Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Pesch, Helmut W.

Pesch, Helmut W.

Titel: Pesch, Helmut W.
Autoren: Die Kinder der Nibelungen
Vom Netzwerk:
Angst überkam ihn. Wenn sich diese Kerle hier noch rumtrieben …?
    »Wir lassen sie hier«, bestimmte Gunhild. »Wir können morgen mit Vati hierher fahren, um die Dinger zu holen – oder besser, was davon noch übrig ist. Die Reste mitzuschleppen, hält uns bloß auf.«
    »Also, auf geht’s. Welche Richtung?«, fragte Hagen, der sich ein wenig unsicher umsah. Er fühlte sich beobachtet, konnte aber nicht sagen, von wo. Auch ihn beschlich Furcht, und er würde heilfroh sein, wenn sie hier wegkämen.
    »Auf jeden Fall wieder runter und am Brunnen vorbei«, meinte Siggi. »Dann weiß ich es nicht so genau, aber es muss Hinweisschilder geben.«
    »Worauf warten wir noch?«, fragte Gunhild, die nach außen hin unbeeindruckt wirkte; aber auch ihr war es unheimlich zumute. Sie verbarg es nur am besten.

    So kletterten sie den Hang wieder hinunter. Die Gespräche waren verstummt. Jeder von ihnen hing seinen eigenen Gedanken nach, und alle drei versuchten auch, so unauffällig wie möglich die Gegend im Auge zu behalten. Aber noch war Hagen der Einzige, der fühlte, dass sie beobachtet wurden. Jemand – oder etwas – schien auf sie zu lauern, schien sie im Auge zu behalten, dass sie nicht mehr entkommen konnten.
    Hagen fröstelte, trotz der Gewitterschwüle. Ungewollt lief er schneller.
    Sie alle waren so bemüht, die eigene Angst vor den anderen zu verbergen, dass sie die Furcht der Gefährten gar nicht bemerkten.
    So kamen alle drei schweigend auf dem Weg unten an. Die Unbe-schwertheit, die anfangs auf ihrem Ausflug geherrscht hatte, war verflogen.
    Das Gewitter rückte immer näher. Die Luft war schwer wie Blei, und der Nebel begann sich zu verdichten. Jedes der drei Kinder fürchtete die Minute, da die Nebelschwaden sich zu einer einzigen grauen Masse zusammenziehen und ihnen die Sicht nehmen könnten. In diesem grauen Wattedunst konnte sich alles verbergen, und das war es, was ihnen Angst machte: das Unbekannte, das Nicht-greifbare, das Unerklärliche.
    Unbewusst beschleunigten sie ihre Schritte. Die dunklen Wolken sorgten dafür, dass nicht nur der Nebel aufzog, sondern auch die Sonne verborgen war, sodass es nun weit vor der Zeit zu dämmern begann. Zusätzlich wurde das Licht noch durch die mächtigen Baumkronen gedämpft, die den Weg überdachten. Das Zwielicht wuchs und damit auch die Angst.
    Sie kamen an die Abzweigung, die zum Brunnen führte, aber gingen daran vorbei, ohne einen Gedanken darauf zu verschwenden.
    Sie schwiegen immer noch, weil jeder viel zu sehr damit beschäftigt war, die eigene aufkeimende Angst zu bekämpfen, zu verhindern, dass der Samen der Furcht aufging.

    Schließlich war es Hagen, der das Schweigen brach. Er konnte seinen Verdacht nicht mehr für sich behalten. Stolz hin oder her, es war besser, darüber zu reden.
    »Hört mal«, begann er vorsichtig. »Ich habe das Gefühl, dass uns jemand beobachtet.«
    Siggi und Gunhild sahen Hagen an, ohne im Laufen einzuhalten.
    Dann blickten sie sich automatisch um, konnten aber nichts entdecken – was nichts heißen wollte, denn die Bäume verschwammen im Nebel, und dunkler wurde es auch. Das Zwielicht konnte den Augen leicht einen Streich spielen.
    Irgendwo knackte ein Ast.
    »Was – was war das?«, fragte Siggi, und er bemühte sich nicht einmal, seine Stimme furchtlos und unerschrocken klingen zu lassen.
    »Da war doch ein Geräusch.«
    Ein Blitz leuchtete für einen Moment durch die Baumkronen und tauchte den Wald und das dichte Unterholz in ein unwirkliches Licht. Augenblicke später grollte der Donner, schon bedeu-tend näher als zuletzt.
    »Ich glaube, da ist jemand, der uns verfolgt«, sagte Hagen noch mal. Auch seine Stimme hatte an Festigkeit verloren. »Ich spüre es schon die ganze Zeit, seit wir den Rastplatz verlassen haben. Da ist einer hinter uns.«
    »Ach was«, sagte Gunhild. Wenigstens sie versuchte noch, sich nicht einschüchtern zu lassen. »Die Typen, die unsere Räder demoliert haben, würden uns doch nicht nachschleichen. So wie die sich aufgeführt haben, hätten wir es gleich mit denen zu tun gekriegt.«
    »Aber das Geräusch …?«, wagte Siggi einzuwerfen.
    »Das war bestimmt ein Tier«, entgegnete Gunhild, wobei sie keineswegs selbst überzeugt war von dem, was sie als Begründung anbot. Sie erinnerte sich plötzlich an den Donnerschlag am Brunnen; auch der war nicht zu erklären gewesen …
    »Aber ich bin mir sicher«, sagte Hagen. »Da ist wer.«

    »Solange er uns nur beobachtet, geht es noch. Außerdem
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher