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Planeten 03 - Venus

Planeten 03 - Venus

Titel: Planeten 03 - Venus
Autoren: Ben Bova
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Frauen; sie sprangen geschmeidig von der Plattform und stürzten sich freudig ins Getümmel. Ich sah, dass sie noch Teenager waren.
    »Wülste eine?«, fragte mein Vater mit einem anzüglichen Grinsen. »Du kannst sie auch beide haben. Du musst es nur sagen.«
    Ich machte mir nicht einmal die Mühe, den Kopf zu schütteln. Ich klammerte mich nur an die Kante der Plattform und versuchte, den Atem wieder zu beruhigen.
    »Um Gottes willen, Kümmerling, hör mit diesem Gejapse auf! Du siehst aus wie eine Flunder auf dem Trockenen.«
    Ich holte tief Luft, stand auf und straffte mich. »Ich freue mich auch, dich zu sehen, Vater.«
    »Amüsierst du dich auf meiner Party?«
    »Als wenn du das nicht wüsstest.«
    »Wieso bist du dann überhaupt gekommen, Kümmerling?«
    »Dein Rechtsanwalt sagte, du würdest mir das Stipendium streichen, wenn ich nicht auf deine Party käme.«
    »Deine Zuwendung«, spöttelte er. »Ich verdiene das Geld.«
    »Indem du den Wissenschaftler mimst. Aber dein Bruder, das war ein echter Wissenschaftler.« Ja, nur dass Alex tot ist. Es geschah vor fast zwei Jahren, aber die Erinnerung an jenen Tag schwelte noch immer in mir.
    Mein Leben lang hatte mein Vater mich verspottet und herabgesetzt. Alex war Vaters Liebling, sein Erstgeborener, sein ganzer Stolz. Alex hätte Humphries Space Systems übernehmen sollen, falls und wenn Vater sich jemals dazu entschloss, sich aus dem Geschäft zurückzuziehen. Alex war alles, was ich nicht bin: Groß, athletisch, gewandt und gutaussehend, hochintelligent, extrovertiert, charmant und witzig. Ich dagegen bin das hässliche Entlein, ich kränkle seit der Geburt, ich höre immer, ich sei verschlossen und introvertiert. Meine Mutter starb bei meiner Geburt, und mein Vater hat mich das immer spüren lassen.
    Ich hatte Alex geliebt. Hatte ich wirklich. Ich hatte ihn über die Maßen bewundert. Seit ich mich erinnern kann, hatte Alex mich gegen Vaters Spott und Verletzungen in Schutz genommen. »Es ist schon gut, kleiner Bruder, weine nicht«, sagte er zu mir. »Ich werde nicht zulassen, dass er dir wehtut.«
    Über die Jahre hatte Alex mich mit seiner Liebe für die Forschung angesteckt, für die Erkundung neuer Orte, neuer Welten. Während Alex wirklich Missionen zum Mars und den Jupitermonden unternahm, musste ich jedoch daheim bleiben, weil ich solchen Unternehmungen körperlich nicht gewachsen war. Ich flog einen Lehnstuhl, kein Raumschiff. Das Gefühl von Freiheit und Abenteuer bezog ich aus Strömen von Computerdaten und Virtuelle-Realität-Simulationen. Einmal bin ich mit Alex durch den roten Sand des Mars gegangen, verbunden durch ein interaktives VR-System. Es war der schönste Nachmittag meines Lebens.
    Dann kam Alex auf der Expedition zur Venus ums Leben, er und die ganze Besatzung.
    Und Vater hatte mich gehasst, weil ich nicht an seiner Stelle gestorben war.
    Ich zog schließlich von zuhause aus und kaufte ein Haus auf Mallorca – ein Platz, der mir ganz allein gehörte und wo ich vor seinem fiesen Sarkasmus sicher war. Als ob er mich veralbern wollte, zog Vater nach Selene City. Später erfuhr ich, dass er zum Mond geflogen sei und sich dort Nanotherapien unterzog, um sich jung und fit zu halten.
    Nanomaschinen waren auf der Erde nämlich verboten.
    Es war klar, dass Vater sich der Verjüngungsbehandlung unterzog, weil er nicht die Absicht hatte, sich aus der Firma zurückzuziehen. Wo Alex nun tot war, würde Vater Humphries Space Systems niemals mir übergeben. Er würde am Ruder bleiben und mich in die Wüste schicken.
    Also lebte Vater vierhunderttausend Kilometer weit weg und spielte seine Rolle als interplanetarer Tycoon, Mega-Milliardär, Draufgänger, Schürzenjäger und rücksichts- und skrupelloser Industriemagnat. Ich war vollauf zufrieden damit. Ich führte ein ruhiges Leben auf Mallorca und hatte ein Personal, das mich umsorgte und verwöhnte.
    Ein paar Bedienstete waren Menschen, die meisten Robots. Oft kamen Freunde zu Besuch, und ich hatte die Möglichkeit, mal eben nach Paris oder New York oder sonst wohin zu fliegen, um eine Theatervorführung oder ein Konzert zu besuchen. Ich verbrachte die Zeit mit dem Studium neuer Daten der Sterne und Planeten, die in einem steten Strom von unseren Space-Explorern kamen.
    Bis eine Freundin ein Gerücht erzählte, das sie gehört hatte: Dass das Raumschiff meines Bruders sabotiert worden sei. Sein Tod war kein Unfall, sondern es handelte sich um Mord. Und gleich am nächsten Tag zitierte mein Vater
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