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Poirot Rechnet ab

Poirot Rechnet ab

Titel: Poirot Rechnet ab
Autoren: Agatha Christie
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halten, Monsieur Poirot, aber Lord Cronshaw hat mir gestern Abend erzählt, wie wunderbar Sie die mysteriösen Todesumstände bei seinem Neffen aufgeklärt haben. Deshalb möchte ich Sie dringend um Ihren Rat bitten. Wahrscheinlich ist das Ganze nur ein Schabernack – Gregory glaubt das jedenfalls –, aber ich bin sehr beunruhigt.«
    Sie seufzte. Poirot lächelte ihr aufmunternd zu.
    »Sprechen Sie weiter, Madame.«
    »Es handelt sich um diese Briefe.« Miss Marvell entnahm ihrer Handtasche drei Briefe und gab sie Poirot. Der betrachtete sie genau.
    »Billiges Papier, Name und Adresse mit verstellter Schrift sorgfältig gemalt. Wollen wir uns doch mal den Inhalt dieser Briefe ansehen.«
    Ich stellte mich hinter ihn und sah ihm über die Schulter. Auf dem Papier stand ein einziger, sorgfältig gemalter Satz:
     
    Der große Diamant, das linke Auge des Gottes, wird zurückg e fordert.
     
    Der zweite Brief hatte genau denselben Wortlaut, aber der dritte war etwas ausführlicher und lautete:
     
    Man hat Sie gewarnt. Sie haben jedoch der Aufforderung nicht Fo l ge geleistet. Jetzt wird Ihnen der Stein abgenommen werden. Wenn der Mond sein volles G e sicht zeigt, sollen die Diamanten, das linke und das rechte Auge der Gottheit, zurückkehren. So steht es geschri e ben.
     
    »Den ersten Brief tat ich als Witz ab«, erklärte Miss Marvell. »Als ich den zweiten bekam, fing ich an, mir Gedanken zu machen. Der dritte traf gestern ein, und plötzlich schien es mir, als ob die Angelegenheit vielleicht doch ernster sei, als ich mir vorgestellt hatte.«
    »Aus den Briefumschlägen ersehe ich, dass die Briefe nicht durch die Post zugestellt wurden. Ist das richtig?«
    »Ja, sie sind abgegeben worden – durch einen Chinesen. Das ist es ja, was mich erschreckt.«
    »Warum?«
    »Weil es ein Gelber war, von dem Gregory vor drei Jahren in San Francisco den Stein gekauft hat.«
    »Madame, ich nehme an, Sie sprechen von dem…«
    »… Western Star«, vollendete Miss Marvell den Satz. »Das war so: Als Gregory den Stein kaufen wollte, hörte er einige Gerüchte über seine Herkunft, aber der Chinese wollte keine Auskünfte geben. Gregory erzählte mir, der Mann sei ganz verstört gewesen und hätte nur den einen Wunsch gehabt, so schnell wie möglich den Stein loszuwerden. Er verlangte auch nur zehn Prozent des wirklichen Wertes. Es war Gregs Hochzeitsgeschenk für mich.«
    Poirot nickte gedankenverloren.
    »Die Geschichte scheint recht fantastisch zu sein. Und doch, wer weiß? Hastings, würden Sie mir bitte mal meinen Kalender aus der Aktentasche geben?«
    Ich gab ihm das Gewünschte.
    »Wollen wir doch mal nachsehen«, sagte Poirot und blätterte im Kalender, »wann Vollmond ist. Ah, nächsten Freitag. Das ist in drei Tagen. Eh bien, Madame, Sie wollen meinen Rat hören – ich schlage Ihnen Folgendes vor: Diese belle histoire kann ein Schabernack sein – es ist aber nicht sicher! Ich möchte Ihnen daher raten, den Diamanten bis über den nächsten Freitag hinaus in meine Obhut zu geben. Dann können wir uns entschließen, was für Schritte wir unternehmen wollen.«
    Eine leichte Wolke des Unwillens huschte über das Gesicht der Schauspielerin, und sie entgegnete verlegen:
    »Ich fürchte, das ist unmöglich.«
    »Sie haben ihn bei sich – hier?« Poirot beobachtete sie aufmerksam.
    Das Mädchen zögerte einen Moment, dann fuhr sie mit der Hand in den Ausschnitt ihres Kleides und zog eine lange, dünne Platinkette heraus. Sie beugte sich vor und öffnete die Hand. In ihrer Handfläche lag ein Diamant von herrlich weißem Feuer in einer prachtvollen Platinfassung.
    Poirot pfiff bewundernd durch die Zähne.
    »Epatant!«, murmelte er. »Erlauben Sie, Madame?« Er nahm den Stein in die Hand und prüfte ihn genau, dann gab er ihn mit einer kleinen Verbeugung zurück. »Ein herrlicher Stein – ohne den geringsten Fehler. Ach, cent tonnerres! Und den tragen Sie so mit sich herum, als ob das gar nichts wäre?«
    »Nein, nein, ich bin wirklich vorsichtig damit, Monsieur Poirot. Für gewöhnlich ist er in meiner Schmuckkassette eingeschlossen und im Hotelsafe deponiert. Wir wohnen im Hotel Magnificent. Ich habe ihn ausnahmsweise heute mitgebracht, damit Sie ihn ansehen können.«
    »Und Sie werden ihn hier lassen, n’est-ce pas? Sie nehmen doch den Rat von Papa Poirot an?«
    »Monsieur Poirot, das muss ich Ihnen erst erklären. Wir gehen nächsten Freitag nach Schloss Yardly, um ein paar Tage bei Lord und Lady Yardly zu
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