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Phillips Bilder (German Edition)

Phillips Bilder (German Edition)

Titel: Phillips Bilder (German Edition)
Autoren: J. Walther
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gestrichenen Veranda. Wir blicken durch die Scheiben, edle Korbmöbel stehen darin.
    „Hat Geschmack, der Anwalt?“
    „Zum Glück“, sagt Benjamin, der konzentriert nach drinnen blickt, und in seinem Gesicht ist wieder dieser Ausdruck.
    „Was ist mit der Villa?“
    „Mh“, Benjamin schüttelt den Kopf.
    „Was denn?“
    „Vor vier Jahren wohnte hier jemand. Er hatte die Villa gekauft, um sie zu renovieren.“
    „Du hattest etwas mit ihm?“
    „Ja. Marek sieht echt gut aus, aber es war schwierig. Ich hätte damals nicht sagen können, ob wir zusammen sind, ob wir nur vögeln oder ... Oft verschwand Marek einfach.“ Benjamin sieht mich an. „Ich habe mich für David von ihm getrennt.“
    „Bedauerst du das?“
    „Nachdem es eine Weile so ging, haben wir Schluss gemacht. Die Villa war instandgesetzt und alles schien vorbei. Doch Marek kehrte zurück, er hatte die alte Fabrik gekauft. Es lief besser, wir haben uns beide Mühe gegeben und mehr geredet. Aber dann tauchte David wieder auf ...“ Benjamin wendet sich von der Veranda ab. „Komm“, sagt er energisch.
    Wir gehen um das Haus herum, davor blickt man auf die Obstwiese, von der wir gekommen sind. Aber Benjamin führt mich die überschattete Auffahrt hinunter, auf einem anderen Weg durchs Dorf. Auf der Straße begegnet uns niemand, es ist heiß geworden und muss bald Mittag sein. Wir gehen an Höfen vorbei, die bis in die letzten Ecken aufgeräumt sind, frisch gestrichen, mit Geranien vor jedem Fenster. Häuser mit sorgsam gepflasterten Einfahrten und Vorgärten ohne ein Unkraut. Ein neues, makelloses Einfamilienhaus auf einer Wiese wirkt fehl am Platz.
    Als wir schließlich Benjamins Haus erreichen, sagt er leise: „Ich bedaure es nicht, Phillip.“
    Wir gehen durch die Einfahrt, an den Seiten wächst hohes Gras, an der Hauswand bröckelt der Putz. Wir treten an den Tisch, David liegt mit einem aufgeschlagenen Buch auf dem Bauch in der Hängematte.
    Benjamin tritt näher. „Na, Denkpause?“ Er beugt sich hinunter und küsst David und ich glaube, ein Déjà-vu zu sehen, obwohl ich mich gar nicht daran erinnern kann, dass die beiden sich damals, als ich sie heimlich beobachtete, geküsst haben.

- 3 -
    Gärten

    Moritz und ich streifen über eine große, unübersichtliche Obstwiese. Hohes, verfilztes Gras, Gestrüpp, Brennnesseln. Moritz flucht und ich reibe meine brennenden Arme. Die Äste einiger Obstbäume neigen sich bis zum Boden, auch wenn die Äpfel noch gar nicht reif sind. Unsere Räder haben wir am Feldrain einfach ins Gras geworfen, uns auf Abenteuertour in den verwilderten Obstgarten begeben.
    Plötzlich hält Moritz mich am Arm fest. Auch ich sehe jetzt eine Gestalt in all dem Grün. Wir gehen in die Hocke, als würden wir noch immer Indianer und Cowboy spielen. Ich luge durch die Gräser, erkenne Moritz’ ältesten Bruder, der an einen Baum gelehnt im Gras sitzt. Frage mich, was er hier macht, denn es ist nicht nahe an ihrem Haus, wir sind mit den Rädern ein ganzes Stück gefahren. Neben David sitzt ein Junge mit kurzen braunen Haaren, den ich nicht kenne. David raucht eine Zigarette. Zwischen den Bäumen hängt eine verblichene Hängematte.
    Ich werfe einen Seitenblick auf Moritz, der neben mir hockt und eher uninteressiert wirkt. Nicht so fasziniert ist wie ich. Ich schaue wieder durch die Gräser. David gibt dem Jungen jetzt die Zigarette, und an der Art, wie er raucht, merke ich, dass es ein Joint ist. Er gibt ihn zurück, David zieht daran, legt die Hand in den Nacken des anderen Jungen und der beugt sich vor. Nur vage erkenne ich aus meinem Versteck, dass er Davids Hose öffnet, sich tiefer beugt. Ich starre mir offenem Mund. David zieht an dem Joint, legt den Kopf an den Baumstamm, schließt die Augen.
    Moritz’ Hand krallt sich in meinen Arm, zerrt an mir. Ich kann meinen Blick nicht losreißen, nicht von dem Kopf des Jungen, der sich langsam auf und ab bewegt und nicht von Davids schönem, völlig entspanntem Gesicht. Moritz raschelt neben mir, zieht an meinem Shirt und ich folge ihm schließlich, krieche weg. Wir finden, obwohl völlig planlos, unsere Räder wieder, lassen uns neben sie ins Gras der Böschung fallen.
    „Boah, eklig“, sagt Moritz.
    Ich kann an nichts anders als die eben gesehene Szene denken und ich weiß genau, dass ich es nicht eklig finde.
    „Mein Bruder ist echt abartig.“
    Ich sehe Moritz von der Seite an. Er hat ganz dunkle Wimpern, das ist mir noch nie aufgefallen. Es ist heiß, und Moritz
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