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Planeten 03 - Venus

Planeten 03 - Venus

Titel: Planeten 03 - Venus
Autoren: Ben Bova
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gedrückt wurde, beruhigte mich sonst immer. Doch nicht in dieser Nacht. Im Moment würde mich gar nichts beruhigen, sagte ich mir.
    Ich war mit einer seltenen Form der Blutarmut geboren, einem Geburtsfehler, der vom Drogenkonsum meiner Mutter herrührte. Sie verlief tödlich, wenn ihr nicht durch einen Enzym-Cocktail aus dem Vitamin B12 und einem Wachstumshormon entgegengewirkt wurde, das den Körper zur Bildung neuer roter Blutkörperchen anregte. Ohne diese Medikation wäre ich immer schwächer geworden und bald gestorben. Mit ihr vermochte ich ein ganz normales Leben zu führen – nur dass ich mir eben zweimal am Tag eine Spritze setzen musste.
    Wenn euch jemand erzählt, dass Nanomaschinen imstande wären, alle Krankheiten zu heilen, wenn man sie auf der Erde nur zulassen würde, dann glaubt ihm nicht. Die besten Labors in Selene City – die Hauptstadt der Forschung auf dem Gebiet der Nanotechnik – vermögen keinen Nanoroboter zu entwickeln, der fähig wäre, pro Stunde Millionen roter Blutkörperchen zu bilden.
    Ich legte mich wieder ins Bett mit den verknitterten und verschwitzten Laken und wartete darauf, dass die Wirkung des Medikaments einsetzte. Weil ich sonst nichts Besseres zu tun hatte, schaltete ich die Videonachrichten ein. Der Wandbildschirm erhellte sich sofort und zeigte eine Szene schrecklicher Verwüstung: Ein mächtiger Hurrikan war über den Atlantik gerast und tobte sich nun über den britischen Inseln aus. Sogar der Themsedamm – der Hightechdamm quer durch den Fluss – war überspült worden, und weite Teile Londons standen unter Wasser, einschließlich Westminster Abbey und dem Parlament.
    Ich lehnte mich in die Kissen zurück und verfolgte mit trübem Blick, wie Tausende Londoner im peitschenden kalten Regen auf die Straßen strömten, um sich vor den steigenden Fluten in Sicherheit zu bringen. »Die größte Katastrophe, von der London seit den Luftangriffen des Zweiten Weltkriegs heimgesucht wird«, sagte der Kommentator im Tonfall eines Untergangspropheten.
    »Nächster Kanal!«, rief ich. Tod und Vernichtung wollte ich nicht sehen, doch die meisten Kanäle zeigten Londons Untergang live und in Farbe. Eine Präsentation in drei Dimensionen wäre auch noch möglich gewesen, wenn ich den Hologrammkanal aufgerufen hätte. Ganze Bootsflotten befuhren die Strand und Fleet Street und retteten Männer, Frauen, Kinder, sogar Haustiere. Soldaten versuchten den Buckingham-Palast vor den heranflutenden Wassermassen zu schützen.
    Schließlich fand ich einen Kanal, der keine Bilder von der Flutkatastrophe zeigte.
    Stattdessen fand dort eine Podiumsdiskussion mit selbsternannten Experten zum Thema ›Globale Erwärmung‹ statt, die solche Stürme und Überschwemmungen verursachte. Einer aus der Runde trug die grüne Armbinde der Internationalen Grünen Partei, und einen anderen identifizierte ich als einen Freund meines Vaters – einen scharfzüngigen Justitiar, der die Grünen eindeutig verabscheute. Die anderen waren Wissenschaftler aus verschiedenen Disziplinen. In keinem Punkt waren sich auch nur zwei Leute einig.
    Ich schaute mit glasigen Augen zu und hoffte, dass diese ruhige, kultivierte Diskussion mich in den Schlaf lullen würde. Die Redebeiträge wurden mit animierten Landkarten unterlegt, die zeigten, wie das Eis in Grönland und in der Antarktis schmolz und mit welchem Ansteigen des Meeresspiegels gerechnet wurde. Der halbe mittlere Westen der USA war davon bedroht, sich in ein riesiges Binnenmeer zu verwandeln. Der Golfstrom würde abreißen, hieß es, wodurch in Großbritannien und Europa eine sibirische Kälte Einzug halten würde.
    Genau die richtigen Gutenachtgeschichten. Ich wollte den Wandbildschirm gerade ausschalten, als plötzlich die gelbe Nachrichtenlampe blinkte. Ich fragte mich, wer mich zu dieser nächtlichen Stunde wohl noch anrief.
    »Beantworten«, rief ich.
    Der ganze Wandbildschirm nahm eine milchige weißgraue Färbung an. Für einen Moment glaubte ich an einen Defekt des Videos. Dann sagte eine synthetisierte Computerstimme zu mir: ›Mr. Humphries, bitte verzeihen Sie, dass ich mein Gesicht nicht zeige. Es wäre zu gefährlich, wenn Sie mich sähen.‹
    »Gefährlich?«, fragte ich. »Für wen?«
    Die Stimme ignorierte meine Frage, und ich begriff, dass es sich bei diesem Anruf um eine Aufzeichnung handelte. ›Wir wissen, dass Sie das Gerücht gehört haben, demzufolge das Schiff Ihres Bruders sabotiert worden sein soll. Wir glauben, dass Ihr Vater für
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