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Phantom der Lüste

Phantom der Lüste

Titel: Phantom der Lüste
Autoren: Hanna Nowak
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rannten immer weiter und weiter. Schon bald war das Licht der Fackel nicht mehr zu sehen, aber das ließ sie nicht innehalten. Erst als sie auf den Suchtrupp stießen, der losgeschickt worden war, nachdem die Zofe die Kinder als vermisst gemeldet hatte, kamen sie zur Ruhe. Die Männer trugen die Wappen beider Familien und daran erkannte Francoise, dass sie ihnen vertrauen konnte.
    „Wir haben es gesehen … das Phantom … es existiert wirklich“, weinte Francoise.
    „Er sah schrecklich aus“, bestätigte Jean, und die Sorge im Gesicht des Hauptmanns war nicht zu übersehen.
    „Wir bringen euch nach Hause“, sagte er und blickte sich sorgsam um. Fast so, als fürchtete er, das Phantom könne sie aufspüren und ihnen folgen.
    Jean schüttelte amüsiert den Kopf. „Glaubst du etwa heute noch an das Phantom?“
    Seine Frage kränkte sie ein wenig. Natürlich tat sie das. Sie beide hatten es doch gesehen. Es war kein Traum gewesen, keine Einbildung. Es hatte vor ihnen gestanden und seine schauerliche Fratze offenbart.
    „Niemand hat es seitdem wieder gesehen, Francoise. Wir waren Kinder, hatten eine blühende Fantasie“, sagte Jean und streichelte beruhigend ihre Schulter.
    Sie ergriff seine Hand und hielt sie fest.
    „Kommt ihr, alle warten auf euch!“ Susettes Kopf lugte durch den Samtvorhang.
    „Auf uns?“ Jean lachte und schritt in den Saal zurück.
    Francoise folgte ihm. Die Gäste hatten sich um den Comte de Gavaine gesammelt, welcher sein Glas erhob und in ihre Richtung nickte, als er Francoise und Jean erblickte. Sie ahnte, was nun kommen würde, und griff noch einmal nach Jeans Hand. Der hielt sie fest, wie er es früher getan hatte. Er war so ein lieber Junge gewesen und sie glaubte, dass ihr Herz schondamals, als sie zusammen durch den Wald gestreift waren, für ihn geschlagen hatte.
    „Meine lieben Freunde, wie schön es ist, dass ihr so zahlreich erschienen seid, um diesen wunderbaren Abend mit uns zu feiern. Denn Grund dafür gibt es genug. Es ist mir eine außerordentliche Freude, hiermit die Verlobung von Francoise de Felou mit meinem Sohn Jean de Gavaine bekanntzugeben.“
    Jetzt war es raus. Alle Augen richteten sich auf sie. In Francoises Wangen kribbelte es ohne Unterlass. Doch sie war nicht nur aufgeregt, sondern auch glücklich, weil sie einen Mann heiraten durfte, der verständnis- und liebevoll war, der ihr ihre Freiheiten lassen würde. Die Gäste applaudierten, schlossen den Kreis um das junge Paar. Ihr Herz schlug schnell, drohte fast, zu zerspringen.
    „Du sagst ja gar nichts, Jean.“ Sie sah zu ihm und erschrak, denn er war so fahl wie sein Halstuch. „Sag nicht, du hast es nicht gewusst“, flüsterte sie erschüttert.
    Er ließ ihre Hand los und trat einen Schritt zurück. Schweiß perlte von seiner Stirn, er sah sich um, gleich einem Tier auf der Flucht vor den Jägern.
    „Jean …“
    Plötzlich wandte er sich um, drängte an den Gästen vorbei durch den Saal. Er war so schnell, dass sie ihn aus den Augen verlor. Der Applaus verhallte. Verwirrung machte sich breit. Bedauernde Blicke trafen sie von allen Seiten.
    Der Comte ergriff erneut das Wort. „Offenbar ist meinem Sohn nicht wohl. Es grassiert zurzeit die Grippe.“

    Jean fühlte sich verraten.
    Warum hatten sie ihm nichts gesagt? Eine Hochzeit! Gott bewahre. Er wollte nicht heiraten. Aber Vater spekulierte auf einen Erben. Nervös lief Jean durch sein Zimmer. Was sollte er jetzt tun?
    Immer wieder blieb sein Blick auf dem Landschaftsgemälde über seinem Bett haften, auf dessen Rückseite sich sein kleines Geheimnis befand, jene Erinnerung, die ihm so manche Nachtversüßt hatte. Er drehte es um und betrachtete den wunderschönen nackten Männerkörper, der so starke Sehnsüchte in ihm weckte, dass sich seine Hose erneut mit Leben füllte. Sebastien war so schön. Die dunklen Haare, die braunen Augen. Und während er ihn betrachtete, kam ihm die Idee! Natürlich. Sie war so naheliegend. Er musste Sebastien finden, sich ebenfalls dem königlichen Heer anschließen. Er hatte zwar keine Ausbildung, doch er konnte kämpfen, hatte es oft getan, im Spiel gegen seinen Vater oder Sebastien, mit den Holzschwertern, die nur für ihn angefertigt worden waren.
    Oh Sebastien. Jean wünschte, sein guter Freund hätte die Zeichen und Andeutungen verstanden, die Jean ihm immer wieder gesandt hatte. Damals im Stall, als Sebastien ihm seinen teuren Hengst gezeigt hatte. Es war ein schönes Tier gewesen und Jean hatte mit Hingabe
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