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Phantom der Lüste

Phantom der Lüste

Titel: Phantom der Lüste
Autoren: Hanna Nowak
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Francoise nahm neben ihm Platz. Kurz legte sie ihre Hand auf sein Bein, als wollte sie ihm Mut machen. Dann faltete sie die Hände vor sich auf dem Tisch. Seit sie den Kerker verlassen hatten, waren vier Stunden vergangen und Jean war mehr als gespannt, zu welchem Ergebnis diese Verhandlungen geführt hatten.
    „Ihr seid Euch der Schwere Eurer Bekenntnisse bewusst?“, fragte der Vicomte de Felou.
    Sie beide nickten wie eine Person.
    „Derlei Affären, oder wie immer man es nennen mag, sind nicht nur verpönt, sie sind auch gegen das Gesetz. Eine Heirat oder ein offizielles Zusammenleben mit euren Gefährten ist nicht möglich.“
    Jean biss sich auf die Unterlippe. Er wusste das alles. Mit seiner Entscheidung verzichtete er auf Thron und Regentschaft.
    „Ihr wäret dazu verdammt“, fuhr der Vicomte fort, „diese Liebe immer im Geheimen zu führen. Ich hoffe, euch ist bewusst, was das bedeutet.“
    „Natürlich.“ Aber es war Jean egal. Er wollte nur bei Enjolras sein. Koste es, was es wolle. Er hätte jeden Preis gezahlt. Und er war sicher, Francoise ging es genauso.
    „Na schön. Wir haben euch einen Vorschlag zu machen.“
    Jean und Francoise blickten sich verwirrt an.
    „Die Hochzeit findet wie ursprünglich geplant statt“, sagte der Vicomte. „Ihr werdet getraut und es wird ein pompöses Fest veranstaltet. Nach außen hin werdet ihr ein vorbildliches Ehepaar sein, Kinder bekommen, uns einen Erben schenken.“ Jean wollte protestieren, doch der Vicomte ließ ihn nicht zu Wort kommen. „Dies ist nicht nur unser Wunsch, sondern auch euer Schutz.“
    Allmählich verstand er, worauf die Familien hinauswollten.
    „Wer tatsächlich in euren Schlafgemächern ein und ausgeht, bleibt euch überlassen.“
    Francoise schüttelte den Kopf. „Ich verstehe nicht recht. Heißt das, dass ihr unsere Beziehungen duldet?“
    Ein gütiges Lächeln trat auf das Gesicht des Vicomte und in den Augen seines Vaters sah Jean dieselbe Milde. „Wir lieben euch. Auch wenn wir nicht alles gutheißen, was ihr tut, so wollen wir doch, dass ihr glücklich werdet.“
    Jean war sich der Großzügigkeit dieser Worte bewusst, die mitnichten Selbstverständlichkeit waren. Andere Adlige hätten ihre Söhne und Töchter unter diesen Umständen verstoßen. Ihm wurde klar, dass sein Vater ihn liebte. Immer geliebt hatte. Seine Augen brannten vor Rührung.
    „Seid ihr damit einverstanden?“, fragte Maman.
    Jean sah zu Francoise und nickte. „Ich bin es, wenn du es auch bist?“
    „Ja, mein lieber Jean. Ich konnte mir immer nur dich als Ehemann vorstellen. Und Katrine als meine Gefährtin.“
    „Dann soll es so sein!“, entschied der Comte de Gavaine und löste die Versammlung auf.
    Jean wartete bis die anderen den Konferenzsaal verlassen hatten, dann wandte er sich an Sebastien, der nun am Fenster stand und über den Wald blickte.
    „Was wirst du nun tun?“, fragte Jean.
    Sebastien drehte sich zu ihm um und er sah wunderschön aus. Seine Haare leuchteten förmlich und sein Gesicht war so eben wie das einer Statue. Und Jean wusste wieder, warum er Sebastien einst so sehr begehrt hatte.
    „Ich kehre zu meiner Frau und meinen Söhnen zurück. Und in die Dienste seiner Majestät.“
    „Was ist mit Enjolras? Wirst du ihn ausliefern?“
    Sebastien schüttelte den Kopf. „Ich kenne nun seine Geschichte. Ihm wurde großes Unrecht angetan. Es tut mir leid. Bitte sag ihm das. Ich werde keine weiteren Schritte unternehmen.“
    Jean war regelrecht sprachlos.
    „Vater hat recht“, fuhr Sebastien fort. „Auch mir ist es wichtig, dass meine Schwester und du glücklich werden.“ Ein sanftes Lächeln umspielte seine Lippen.
    Jean war erstaunt. Er hatte geglaubt, seinen alten Freund Sebastien für immer verloren zu haben und das an seine Stelle ein übler Intrigant getreten war, der, wenn es sein musste, auch über Leichen ging.
    „Ich schreibe in meinen Bericht, dass Louis Lamont kurz nach seiner Gefangennahme an einer schweren Erkrankung verstarb. Ihr habt von jetzt an nichts mehr von seiner Majestät zu befürchten.“
    „Danke“, flüsterte Jean ergriffen und trat auf seinen Freund zu, schloss ihn in die Arme und Sebastien erwiderte die Geste.
    „Alles Gute, mein Freund.“
    „Für dich auch, Sebastien.“

    Eine Woche später, gleich nach der Trauung, fand die große Feier in l’Aurore statt. Alles was Rang und Namen hatte war gekommen, um dem Brautpaar zu gratulieren. Blumensträuße und teure Geschenke wurden
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