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Poirot Rechnet ab

Poirot Rechnet ab

Titel: Poirot Rechnet ab
Autoren: Agatha Christie
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Reparaturen hatten sie aus dem Kamin einen Ziegelstein herausgenommen, darunter einen Hohlraum angelegt und den Ziegelstein so bearbeitet, dass man keine neue Fuge sehen konnte. Wenn man auf einen bestimmten Ziegel drückte, hob sich der neu eingesetzte Ziegel automatisch in die Höhe. Es war eine sehr komplizierte Arbeit, die dem alten Herrn außerordentlich wichtig gewesen war. Der Mann, der uns das alles erzählte, hieß Coghan, ein großer, plumper Kerl mit grauem Schnurrbart, der ziemlich intelligent zu sein schien.
    Wir kehrten sehr vergnügt nach Crabtree Manor zurück, schlossen uns im Arbeitszimmer ein und machten uns daran, unsere neuerworbenen Kenntnisse anzuwenden.
    Es war unmöglich, den Ziegelsteinen äußerlich etwas anzusehen, aber als wir auf die angegebene Weise gegen einen Ziegel drückten, wurde ein ziemlich tiefer Hohlraum sichtbar.
    Poirot griff gierig mit erwartungsvollem Gesicht hinein. Alles, was er zum Vorschein brachte, war ein zerknittertes Stück Papier. »Sacré!«, rief er ärgerlich. »Irgendjemand ist uns zuvorgekommen.«
    Wir prüften das Stück Papier genau. Es war offensichtlich ein Stück von dem Testamentsformular, das wir suchten. Man konnte noch Bakers Unterschrift lesen, aber das war auch alles.
    Poirot seufzte und ließ sich in einen Sessel fallen.
    »Ich verstehe es nicht«, knurrte er. »Wer hat das Testament zerstört? Und zu welchem Zweck?«
    »Die Bakers?«, schlug ich vor.
    »Pourquoi? Keines der Testamente hätte ihnen einen Vorteil gebracht. Im Gegenteil, bei Miss Marsh werden sie ihre Stellung behalten können, während ein Krankenhaus sie wahrscheinlich entlassen würde. Worin liegt also der Vorteil, das Testament zu zerstören?«
    »Vielleicht hatte der alte Mann seine Absicht geändert und das Testament selbst zerstört«, meinte ich.
    Poirot stand auf.
    »Das ist in der Tat möglich«, gab er zu. »Eine Ihrer weniger törichten Bemerkungen, Hastings. Nun, viel mehr können wir hier nicht tun. Das Menschenmögliche haben wir getan. Zwar haben wir unsere Köpfe erfolgreich gegen das Köpfchen des verstorbenen Andrew Marsh eingesetzt; aber unglücklicherweise nützt es seiner Nichte nicht viel.«
    Wir fuhren sofort zum Bahnhof, verfehlten aber den Schnellzug. Wir nahmen den nächstbesten Zug. Poirot war traurig und unzufrieden. Ich war rechtschaffen müde und nickte in meiner Ecke langsam ein. Plötzlich, als wir gerade aus Taunton herausfuhren, stieß Poirot einen Schrei aus. »Vite, Hastings! Aufwachen und abspringen! Aber so springen Sie doch!«
    Bevor ich wusste, wie mir geschah, standen wir beide auf dem Perron, barhäuptig und ohne unser Gepäck – der Zug verschwand in der Nacht. Ich war wütend. Aber Poirot kümmerte sich nicht darum.
    »Ich Dummkopf!«, rief er aus und schlug sich mit der Faust an den Kopf. »Ich dreifacher Trottel! Nie wieder werde ich meine kleinen grauen Zellen loben!«
    »Das wenigstens ist ein erfreulicher Anfang«, sagte ich brummig. »Aber was ist eigentlich los?«
    Wie sonst, wenn er seinen eigenen Ideen nachging, kümmerte sich Poirot absolut nicht um mich.
    »Die Rechnungen – er hat doch die Lieferanten bezahlt, das habe ich bei meinen Überlegungen ja ganz vergessen! Ja, aber wo? Wo? Macht nichts, diesmal kann ich mich nicht irren! Wir müssen sofort umkehren.«
    Das war leichter gesagt als getan. Wir bekamen einen Bummelzug nach Exeter, und dort nahm Poirot ein Auto. In den frühen Morgenstunden erreichten wir endlich Crabtree Manor. Die aus ihren Betten gescheuchten Bakers waren natürlich sehr überrascht. Poirot kümmerte sich um gar nichts; er ging zielstrebig in das Arbeitszimmer.
    »Ich war ein dreifacher Trottel, mein Freund«, geruhte er zu bemerken, »jetzt habe ich die Lösung!« Er ging sofort auf den Schreibtisch zu, zog den Schlüssel heraus und machte das alte, kleine Briefkuvert los. Ich sah ihm verständnislos zu. Wie konnte er bloß annehmen, ein großes Testamentsformular in diesem kleinen Briefumschlag zu finden? Mit größter Sorgfalt schnitt er den Umschlag auf und strich ihn glatt. Dann zündete er das Feuer an und hielt die leere Innenseite über die Flamme. In wenigen Minuten wurden schwache Buchstaben sichtbar. »Sehen Sie, mein Freund!«, rief Poirot.
    Ich sah genauer hin. Es waren nur ein paar Zeilen, die besagten, dass er sein ganzes Vermögen seiner Nichte Violet Marsh hinterließe. Es war datiert vom 25. März, zwölf Uhr dreißig mittags, und die Zeugen waren Albert Pike, Zuckerbäcker, und
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