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Poirot Rechnet ab

Poirot Rechnet ab

Titel: Poirot Rechnet ab
Autoren: Agatha Christie
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London zurückfahren?«
    »Glauben Sie, Hastings? Und warum?«
    Ich hustete leicht. »Es ist doch so – wir haben uns nicht gerade mit Ruhm bedeckt. Sie bitten Lord Yardly, Ihnen zu vertrauen und alles würde gut werden, stattdessen verschwindet der Stein direkt unter Ihren Augen.«
    »Sie haben Recht!«, sagte Poirot ein bisschen entmutigt. »Ein durchschlagender Erfolg war unser Besuch nun nicht gerade.«
    Ich musste ein wenig über Poirot lächeln.
    »Nachdem wir nun – ich bitte um Verzeihung für den Ausdruck – eine empfindliche Niederlage erlitten haben, wäre es da nicht besser, wir zögen uns sofort zurück?«
    »Und das Abendessen? Das zweifellos ausgezeichnete Abendessen, das der Küchenchef von Lord Yardly zubereitet hat?«
    »Was bedeutet in dieser Situation schon ein Abendessen!«, sagte ich ungeduldig.
    Poirot hob seine Hände.
    »Mon Dieu! In diesem Lande behandelt man die gastronomischen Genüsse mit einer geradezu kriminellen Gleichgültigkeit!«
    »Es gibt noch einen Grund, um so schnell wie möglich nach London zurückzufahren«, fuhr ich fort.
    »Und der wäre, mein Freund?«
    »Der andere Diamant!« sagte ich und senkte die Stimme: »Miss Marvell!«
    »Schön. Und was wollen Sie damit sagen?«
    »Verstehen Sie denn nicht?« Seine ungewöhnliche Gleichgültigkeit ärgerte mich. Wo war sein sonst so scharfer Verstand? »Jetzt haben die Burschen den einen Stein, nun werden sie sich auch den andern schnappen wollen.«
    »Tiens!«, rief Poirot. Er ging einen Schritt zurück und sah mich bewundernd an. »Ihr Hirn funktioniert ja ausgezeichnet, mein Freund! Stellen Sie sich vor, daran habe ich im Augenblick überhaupt nicht gedacht! Aber es ist ja noch viel Zeit; wir haben erst am Freitag Vollmond.«
    Zweifelnd schüttelte ich den Kopf. Die Vollmondtheorie ließ mich völlig kalt. Ich setzte jedoch durch, dass wir sofort nach London zurückfuhren.
    Ich wollte gleich ins Hotel Magnificent, um Miss Marvell zu berichten, was sich ereignet hatte, aber Poirot war anderer Ansicht. Er bestand darauf, bis zum nächsten Morgen zu warten. Widerwillig gab ich nach.
    Am nächsten Morgen schien Poirot nicht ausgehen zu wollen. Ich wurde langsam argwöhnisch und dachte, er wolle den Fall nicht weiterverfolgen, weil er gleich am Anfang einen Fehler gemacht hatte. Als ich ihn bedrängte, machte er mir klar, dass die Morgenzeitungen den Fall von Schloss Yardly bestimmt schon in allen Einzelheiten gebracht hätten. Es wäre also nicht mehr nötig, den Rolfs extra davon zu berichten. Ärgerlich gab ich nach.
    Die Ereignisse bestätigten meine Ahnung. Gegen zwei Uhr mittags läutete das Telefon. Poirot nahm den Anruf entgegen. Er hörte eine Zeit lang zu und sagte dann kurz: »Gut, ich werde kommen.« Zu mir gewandt sagte er: »Was glauben Sie wohl, mon ami, was passiert ist? Der Diamant von Miss Marvell ist gestohlen worden!« Er sah beschämt und auch erregt aus.
    »Was?«, schrie ich aufspringend. »Und wie steht’s mit dem Vollmond?«
    Poirot ließ den Kopf hängen.
    »Und wann ist das passiert?«
    »Heute Morgen, soweit ich das richtig verstanden habe.«
    Traurig schüttelte ich den Kopf. »Wenn Sie nur auf mich gehört hätten! Ich hatte doch den richtigen Riecher!«
    »So sieht’s aus, mon ami«, sagte Poirot bedächtig. »Man sagt zwar, der Schein trügt manchmal – aber diesmal sieht’s wirklich so aus!«
    Während wir in einem Taxi ins Hotel Magnificent fuhren , versuchte ich, die wahren Hintergründe des Komplotts klarzulegen.
    »Die Idee mit dem Vollmond war gar nicht schlecht. Die wollten nur erreichen, dass wir uns auf den Freitag konzentrieren und die Tage vorher ganz außer Acht lassen. Ein Jammer, dass Sie daran nicht gedacht hatten!«
    »Mein Gott!«, sagte Poirot beiläufig, nachdem seine Bestürzung überwunden war. »Man kann ja nicht an alles denken!« Er tat mir leid. Ich wusste, er hasste Pannen, die er selbst verschuldet hatte.
    »Machen Sie sich nichts daraus«, sagte ich tröstend. »Das nächste Mal werden Sie mehr Glück haben.«
    Im Hotel angekommen, wurden wir gleich in das Büro des Geschäftsführers geführt. Bei Gregory Rolf waren bereits zwei Leute von Scotland Yard. Ihnen gegenüber saß ein bleicher Hotelangestellter.
    Rolf nickte uns zu, als wir eintraten.
    »Langsam kommen wir dahinter«, sagte er. »Aber was der Bursche für eine Frechheit besaß, ist doch unglaublich!«
    Nach kurzer Zeit waren wir über alle Tatsachen informiert. Mr Rolf hatte um elf Uhr fünfzehn das Hotel
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