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Phantom der Lüste

Phantom der Lüste

Titel: Phantom der Lüste
Autoren: Hanna Nowak
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beobachtet, wie Sebastien das dichte schwarze Fell gestriegelt hatte, bis es glänzte. Damals waren Jeans Gedanken abgedriftet und er hatte sich vorgestellt, wie es wohl wäre, wenn Sebastien nicht den Rücken des Tieres, sondern sein Glied in diesem angenehmen Rhythmus gestreichelt hätte. Ein Schauder war damals durch seinen Körper gerieselt und tat es auch jetzt.
    Sebastiens Hände an seiner Männlichkeit, die er kontrollierte, auf die er Druck ausübte. Keine Frau konnte ihm dieses Gefühl geben, das er allein bei der Vorstellung an Sebastiens zärtliche Hände empfand. Aber der hatte nie verstanden, was in Jean vorging, war auf beiden Augen blind gewesen. Vermutlich hatte er geglaubt, sie hätten eine besonders innige Männerfreundschaft gepflegt, dabei hatte Jeans Körper verrückt gespielt, wann immer sie sich, wenn auch nur zufällig, berührt hatten. Sein Verlangen nach Sebastien war zeitweise so stark gewesen, dass er förmlich körperliche Schmerzen verspürt hatte. Auch das war Sebastien gänzlich entgangen. Stattdessen hatte er sich für die jungen Mädchen im Dorf interessiert, was Jean jedes Mal einen Stich ins Herz versetzte.
    Mit Sebastien war er durch alle Gefühlshöhen- und Tiefen gegangen. Bis zu jenem Tag, an dem Sebastien ihn verlassen hatte, um sich ausbilden zu lassen und dem Heer beizutreten. Am Anfang hatte er Jean noch Briefe geschrieben und Jeanhatte seine Zeilen begierig verschlungen, ihm jedes Mal in aller Ausführlichkeit geantwortet. Aber dann waren die Briefe seltener geworden, bis er irgendwann nichts mehr von Sebastien hörte.
    „Ich weiß nicht, wo du bist, mein Freund. Aber bald werden wir wieder vereint sein.“ Jean stellte sich auf seine Matratze, ging auf die Zehenspitzen und küsste das Antlitz seines Freundes. Sein Plan wurde immer konkreter. Vielleicht hätte er schon viel früher fortgehen sollen? Er würde Sebastien seine Gefühle gestehen. Ihm war klar, dass Sebastien ihn vielleicht auslachen, ihn schlimmstenfalls sogar fortjagen würde. Doch es gab auch die winzig kleine Chance, dass er ebenso empfand wie er. Und dann würden sie fortgehen. Irgendwo gemeinsam ein neues Leben beginnen. Fernab von all den Zwängen, die Vater ihm auferlegte.
    Und doch musste er plötzlich auch an Francoise denken. An ihren entsetzten Gesichtsausdruck, als er vor ihr geflohen war. Arme Francoise. Sie konnte nichts dafür. Vater war an allem Schuld. Immer wieder hatte er ihn zu einer Heirat gedrängt und ihm eine Kandidatin nach der anderen vorgestellt. Jean war der Hochzeit bisher nur entgangen, weil er im Erfinden von Ausreden begabt war. So war ihm Cecile de Fronée zu unscheinbar gewesen, Adeline d’Ontage zu füllig und Sabine de la Crusonette zu dürr. Sabinette de Foluttes Haare lösten Juckreiz aus und die geschuppte Haut auf Rosanne d’Orlonges Hand wollte er nicht einmal zur Begrüßung berühren, Geschweige denn mit den Lippen darüber gleiten.
    Vater hatte seine Bedenken immer akzeptiert und Jean war um die gefürchtete Bindung herumgekommen. Welch gerissener Zug, nun ausgerechnet die Jugendfreundin Francoise einzuladen, auf die Jean nie etwas Schlechtes kommen ließ, weil sie ihm, im Gegensatz zu all den anderen Mädchen, wirklich etwas bedeutete. Jean lachte leise. Sein Vater war in der Tat ein Fuchs.
    Der Plan hätte aufgehen können, wenn Jean nicht so genau wüsste, dass Francoise und er niemals glücklich miteinander würden. Sie würde leiden, weil er sie niemals mit der Leidenschaft würde lieben können, mit der er Sebastien liebte. Francoisehatte einen besseren Mann verdient, einen, der sie liebte, und den würde sie gewiss finden, war sie doch eine wahre Schönheit geworden.
    Jean warf einen letzten Blick zu Sebastien. „Ich werde dich finden, mein Freund.“

    „Sag mir, was ich tun soll, Gilbert.“
    „Ihr müsst mit ihm reden, Mademoiselle.“
    Das konspirative Treffen fand noch am selben Abend, an dem Jean sie auf so scheußliche Weise gedemütigt hatte, auf dem menschenleeren Flur im zweiten Stock des Westflügels von l’Aurore statt. Dort hatte sich Francoise mit dem Diener ihres Vaters, der ihr enger Vertrauter war, verabredet.
    Kälte kroch ihre Beine hinauf, doch Francoise, die nur ein luftiges Nachthemd trug, ignorierte sie, genau wie das Klappern ihrer Zähne. Es gab nun Wichtigeres als irgendwelche Befindlichkeiten.
    „Oh, Gilbert. Das hört sich so einfach an. Aber was soll ich ihm sagen? Er hat mich doch … so verletzt.“
    „Das, was Euch
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