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Planeten 03 - Venus

Planeten 03 - Venus

Titel: Planeten 03 - Venus
Autoren: Ben Bova
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wie ein verwitterter Stein nach Jahrhunderte langer Erosion.
    Und dabei war er erst in den Siebzigern.
    Mickey hatte mich vorgewarnt, was Greenbaums Äußeres betraf. Michelle Cochrane war eine seiner Doktorandinnen gewesen.
    Obwohl sie inzwischen selbst eine volle Professur hatte, verehrte sie Greenbaum noch immer. Sie bezeichnete ihn als den größten lebenden Planetenwissenschaftler im Sonnensystem. Sofern dieses asthmatische, arthritische, quälend langsame Invalidendasein überhaupt noch als Leben bezeichnet werden konnte. Er hatte die Verjüngungstherapie aus unerfindlichen Gründen abgelehnt.
    Ich glaube, er hatte religiöse Motive.
    Oder vielleicht war es auch nur reiner Starrsinn. Er war der Typ, der glaubte, dass Alter und Tod unausweichlich seien und nicht aufgehalten werden sollten.
    Einer der letzten seiner Art, möchte ich hinzufügen.
    »Er hat den Mut, seinen Überzeugungen treu zu bleiben«, hatte Mickey mir schon vor Jahren gesagt. »Er hat keine Angst vor dem Tod.«
    »Ich habe Todesangst vor dem Tod«, hatte ich gewitzelt.
    Mickey hatte die Pointe nicht verstanden. Ich wusste aber, dass sie sich der quasi obligatorischen Telomerase-Behandlung unterzogen hatte, nachdem sie aus der Pubertät heraus war. Jeder machte das.
    Greenbaum war weltweit die führende Autorität für den Plan Venus, und Mickey hatte mich gebeten, mich mit dem alten Mann zu treffen. Ich hatte sofort eingewilligt.
    Dann erfuhr ich, dass sie ein Treffen in Washington D.C. arrangiert hatte, und zwar nicht nur mit dem krächzenden Professor Emeritus Greenbaum, sondern auch mit einem düster blickenden schwarzen Bürokraten von der Raumfahrtbehörde namens Franklin Abdullah.
    Mein Vater war sofort bei den Medien damit hausieren gegangen, dass sein anderer Sohn – ich – versuchen würde, Alex’ sterbliche Überreste von der Oberfläche der Venus zu bergen. Wie ein stolzer Vater hatte er den Reportern versichert, dass, falls ich mit Alex’ Leichnam zurückkäme, ich mit dem Preisgeld in Höhe von zehn Milliarden Dollar belohnt werden würde. Ich wurde über Nacht berühmt.
    Vater soll auch seine Vorzüge haben, hat man mir gesagt, aber ich muss sie erst noch finden. Jeder Wissenschaftler, Abenteurer, Glücksritter und Geistesgestörte im Erde-Mond-System rückte mir auf die Pelle und bettelte um eine Chance, mit mir zur Venus zu fliegen. Religiöse Fanatiker hatten darauf bestanden, dass es ihr Schicksal sei, zur Venus zu fliegen, und Gott habe mich als Transportmittel für sie auserwählt.
    Ich hatte natürlich ein halbes Dutzend meiner besten Freunde gefragt, ob sie die Reise mit mir unternehmen wollten. Als Künstler, Schriftsteller, Videographen würden sie einen wertvollen Beitrag für die Historie der Mission leisten und wären obendrein noch eine gute Gesellschaft – besser jedenfalls als langweilige Wissenschaftler und irre Eiferer.
    Dann hatte Mickey mich von ihrem Büro in Kalifornien angerufen, und ich hatte zugestimmt, mich mit ihr und Greenbaum zu treffen, ohne sie auch nur zu fragen, worum es überhaupt ging.
    Auf Abdullahs Drängen hin fand das Treffen im Hauptquartier der Weltraumbehörde statt, einem muffigen, schäbigen alten Bau in einem heruntergekommenen Bezirk in der Innenstadt von Washington. Wir trafen uns in einem fensterlosen kleinen Konferenzraum, dessen einziges Inventar aus einem ramponierten Metalltisch und vier sehr unbequemen harten Stühlen bestand. Die Wände waren mit verblichenen Fotos von alten Raketenstarts verziert, falls das überhaupt das richtige Wort war. Ich meine, sie mussten zum Teil schon ein Jahrhundert oder noch länger zurückliegen.
    Bis zu jenem Nachmittag war ich Mickey nie persönlich begegnet. Wir hatten immer nur elektronisch kommuniziert, üblicherweise über eine interaktive VR-Verbindung.
    Wir waren uns zum ersten mal vor sieben Jahren – elektronisch – begegnet, als ich mich erstmals für Alex’ Arbeit auf dem Gebiet der Planetenerforschung interessiert hatte. Er hatte sie als Tutor für mich engagiert. Wir arbeiteten jede Woche in VR-Sitzungen zusammen; sie von ihrem Büro im Caltech aus, ich zuerst von unsrem Familiensitz in Connecticut und dann von meiner Finca auf Mallorca aus. Zusammen streiften wir über den Mars, die Monde von Jupiter und Saturn, die Asteroiden – sogar über die Venus.
    Sie in natura zu sehen war ein gelinder Schock. In unsren VR-Sitzungen hatte sie sich anscheinend mit einem Bild von sich präsentiert, auf dem sie viel jünger und
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