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Toedlicher Gesang

Toedlicher Gesang

Titel: Toedlicher Gesang
Autoren: Sonja Planitz
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Prolog
     
    Es war Nacht. Am Strand rollten die
Wellen sanft ans Ufer und zurück oder brachen leise rauschend an den Klippen.
Es war Vollmond. In der Ferne sah man die Umrisse des Internats. Es war ein
Internat für Kinder und Jugendliche reicher Eltern. Die nächstgrößere Stadt war
Kapstadt, aber dahin war es ein weiter Weg. Sonst war nur ein kleines Dorf in
der Nähe, weit in der Ferne konnte man schwaches Licht von dort erkennen. Aus
Richtung des Internats kamen in dieser ruhigen sternenklaren Nacht zwei Mädchen
angeschlichen. Ihre Namen waren Emily Neumann und Dascha Maria Kaiser,
Schülerinnen der zehnten Klasse. „Na hoffentlich guckt die alte Virgo nicht aus
dem Fenster“, flüsterte Emily Dascha zu und deutete auf das Haus auf einer der
Klippen. Emily war ein kleines, schlankes Mädchen mit wirren blonden Haaren und
großen grünen Augen, die stets neugierig funkelten. Ihr kurzes grünes Kleid
flatterte leicht im Wind. Dascha war optisch eher das Gegenteil ihrer Freundin;
kurzes braunes Haar, auffällig so gestylt, dass es ihr linkes Auge verdeckte.
Ihre Augen waren dunkelblau. Von der Figur her war sie deutlich rundlicher als
Emily, jedoch noch nicht dick. Sie trug rote, weit geschnittene Klamotten, die
ebenfalls im Wind flatterten. Misstrauisch schaute sie zu dem Haus auf der
Klippe. Unter dieser Klippe lag das Ziel der beiden Mädchen; ein altes
Schiffswrack. Keiner wusste, wie lange es dort schon lag, es war vermodert und
mit Algen und Moos bewachsen. Das Innere war jedoch noch so gut erhalten, dass
man nicht einbrach. „Sieht alles ruhig aus da oben. Ich glaube, die schlafen“,
antwortete Dascha. In dem Haus auf der Klippe wohnten Lilith und Cindy Virgo,
Mutter und Tochter. Lilith Virgo war eine Meeresbiologin, die im Internat
Vorträge hielt. Manchmal holte sie auch Schüler ab und ging mit ihnen auf Erkundungstour.
Sie wohnte mit ihrer Tochter Cindy alleine dort. Cindy war eine Klasse unter
Dascha und Emily und galt als Freak. Nachdem sie eine Weile beobachtet hatten,
dass es in dem Haus auch dunkel blieb, gingen sie zu dem Wrack und kletterten
hinein. Emily und Dascha hatten einen Raum an Deck in der Nähe des Steuerrades.
 Es hing schief in seiner Halterung und knarrte bei heftigeren Windstößen
unheimlich. Emily zerrte kurz an der Tür, in die die Initialen D+E geritzt
waren. Auch die anderen Räume „gehörten“ Schülern. Einen Raum auf diesem Wrack
zu haben, war eine Art Sport unter den Schülern. Die Tür hing leicht schief in
den Angeln, Emily musste eine Weile ziehen und rütteln, bis sie endlich mit
einem Ruck aufsprang. Die beiden Mädchen traten ein. Möbel gab es hier keine
mehr und auch die Fensterscheiben waren längst herausgebrochen. Sie hatten sich
aber aus alten Kisten eine kleine Bank gebaut, die so positioniert war, dass
sie problemlos sowohl den Strand, das Haus, das Internat und auch das Meer im
Blick hatten.  Jedes der Mädchen holte aus den Rücksäcken, die sie dabei
hatten, ein Kissen, legte es auf die Bank und setzte sich darauf. Anschließend
holten sie Zigaretten und jeweils ein Bier heraus, rauchten und tranken jede
einen Schluck und beobachteten bedächtig, wie sich das Mondlicht im Meer
spiegelte.
    Nach einer Weile, die die beiden
einfach nur dagesessen und dem Meer gelauscht hatten, hörten sie auf einmal
laute Stimmen vom Strand. Genervt verdrehte Dascha die Augen. „Müssen die
Idioten so laut sein? Die wecken noch die Virgos auf“, meckerte sie und schaute
aus dem Loch, wo einmal ein Fenster war. Auch Emily schaute neugierig nach
draußen. Was sich da so lautstark näherte, waren zwei ihrer Klassenkameraden,
Phillip und Marc. Da die beiden scheinbar nur Shorts trugen, wollten sie wohl
eine Runde im Meer baden gehen. Kichernd beobachtete Emily die beiden Jungs,
während sich Dascha wieder gemütlich zurücklehnte. Der einzige Junge, der Platz
in ihrem Kopf hatte, war ihr Mitschüler Kyle Magna, in den sie unsterblich verliebt
war. Lächelnd stellte sie sich vor, wie er sich nur mit Shorts bekleidet ins
Meer stürzte und umherschwamm. Wie seine blonden nassen Haare an seinem Kopf
kleben würden, seine großen braunen Augen sie freundlich dazu auffordern, zu
ihm zu kommen. Grade als sie sich vorstellte, wie sie und er im Meer schwimmen
würden, rüttelte Emily an ihrer Schulter. Verwirrt schaute Dascha sie an. „Was
denn? Ich war grad so schön am Träumen“, sagte sie vorwurfsvoll, doch Emily gab
ihr ein Zeichen leise zu sein und zu lauschen. Erst
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