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Phillips Bilder (German Edition)

Phillips Bilder (German Edition)

Titel: Phillips Bilder (German Edition)
Autoren: J. Walther
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„Du wirklich nicht?“
    Ich schüttle nicht mal den Kopf, starre vor mich hin. Was bin ich auch für ein Idiot, einfach aus dem Zug zu springen. David und Benjamin setzen sich, rühren in ihren Tassen. Ich spüre, dass beide mich anblicken.
    „Willst du mit zu uns kommen?“, fragt Benjamin.
    Ich blicke hoch. „Echt?“
    Benjamin nickt, ich schaue David an, er schenkt mir einen freundlichen Blick und ein knappes Nicken. Die beiden trinken ihren Kaffee aus, dann gehen wir nach draußen und steigen in einen roten Käfer. Ich setze mich hinten in die Mitte, während der Fahrt beobachte ich Benjamin im Rückspiegel. Auch er trägt seine Haare ein bisschen länger, braune Strähnen fallen ihm ins Gesicht. Früher fand ich ihn unauffällig, er verblasste neben der aufregenden Ausstrahlung von David für mich völlig, aber jetzt sehe ich, dass er hübscher ist, als ich ihn in Erinnerung hatte. Er lächelt mich durch den Rückspiegel an und ich schaue weg.
    Wir fahren über eine schmale, von Obstbäumen gesäumte Landstraße, durch ein Dorf, dann eine alte Kastanienallee entlang. Schließlich erreichen wir ein größeres Dorf, Gehöfte und eine Kirche thronen auf Hängen. Eine Brücke führt über den Bach, dann biegt Benjamin in einen Weg ein.
    „Da sind wir“, sagt er. Er hält neben einem schmalen, alten Haus. Ein Weinspalier, oben Fachwerk, kleine Fenster. Benjamin beobachtet mich im Rückspiegel.
    „Das ist eures?“
    „Benjamins“, sagt David.
    „Unseres“, sagt Benjamin und steigt aus. Wir gehen ins Haus, der Flur ist dunkel und kühl, ich stelle meinen Rucksack in eine Ecke.
    „Hunger?“, fragt mich Benjamin.
    „Ich mach mal was“, sagt David.
    Ich folge Benjamin durch die Hintertür in den Garten. Zwischen Obstbäumen steht das Gras hoch, ein Pfad windet sich hindurch bis zu einem wackligen Küchentisch unter einem Birnbaum. Daneben eine Hängematte zwischen zwei Bäumen. Ich höre den Dorfbach plätschern und gehe ein paar Schritte über die sanft abfallende Wiese Richtung Bach. Dieser Garten gefällt mir auf Anhieb, denn er erinnert mich an den Garten meiner Kindheit. Nicht an den ordentlichen, sterilen Garten am Haus meiner Eltern, sondern an den Garten von Moritz’ Familie.
    Ich drehe mich um, Benjamin, der sich hingesetzt hat, beobachtet mich.
    „Schön hier.“
    „Ja“, er lächelt und er sagt es mit einer Zufriedenheit, die mich neidisch macht. Ich kann mich nicht erinnern, dass er früher so viel gelächelt hat.
    „Bald muss ich es sensen. Ich liebe es, wenn das Gras so hoch steht. Ich weiß auch nicht, ich bin ein bisschen komisch.“
    „Is’ doch nichts dabei.“
    „Frag die Nachbarn.“
    Ich setze mich zu ihm, sehe ihn fragend an, aber Benjamin winkt nur ab.
    „Du studierst Fotografie? Hat Moritz erwähnt.“
    „Nein, noch nicht. Hab mich erst beworben. Weiß noch nicht mal, ob es klappt.“ Ich zögere. Ich weiß noch nicht einmal, ob ich es will.
    David kommt mit einem Tablett heraus und wir helfen ihm, den Tisch zu decken. Es raschelt unten am Bach und eine rote Katze stolziert durch die Gräser auf uns zu.
    „War ja klar. Das ist Jurek“, sagt Benjamin. Die Katze springt auf den freien Stuhl. Wir beginnen zu essen, während Jurek uns mit großen Augen aufmerksam ansieht. Es gibt Käse, undefinierbare Pasten, Salat und nur ein bisschen Salami.
    Benjamin schiebt sie mir zu. „Halt dich ran, davon gibt es nicht viel.“
    „Er wird schon nicht verhungern.“ David grinst.
    „David ist Vegetarier, weißt du.“
    „Und du?“
    „Nicht. Aber ich esse nur Biofleisch.“
    „Wir essen überhaupt nur Bio“, sagt David.
    Ich finde das ein bisschen übertrieben, aber ich sage nichts. Die Hitze des Tages ist vorbei, im Garten ist es jetzt angenehm kühl. Als wir mit dem Essen fertig sind, frage ich: „Wo ist’n das Klo?“
    „Durch die Tür und dann links.“
    Ich gehe pinkeln, dann bleibe ich unschlüssig im Flur stehen. Neugierig trete ich tiefer ins Haus, steige die Treppe nach oben. Dort herrscht eine stickige Wärme, die Zimmertüren stehen auf. Ich schaue in ein Zimmer, das kaum möbliert ist. Auf die Wände sind überlebensgroße Gräser gemalt, auf dem Boden liegt eine Matratze und eine Hängematte ist über Eck gespannt. Ich gehe durch den Raum bis zum offenen Fenster. Der Garten breitet sich vor mir aus und zwischen den Bäumen kann ich David und Benjamin mehr erahnen als sehen. Ich stütze mich auf der Fensterbank ab.
    „… Mutter vor einem Jahr gestorben ist?“,
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