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Planeten 03 - Venus

Planeten 03 - Venus

Titel: Planeten 03 - Venus
Autoren: Ben Bova
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seinen Tod verantwortlich war. Ihr Bruder wurde ermordet, Sir, und Ihr Vater ist der Mörder.‹
    Der Bildschirm verdunkelte sich. Ich saß wie betäubt und schockiert im dunklen Hotelzimmer und starrte mit großen Augen auf den nachglühenden Wandbildschirm.
    Mein Vater hatte Alex ermordet? Mein Vater war verantwortlich für seinen Tod? Das war ein furchtbarer und unglaublicher Vorwurf von jemandem, der zu feige war, sein Gesicht zu zeigen.
    Und ich glaubte es. Das bestürzte mich am meisten. Ich glaubte es.
    Ich glaubte es, weil ich mich an den Abend erinnerte, bevor Alex zu seiner unheilvollen Expedition zur Venus aufbrach. Den Abend, an dem er mir verriet, weshalb er wirklich ging.
    Alex hatte überall verbreitet, dass er zur Venus flog, um dieses planetare Treibhaus zu erforschen. Das stimmte soweit auch. Aber er hatte noch eine versteckte Agenda, die er mir am Abend vor dem Abflug offenbarte. Es steckte auch ein politisches Motiv hinter der wissenschaftlichen Mission. Ich erinnere mich, wie Alex in der behaglichen stillen Bibliothek des Hauses in Connecticut saß, in dem er mit Vater lebte, und wie er mir im Flüsterton seine Pläne offenbarte.
    Die Erde bekam erst den Anfang des Treibhauseffekts zu spüren, sagte Alex mir.
    Abschmelzen von Gletschern und der polaren Eiskappen. Ansteigen des Meeresspiegels. Globale Klimaveränderungen.
    Die Internationale Grüne Partei verlangte die Ergreifung drastischer Maßnahmen, um zu verhindern, dass der ganze Mittlere Westen der Vereinigten Staaten sich wieder in das Binnenmeer verwandelte, das er einst gewesen war und dass der Permafrostboden in Kanada schmolz, wodurch Megatonnen gefrorenen Methans in die Atmosphäre entweichen und den Treibhauseffekt exponentiell verstärken würden.
    »Du bist einer von ihnen?«, wisperte ich im Dunklen. »Ein Grüner?«
    Er stieß ein glucksendes Lachen aus. »Du wärst wohl auch einer, kleiner Bruder, wenn du darauf achten würdest, was in der wirklichen Welt vorgeht.«
    Ich erinnere mich daran, dass ich den Kopf schüttelte und murmelte: »Vater würde dich umbringen, wenn er davon wüsste.«
    »Er weiß es schon«, sagte Alex.
    Mit der Mission zur Venus wollte er der Welt quasi aus erster Hand zeigen, wie der Treibhauseffekt einen Planeten zurichtete: Er verwandelte ihn in eine tote Gesteinskugel mit einer Hülle aus giftigen Gasen, ohne einen Tropfen Wasser und einen Grashalm. Das wäre ein mächtiges Symbol und würde sich als Bild ins Bewusstsein aller Wähler der Welt brennen: Das wird aus der Erde werden, wenn wir den Treibhauseffekt nicht stoppen.
    Mächtige politische Kräfte standen gegen die Grünen. Leute wie mein Vater wollten nicht zulassen, dass die IGP die Kontrolle über die internationalen Organisationen erlangte, die Standards für den Umweltschutz setzten. Die Grünen wollten die Steuern für multinationale Unternehmen verdreifachen, alle fossilen Brennstoffe verbannen, die Evakuierung der großen Städte veranlassen und den Reichtum der Welt unter den Bedürftigen neu aufteilen.
    Alex’ Expedition zur Venus war also eine Mission für die Unterstützung der Grünen, um ihnen ein mächtiges Werkzeug gegen die politische Macht des Establishments – und damit gegen unseren Vater – an die Hand zu geben.
    »Vater würde dich umbringen, wenn er davon wüsste«, hatte ich gesagt.
    Und Alex hatte düster erwidert: »Er weiß es schon.«
    Die Angst vor Vaters Reaktion war bloß eine Metapher gewesen, ein dummer Spruch eben. Nun fragte ich mich, ob Alex das auch so verstanden hatte.
    Für diese Nacht war ich um den Schlaf gebracht. Ich ging mit den großen schlurfenden Schritten durchs Zimmer, die die geringe Schwerkraft des Monds erfordert, und durchlebte dabei ein emotionales Wechselbad aus Zorn, Angst und Verzweiflung.
    Wie alle Mondsiedlungen wurde Selene City unterirdisch angelegt und in die Ringwallberge des riesigen Alphonsus-Kraters gegraben. Es gibt also keine Morgendämmerung, die durch die Fenster dringt, keinen Sonnenaufgang, der den Anbruch des jungen Tags ankündigt. Die Lichter draußen in den Korridoren und öffentlichen Räumen simulieren den Tag – das war’s dann auch schon. Die Lampen in meinem Zimmer schalteten sich automatisch ein, während ich auf und ab ging. Die Schalter wurden durch die Körperwärme aktiviert.
    Nach ein paar Stunden wusste ich schließlich, was ich tun würde. Was ich zu tun hatte.
    Ich befahl dem Telefoncomputer, eine Verbindung zu meinem Vater herzustellen.
    Das dauerte
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