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Plage der Finsternis - Keohane, D: Plage der Finsternis

Titel: Plage der Finsternis - Keohane, D: Plage der Finsternis
Autoren: Daniel G. Keohane
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beeilten sich, den Flur weiterzugehen, um den Rest des Hauses zu präsentieren.
    * * *
    Die Watts hatten wundervolle Arbeit bei den Renovierungen geleistet. Der überraschendste Moment der Besichtigung – wobei Joyce entschied, dass es eine angenehme Überraschung darstellte – war der Punkt gewesen, als sie feststellte, wie gut es sich anfühlte, wieder in dem Haus zu sein. Während Bills Erzählungen fühlte sich Joyce seltsam losgelöst, wesentlich objektiver, als sie es erwartet hätte. Dies war nicht länger ihr Zuhause. Vielleicht war das Jahr, das sie mit Bec in dem kleinen Appartement in Hillcrest verbracht hatte, wohltuender gewesen, als sie sich hatte vorstellen können. Sie hatte Abstand gewinnen können, hatte Zeit, um zu vergessen. Fang ein neues Leben an, irgendwo ... anders .
    Sie öffnete das Zeremonienbuch. »Der Herr sei mit euch«, deklamierte sie. Joyce gestikulierte nicht nur in Richtung der Watts’, sondern auch zu dem griesgrämigen Nachbarsmädchen, das mit untergeschlagenen Beinen auf dem Sofa saß. Gem sah so restlos gelangweilt aus, dass sich Joyce fragte, weshalb sie es überhaupt für nötig hielt, zu bleiben.
    »Und auch mit Ihnen«, entgegneten Bill und Seyha.
    »Lasst uns beten!«
    Sie nickte Bill zu, der daraufhin ein Streichholz anriss und eine lange weiße Kerze entzündete, die Seyha in ihren Händen hielt. Joyce las aus dem Liturgieergänzungsbuch, dasselbe, das sie auch auf der Säkularisationszeremonie letzten Dezember benutzt hatte. »Allmächtiger und ewiger Gott, gewähre diesem Heim die Gunst deiner Gegenwart; auf dass dich die Bewohner und Beschützer dieses Haushalts kennen werden; durch Jesus Christus, unserem Herrn, der mit dir und dem Heiligen Geist als ein Gott lebt und herrscht, für immer und ewig. Amen.«
    »Amen«, echote das Ehepaar.
    Jemand wisperte hinter ihr. Joyce fuhr herum.
    Doch da war niemand.
    Draußen im Garten fuhr Gems Bruder Eliot mit seinem Spiel, den Ball hin- und herzuwerfen, unaufhörlich fort. Es musste seine Stimme gewesen sein, die durch die offenen Fensterflügel hereingeweht war. Sie drehte sich wieder zu dem Pärchen um, legte das Buch nieder und nahm die Bibel zur Hand. Joyce schlug sie an der markierten Stelle auf und las das Gleichnis, als Gott zu Gast bei Abraham war, aus der Genesis vor. Aus dem Augenwinkel bemerkte sie, wie Gem Davidson anfing, das Geschehen mit langsam wachsendem Interesse zu beobachten.
    Während sie las, begann auf einmal Joyces rechtes Ohr zu jucken. Als sie hinlangte, um sich zu kratzen, fiel ihr auf, dass Bill das Gleiche tat. Nachdem sie die Geschichte beendet hatte, lugte plötzlich Gem über ihre Schulter. Ein besorgter Blick krauste ihre Stirn, als sie sich abrupt umdrehte und zurück auf die Polster fallen ließ. Die Augen des Mädchens wanderten immer wieder zur Rückseite der Couch, fast so als erwartete sie, dass etwas hinter ihr hervorspringen würde.
    Joyce konzentrierte sich auf Bill und Seyha, legte die Bibel auf den Tisch und griff sich erneut das kleinere Liturgieergänzungsbuch. »Lass die unermessliche Kraft des Heiligen Gottes an diesem Ort gegenwärtig sein, um alle unreinen Seelen ...«
    »Manchmal enn sssh ...«
    Das Wispern erklang abermals hinter ihr, diesmal näher und auch deutlicher. Ihre Überraschung zeigte sich den anderen nur als Unterbrechung des Leseflusses; es war eine solch kurze Pause, von der sie hoffte, dass keiner sie bemerkt hatte. »... zu verbannen; reinige diesen Ort von den Relikten des Bösen, und mache dies zu einer sicheren Heimstatt für jene, die hier verweilen.«
    Bill sah zur Küche, Seyha tat dasselbe. »Im Namen von Jesus Christus, unserem Herrn. Amen«, beendete Joyce ihre Litanei. Als das Paar gewahr wurde, dass sie bereits zum Schluss gekommen war, blickten sie zu ihr und murmelten ein abwesendes »Amen«.
    Bill hob eine Hand empor. »Entschuldigen Sie mich einen Moment, Reverend.« Er ging in die Küche, sah sich um und kehrte flink wieder zurück. »Tut mir leid, ich dachte, ich hätte jemanden reden gehört.«
    »Gut zu wissen«, erwiderte Joyce lächelnd. »Ich habe auch etwas gehört. Ich bin mir sicher, es kam von den Jungs draußen.«
    Seyha schaute aus dem Fenster und dann erneut zur Küche. Mit einem argwöhnischen Blick zu Gem zuckte sie mit den Schultern und hob die Kerze höher. Sie war schon ein Stück heruntergebrannt. Zeit wurde vergeudet.
    »Ich denke, wir sollten in jedem Raum so verfahren«, schlug Joyce vor, »und ihnen eine spezielle
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