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Phillips Bilder (German Edition)

Phillips Bilder (German Edition)

Titel: Phillips Bilder (German Edition)
Autoren: J. Walther
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Leuchten. Diese Korona aus Licht, die sich um einen vertrockneten Zweig gebildet hat. Die Sonnenflecken auf der Hängematte.
    Gras raschelt, vielleicht Jurek, vielleicht ein Vogel. Das Geräusch kommt näher. Ich spähe in den Garten. Nahe am Bach steht ein Junge, von mir weggedreht. Ich sehe einen Schopf blonder Dreadlocks, er trägt Bermudas und ein Achselshirt. Er beugt sich hinunter, hebt etwas auf. Verknotet einen Teil seiner Haare am Hinterkopf und steckt eine Feder hinein. Dann dreht er sich herum, kommt mit geschmeidigen Bewegungen näher. Ich halte den Atem an. Er bewegt sich, als wäre er hier zu Hause, als pflege er nichts anderes zu tun, als an Sommermorgen durch Gärten zu wandeln.
    Er bleibt stehen, streckt sich, zieht die Luft ein. Die Sonne bringt seine gebräunte Haut zum schimmern. Er ist schlank und nicht sehr groß.
    Er schaut sich um, erblickt mich, grinst. Dann kommt er näher. Ich genieße es ihn anzusehen. Ihm scheint es ganz recht zu sein, dass ich nichts sage.
    „Schöner Morgen“, meint er schließlich.
    „Ja.“ Ich muss gähnen.
    Er grinst wieder, lässt sich in den Liegestuhl fallen. Ich drehe mich auf die Seite, an den Rand der Hängematte, um ihn nicht aus dem Blick zu verlieren. Sein Shirt ist ein bisschen hochgerutscht, er krault sich am Bauch, gibt noch ein paar Zentimeter Haut mehr frei. Ein kleines Tattoo lugt hervor und eine Spur blonder Härchen verschwindet unter seinem Hosenbund.
    Er blickt hoch. „Ich wollte zum Frühstück vorbeikommen. Noch gar nichts los?“
    Ich schaue zum Haus. „Scheint so.“
    „Zu Besuch hier?“
    „Hm.“
    „Machst du Frühstück?“
    Ich muss lachen und befreie mich weiter aus meinem Schlafsack, strecke mich.
    „Ich halts gut hier aus.“
    Er legt die Arme über den Kopf, wirft mir von unten herauf einen Blick zu. Seine Augen scheinen grün zu sein, ich schaue ihn an, lange. Eine kleine Kugel steckt in seiner Unterlippe und er spielt mit seiner Zunge daran. Dann erhebt er sich, reckt sich, bringt seinen Körper zur Geltung.
    „Ich geh mal gucken.“ Er entfernt sich und geht hoch zum Haus, tritt durch die Hintertür. Ich gähne, räkle mich noch einmal. Dann stehe ich auf, gehe hinter den nächsten Baum und pinkle. Ein Buchfink sitzt auf einem Zweig und beobachtet mich. Ich schließe meine Hose wieder und gehe steifbeinig ein paar Schritte durch den Garten. Benjamin kommt mit einem Tablett aus dem Haus, stellt es auf den Tisch.
    „Morgen. Gut geschlafen?“
    „Fantastisch. Ist so ruhig hier.“ Ich helfe ihm, den Tisch zu decken. Der morgendliche Gast kommt mit Kissen heraus, verteilt sie auf die Stühle.
    „Das ist Seth“, stellt Benjamin ihn vor, „Wir sind zusammen zur Schule gegangen.“
    „Aha.“ Ein Schulfreund also. Wohl kein schwuler Schulfreund.
    Seth grinst mich frech an. Er hat ein Grübchen im Mundwinkel, wenn er grinst, nur auf einer Seite. Er ist unverschämt.
    Ich verteile das Besteck. „Bringt David noch mehr?“
    „Klar.“
    Jurek schleicht durchs Gras, hat wohl in einem seiner Verstecke auf den richtigen Zeitpunkt gewartet. Er springt auf einen Stuhl, macht es sich auf dem Kissen bequem. David bringt ein vollbeladenes Tablett, verteilt Schüsseln und Teller auf dem Tisch. Wir setzen uns, verscheuchen Jurek, und Benjamin gießt großzügig Kaffee ein. Ich stelle einen Fuß auf den Stuhl, will erst mal nur Kaffee.
    „Seid ihr seit der Schulzeit befreundet?“, frage ich Benjamin.
    „Nein, haben uns ewig nicht gesehen.“
    „Bis zu diesem furchtbaren Klassentreffen“, wirft Seth ein.
    „Kannst du glauben, wie spießig die alle geworden sind?“ Benjamin schüttelt den Kopf.
    „Jedenfalls hab ich alleine an diesem Tisch gehockt und mich furchtbar gelangweilt.“
    „Bis ich kam und fragte, ob ich seine Dreadlocks anfassen darf.“
    „Ja, ich fand, er ist ziemlich cool geworden.“ Seth grinst.
    Benjamin streicht über seine verfilzten Haare. „Da gleich abzuhauen war das Beste, was wir tun konnten“, er wendet sich mir zu, „Du musst sie mal anfassen, sie sind ganz weich.“
    Ich schüttle den Kopf, schneide ein Brötchen auf. David schiebt mir eine Schüssel hin. „Probier mal, Auberginencreme.“
    Ich nehme mir davon. „Hm, lecker.“
    Benjamin und Seth beginnen, über alte Schulkameraden zu reden. Ich lehne mich zurück, kaue an meinem Brötchen, sehe mich um. Das Morgenlicht übergießt die Schüsseln und Teller mit einem warmen Licht, glitzert auf dem Rand der Kaffeetasse. Die Sonne schimmert in
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