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Phillips Bilder (German Edition)

Phillips Bilder (German Edition)

Titel: Phillips Bilder (German Edition)
Autoren: J. Walther
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zieht sein T-Shirt aus, als wir zurückfahren. Ich wende den Blick nicht von seinem braungebrannten Rücken. Dunkle Haare kringeln sich in seinem Nacken.
    Die Sonne scheint mir ins Gesicht, dringt durch meine geschlossenen Lider. Ich drehe mich auf die andere Seite, die Hängematte schaukelt. Ich reibe leicht über die Beule in meiner Hose, die Bilder von David und Benjamin im Gras und Moritz’ samtbraunem Rücken verschwimmen miteinander.
    In der Ferne schlägt die Kirchturmuhr. Irgendwo springt ein Rasenmäher an. Ich halte die Augen geschlossen. Der Rasenmäher brummt und ich versuche, das gleichmäßige Geräusch zu ignorieren. Ich träume mich zurück auf die Wiese, zu den Sommern mit Moritz, den Abenden am Teich, Moritz in seiner Badehose, wie er ins Wasser springt.
    Ganz nahe läuft eine Motorsense an, es klingt wie das enervierende Geräusch eines überdimensionalen Zahnarztbohrers. Es vertreibt jeden klaren Gedanken aus meinem Kopf. Plötzlich steht Benjamin neben der Hängematte, ich habe ihn nicht kommen hören.
    „Ich muss wohl auch anfangen.“
    „Was?“
    „Mit Mähen.“
    „Nicht du auch noch!“
    Zur Bekräftigung springt auf dem Nachbargrundstück ein weiterer Rasenmäher an, der sich knatternd vorarbeitet.
    „Keine Sorge, ich bin leise.“
    Benjamin geht zum Schuppen und kommt mit einer Sense wieder. Er beginnt nahe am Haus das Gras zu mähen. Das leise Zischen hat gegen die Rasenmäher keine Chance. Ich stehe auf und gehe hinüber.
    „Soll ich dir helfen?“
    „Lass mal. Oder kannst du sensen?“
    „Zeig es mir doch.“
    „Das lernt man nicht sofort.“ Benjamin dreht die Sense herum und nimmt einen Schleifstein aus seiner Hosentasche. Er zieht den Stein kräftig über die Klinge, er erzeugt ein kratzendes Geräusch, das über die Wiese hallt.
    Ich sehe Benjamin unverwandt an. „Schleifen. Und dann?“
    „Also gut“, er dreht die Sense wieder herum, „du fasst sie so an, fährst hinter eine Reihe Gräser und dann mit einem Schwung weiter und gleichzeitig zu dir heran.“ Er zeigt es mir, es sieht ganz leicht aus. Dann gibt er mir die Sense.
    „Halt sie ein bisschen tiefer.“
    Ich versuche es mit dem Schwung, aber alles, was ich erreiche, ist eine Reihe plattgedrückter Gräser.
    „Du muss die Sense scharf zu dir heranziehen, das ist das Entscheidende.“
    Ich versuche es wieder. Und wieder. Nach dem dritten Versuch fallen einige Gräser, Stoppeln bleiben stehen. Ich probiere es weiter. Schließlich mähe ich eine Reihe ordentlich. Benjamin holt eine zweite Sense und arbeitet neben mir. Ich quäle mich weiter mit dem widerspenstigen Gras. Schließlich richte ich mich ächzend auf.
    „Geht in den Rücken am Anfang“, meint Benjamin.
    „Hm.“ Ich reibe die Stelle zwischen Daumen und Zeigefinger. „Mähst du das jetzt wegen der Nachbarn?“
    Benjamin antwortet nicht, zieht aus seiner anderen Hosentasche eine Packung Zigaretten. „Du auch?“
    Ich schüttle den Kopf. Er zündet sich eine Zigarette an, schaut über seinen Garten. „Hast du die Nachbargärten gesehen?“
    „Ja, heute Vormittag.“
    „Die mähen zweimal die Woche. Ich so selten wie möglich. Nicht weil ich faul bin, na ja, bisschen faul bin ich auch. Nein, weil ich es mag, wenn das Gras hoch steht, Inseln bildet, alles üppig und zugewachsen ist.“ Er lässt den Blick über die Wiese schweifen, zieht an der Zigarette. Dann wird sein Gesichtsausdruck weich. „Ich kann dir nicht erklären, was mir daran so gefällt. Sollte mir egal sein, was die Nachbarn darüber denken. Manchmal ist es das auch, aber dann fühle ich mich wieder wie ein Aussätziger.“
    „Wegen der Wiese? Nicht weil du schwul bist?“
    „Wegen allem. Aber mehr wegen der Wiese.“ Er grinst mich an. Dann drückt er die Zigarette auf der Fensterbank aus und mäht weiter. Ich blicke in den Garten und lasse mir Zeit.
    David kommt mit einem Tablett heraus. „Hab Eiskaffee gemacht.“
    Benjamin stellt die Sense an die Hauswand. Wir setzen uns an den Tisch. Auf den Eiskaffees türmt sich üppig Sahne.
    „Bist du mit deiner Diplomarbeit weitergekommen?“, frage ich David.
    „Die Frage ist tabu“, wirft Benjamin ein.
    „Wollest du nie studieren?“, frage ich ihn.
    „Habs überlegt, aber ich wollte lieber was Praktisches tun. Vielleicht studiere ich ja irgendwann noch.“
    „Hast du eigentlich deinem Vater Bescheid gesagt, wo du bist?“, will David wissen.
    „Ähm, nein.“ Ich schlürfe an meinem Eiskaffee.
    „Solltest du, echt“, sagt
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