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Planeten 03 - Venus

Planeten 03 - Venus

Titel: Planeten 03 - Venus
Autoren: Ben Bova
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auf die sie fielen. In der überfüllten Halle hätten sie zwangsläufig auf die Zuschauer fallen müssen.
    »Komm schon«, drängte die Rothaarige und zog mich am Ärmel des Pullovers. »Sei nicht so verklemmt«, sagte sie und kicherte.
    »Wo ist Martin Humphries?« Ich musste schreien, um mich bei dem Partylärm überhaupt verständlich zu machen.
    Sie bunkerte mit den smaragdgrünen Augen. »Hump? Das Geburtstagskind?« Sie drehte sich zur Menge um und winkte aufs Geratewohl. »Der alte Sack muss hier irgendwo sein«, schrie sie zurück. »Es ist nämlich seine Party, musst du wissen.«
    »Der alte Sack ist mein Vater«, erklärte ich ihr und freute mich über ihren verblüfften Gesichtsausdruck, als ich sie stehen ließ.
    Ich musste mich förmlich durch die Menge durchschlagen. Alles Fremde. Ich war mir sicher, dass ich keinen von ihnen kannte. Keiner meiner Freunde würde sich auf einer solchen Veranstaltung blicken lassen. Während ich mir mit dem Einsatz der Ellbogen einen Weg durch die rappelvolle Halle bahnte, fragte ich mich, ob mein Vater eigentlich jemanden von diesen Leuten kannte. Wahrscheinlich hatte er sie aus gegebenem Anlass gemietet. Die Rothaarige schien mir jedenfalls der Typ dafür zu sein.
    Er weiß ganz genau, dass ich solche Menschenansammlungen hasse, und doch hat er mich genötigt, herzukommen. Typisch für meinen liebevollen Vater. Ich versuchte, den Lärm und den Gestank nach Parfüm, Tabak, Drogen und dem Schweiß der Körper, die wie in einer Sardinenbüchse zusammengepfercht waren, auszublenden. Ich bekam weiche Knie, und der Magen verkrampfte sich.
    Ich komme mit solchen Situationen nicht klar. Das ist einfach zu viel für mich. Ich wäre wohl zusammengebrochen, wenn das bei den vielen Körpern um mich herum nicht ein Ding der Unmöglichkeit gewesen wäre. Mir wurde schwindlig, und die Sicht trübte sich.
    Ich musste im dicksten Getümmel stehen bleiben und die Augen schließen. Das Atmen fiel mir schwer. Ich hatte mir die letzte Enzymspritze gesetzt, kurz bevor die Transferrakete gelandet war, und doch hatte ich das Gefühl, dass schon wieder eine fällig war, und zwar schnell.
    Ich öffnete wieder die Augen, ließ den Blick über die dicht gedrängte, lärmende und schwitzende Menge schweifen und suchte nach dem nächsten Ausgang. Und dann sah ich ihn. Durch die Arme der wild gestikulierenden Partygäste machte ich meinen Vater aus. Er saß am anderen Ende der Kaverne auf einem Podest wie ein altrömischer Kaiser, der eine Orgie gab. Er war stilecht in eine wallende rote Toga gewandet, und zu den in Sandalen steckenden Füßen räkelten sich zwei schöne junge Frauen.
    Mein Vater. Einhundert Jahre wurde er heute. Doch Martin Humphries wirkte keinen Tag älter als vierzig; das Haar war noch immer dunkel, das Gesicht glatt und fast ohne Falten. Aber die Augen – die Augen waren hart und wissend; sie funkelten vor lüsternem Vergnügen über die Szene, die sich vor ihm abspielte. Er hatte jede Verjüngungstherapie mitgemacht, die verfügbar war, sogar illegale mit Nanomaschinen. Er wollte für immer jung und stark sein. Und ich glaubte, dass ihm das wahrscheinlich auch gelingen würde. Er bekam immer, was er wollte. Ein Blick in seine Augen genügte aber, um zu wissen, dass er wirklich hundert war.
    Er sah, wie ich mich durch die gedrängte wogende Menge kämpfte, und für einen Moment schaute er mich mit diesen kalten grauen Augen an. Dann wandte er sich wieder von mir ab, wobei sein markantes jugendliches Gesicht von einem missbilligenden Stirnrunzeln zerfurcht wurde.
    Du wolltest unbedingt, dass ich zu dieser Veranstaltung komme, sagte ich im Geiste zu ihm. Und nun bin ich hier, ob es dir gefällt oder nicht.
    Er beachtete mich überhaupt nicht, während ich mich zu ihm durchkämpfte. Ich schnappte mit brennender Lunge nach Luft. Ich brauchte eine Spritze mit dem Medikament, aber ich hatte es im Hotelzimmer gelassen. Als ich schließlich das Podest erreichte, fiel ich auf das weiche Gewebe, mit dem die Plattform drapiert war und schnappte nach Luft. Dann wurde mir bewusst, dass das Getöse der Party zu einem gedämpften Summen und Flüstern abgeebbt war.
    »Schalldämpfer«, sagte sein Vater und schaute mit diesem alten verächtlichen Grinsen auf mich herab. »Guck nicht so dumm.«
    Es führten keine Stufen zur Plattform hinauf, und ich fühlte mich so schwach und benebelt, dass es mir nicht gelang, mich hochzuziehen.
    Mit einer Handbewegung verscheuchte er die beiden jungen
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