeinen handfesten Beweis für Ihren Verdacht? Sie entschuldigen bitte, wenn ich so offen frage, und Sie müssen mir auch keine Antwort geben.«
    »Warum nicht? Es gibt eine Menge Indizien dafür, daß es kein Unfall war. Einen Sachbeweis haben wir aber nicht.«
    »Und auch keinen Verdächtigen, der mehr als alle anderen in Betracht kommt?«
    »Für Inspektor Kratky ist das Herr Swoboda. Für mich eigentlich nicht.«
    Der Bürgermeister lehnte sich zurück und seufzte. »Sehen Sie, mein lieber Herr Inspektor, genau da liegt für mich das Problem. Seit Wochen setzen Sie und andere mit Ihrem Verdacht eine ganze Gruppe von Menschen schrecklich unter Druck. Sie verzeihen, wenn ich in diesem Punkt als Bürgermeister denke und nicht als Gendarm. So eigenartig das klingt, ich kann in dieser Angelegenheit meinen Brunndorfer Amtskollegen ausnahmsweise irgendwie verstehen.«
    Polt spürte Hitze in sich aufsteigen. »Was sagt er?«
    »Ich darf es wörtlich wiedergeben, ohne Sie zu kränken?«
    »Natürlich!«
    »Ich möchte wissen, ob ein Gendarm das Recht hat, aus Ehrgeiz und Eitelkeit Unfrieden und unerträgliche Spannung in eine friedliche Dorfgemeinschaft zu tragen.«
    Polt spürte, wie sein Gesicht glühte. »Also, das ist so«, begann er unbeholfen. »Ehrgeiz trifft schon irgendwie zu. Wenn es einen Schuldigen gibt, muß ich meinen Teil dazu beitragen, ihn zu finden. Sonst hätte ich den falschen Beruf.«
    »Und wenn es keinen Schuldigen gibt?«
    »Dann möchte ich die Umstände soweit klären, daß alle unbeschwert und frei von jedem Verdacht weiterleben können.«
    »Wenn sie dann noch leben.«
    »Wie meinen Sie das jetzt wieder?«
    »Nehmen wir einmal die unmittelbaren Kellernachbarn des Albert Hahn, den Friedrich Kurzbacher und den Karl Brunner.«
    »Sie dürfen auch Herrn Swoboda nicht außer acht lassen.«
    »Selbstverständlich nicht. Danke für den Hinweis. Da müssen also ein Wiener und zwei grundehrliche Weinbauern mit dem Verdacht leben, sie hätten damals mit dem Gärgas ein bißchen nachgeholfen. Das kann einen einfachen Menschen schon auf sehr dumme Ideen bringen.«
    »Ich habe darüber nachgedacht.« Simon Polt schaute auf seine großen Hände, schmal hätten sie ihm besser gefallen, mit schlanken Pianistenfingern. »Die Sache wäre wahrscheinlich längst für alle ausgestanden, Herr Bürgermeister, gäbe es nicht diese verstockte Geheimniskrämerei in der Kellergasse. Das gilt natürlich auch für den Schachinger, den Wolfinger und andere. Warum mauern sie, wenn es nichts zu verbergen gibt?«
    »Vielleicht nur aus purem Trotz gegen Ihre Neugier?«
    Polt senkte den Kopf. »Ich kann es nicht ausschließen.«
    »Sehen Sie.« Der Bürgermeister stand auf und ging ein paar Schritte. »Damit wir uns recht verstehen: Ich bin in keiner Weise befugt, Ihnen Anordnungen zu geben, und für gute Ratschläge fühle ich mich auch nicht zuständig. Außerdem teile ich Ihre Meinung, daß man des lieben Friedens willen nicht einfach alles auf sich beruhen lassen darf. Aber mein bürgermeisterlicher Hausverstand sagt mir, daß diese ungute Zeit der Ungewißheit nicht ewig andauern darf. Können Sie mir da zustimmen?«
    »Ich persönlich ja. Aber es liegt nicht an mir, Untersuchungen anzuordnen oder zu beenden.«
    »Das weiß ich. Aber wir beide wissen auch, daß auf dem Lande die Uhren anders gehen. Mein Gott, Sie kennen doch Ihre Sturschädel! Es muß etwas geben, das die Sache in Bewegung und zu Ende bringt.«
    »Wahrscheinlich«, antwortete Polt unglücklich, stand auf und schaute dem Bürgermeister ins Gesicht. »Ich hab’s nur noch nicht herausgefunden.«
    »Jetzt lassen Sie den Kopf nicht hängen. Ich wollte ja nur, daß Sie die Angelegenheit einmal von einer anderen Seite her sehen.«
    »Ja. Natürlich.«
    »Und noch etwas.« Der Bürgermeister war zu seinem Schreibtisch zurückgegangen. »Wenn Sie von mir
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