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Pforten der Nacht

Titel: Pforten der Nacht
Autoren: Brigitte Riebe
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Flagellanten von Ort zu Ort, von Stadt zu Stadt, ungestüme, ekstatische Haufen Heimatloser, die sich öffentlich geißelten und schon bald von frommen Büßern zu wilden, unkontrollierbaren Haufen religiös Entfesselter geworden waren. Das Resultat: Noch bevor die Seuche die Stadt erreichte, manchmal wochen-, ja monatelang vorher, kam es überall in Europa zu grausamen Pogromen gegen die Juden.
    In Köln plünderte und brandschatzte die aufgebrachte Bevölkerung in der Bartholomäusnacht, dem 24. August 1349, das Judenviertel, das größte aller deutschen Gettos, in dem damals etwa 750 jüdische Einwohner lebten. Vier Rabbiner und ihre Familien gehörten zu ihren Opfern. Weil man Schätze vermutete, wurde die Synagoge nicht nur dem Erdboden gleichgemacht, sondern sogar der Boden, auf dem sie gestanden hatte, aufgegraben. Viele Juden verbrannten sich in ihren Häusern, weil sie nicht zwangsgetauft werden wollten; wer nicht rechtzeitig geflohen war, kam in den Flammen ums Leben, die schnell auf die restliche Stadt übergriffen und das Rathaus ebenfalls in Brand setzten.
    Das gesamte Gut der ermordeten oder vertriebenen Juden wurde 1351 ganz offiziell dem Erzbischof von Köln zugesprochen. Jahrzehntelang durften keine Juden mehr in der Stadt leben. Schließlich verbat ihnen ein städtisches Dekret von 1427 sogar, innerhalb der Stadtmauern zu übernachten.
    Bis zum 18. Jahrhundert blieb die Stadt Köln »judenfrei«.
VIII
    Was ist »erfunden«? Was historisch bezeugt?
    Keine der Figuren dieses Romans hat tatsächlich gelebt - mit Ausnahme der Kaiser Ludwig der Bayer und Karl IV., die in dieser Geschichte den auftretenden Personen so fern sind wie vermutlich im wirklichen Mittelalter auch. Und natürlich mit Ausnahme der Erzbischöfe Walram von Jülich und Wilhelm von Gennep, über deren Beurteilung sich die Historiker in wunderbarer Weise uneins sind.
    Alle anderen sind Prototypen ihrer Zeit, eingebettet in eine gewissenhafte Recherche über Lebens- und Arbeitsbedingungen dieser Zeit, die sich von den heutigen so stark unterscheiden, dass man mit Barbara Tuchman »fast von einer fremden Zivilisation« sprechen könnte. Natürlich hat bei aller historischen Detailtreue bei dieser ausgiebigen Reise in das 14. Jahrhundert für mich auch die Fantasie eine große Rolle gespielt.
    Oder um Oscar Wilde zu zitieren:
    »Ausführlich zu schildern, was sich niemals ereignet hat, ist nicht nur die Aufgabe des Geschichtsschreibers, sondern auch das unveräußerliche Recht jedes Kulturmenschen.«

Danksagung
    Die wertvollste Mithilfe an diesem Roman leistete der junge Münchner Historiker Michael Behrendt, der während der mehrjährigen Entstehungszeit umfangreiche Bibliotheks-, Recherche- und Kopierdienste übernahm. Ohne seine freundliche, immer gelassene und auch im größten Stress noch liebenswürdige Unterstützung hätten die enormen Quellen- und Literaturarbeiten, die für dieses Projekt notwendig waren, niemals termingerecht erledigt werden können. Ein Dankeschön auch an seine Kollegin Hannelore Putz, die in »Notzeiten« für ihn einsprang. An Dr. Ludwig Mayer, der mich gerade in den Anfängen mit medizinischer Spezialliteratur über Krankheiten im Mittelalter versorgt hat. An Dr. Klaus Renz, der mich mit wertvollem Kartenmaterial über das Alte Köln versorgte. Und, last not least, an den Optiker und Uhrmachermeister Karl Ruf, der mir nicht nur wichtige Fachbücher lieh, sondern mir auch noch seine wunderbare alte Räderuhr als Anschauung zur Verfügung stellte. Bedanken möchte ich mich außerdem bei Dr. Constanze Seijo, Christine Stecher und Marie Senftleben, den eifrigen Erstleserinnen, deren liebevoll engagierter Kritik ich eine Menge an Anregungen für den Text und die Figuren entnehmen konnte.
    Und schließlich geht mein ganz besonderer Dank an meinen Lebensgefährten, meine Familie, an all meine Freunde und Bekannten, die über einen langen Zeitraum mit Geduld, Verständnis und Zuneigung meine Abwesenheit im 14. Jahrhundert ertragen haben.

Personen des Romans

Glossar
    Adonaj
jüdischer Gottesname (im Gebet verwendet)
Alaun
Bindemittel zum Färben
Barchent
minderwertiger Stoff aus Wollresten
Bar Mizwa
hebr. »Gesetzespflichtiger«: Bezeichnung für einen Jungen mit Vollendung des 13. Lebensjahrs, der damit am öffentlichen religiösen Leben teilnehmen kann
Begarden
fromme Männer, die als Gemeinschaft leben oder predigend herumziehen
Beginen
fromme Frauen, die als Laien in quasi klösterlichen Zusammenschlüssen
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