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Pesch, Helmut W.

Pesch, Helmut W.

Titel: Pesch, Helmut W.
Autoren: Die Kinder der Nibelungen
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sind wir zu dritt«, entgegnete Gunhild.
    Das Mädchen entdeckte einen Stock am Wegrand und nahm ihn auf. Es war ein abgebrochener Ast einer Eiche.
    »Sucht euch auch einen Knüppel«, sagte sie. »Den könnt ihr auch als Wanderstab benutzen.«
    Die Jungen sahen sich um, und sie fanden auch jeweils einen massiven Stock, den sie als Waffe einsetzen konnten.
    »Weiter jetzt«, kommandierte Gunhild. »Das Gewitter rückt nä-
    her.«
    Als ob der Himmel ihre Worte bestätigen wollte, zuckte wieder ein Blitz über den Himmel, unmittelbar gefolgt von einem Donnerschlag.
    Sie rannten weiter. Der Weg schien sich ewig lang hinzuziehen.
    Der immer dichter werdende Nebel, die einsetzende Dunkelheit und der düstere Wald schienen Hagen jede Orientierung unmöglich zu machen. Er sah sich immer wieder um; denn es war, als bohrten sich Blicke in seinen Nacken.
    »Wisst ihr noch, wo es lang geht?«, fragte er besorgt.
    »Na klar«, entgegnete Gunhild. »Wir müssen diesen Weg noch ein Stück folgen, dann kommt eine Abzweigung; auf der geht es dann weiter nach unten.«
    Siggi war sich nicht so sicher. Der Waldgasthof war ein Ziel für Wanderer und Touristen. In diesen Teil des Waldes kamen Gunhild und er selten, und innerlich verfluchte er sich dafür, den Vorschlag mit dem Gasthof gemacht zu haben. Aber alles Gejammer half nun nicht mehr. Sie mussten sich auf Gunhilds Orientierungssinn verlassen.
    Auch Gunhild war sich längst nicht mehr sicher, ob sie auf dem richtigen Weg waren. Alles war so verzerrt, und es wurde immer ne-beliger und gespenstischer, und wenn nicht ein Blitz Licht spende-te, war die ganze Welt in ein ungewisses Dämmerlicht gehüllt, das ihr mehr zu schaffen machte, als sie zugeben wollte.
    »Weiter geht’s, Jungs«, munterte sie ihre beiden Gefährten auf.
    »Wir können noch trocken zum Gasthof kommen. Es scheint, das Gewitter bleibt an einem der Berge hängen.«
    Gunhild hatte richtig beobachtet. Blitz und Donner kam nicht näher. Auch der Regen hatte noch nicht eingesetzt. Nur der Nebel wurde immer noch stärker.
    Sie packten ihre Stöcke, die im Moment als Wanderstäbe dienten, fester und hasteten weiter den Weg entlang.
    Dann stießen sie auf eine Abzweigung und blieben stehen. Nach rechts führte ein weniger gut ausgebauter, schmaler Weg. Das Unterholz und die Bäume reichten bis an die Ränder des Weges; die Baumkronen bildeten quasi ein Dach, sodass kaum Licht auf den Boden fiel. Siggi fiel gleich der Vergleich mit einem Tunnel ein.
    Am Wegweiser hingen die leeren Haken. Kein Schild zeigte die Richtung an. Gunhild blieb stehen und versuchte, sich daran zu erinnern, ob der Weg sie zum Waldgasthof brachte oder in eine andere Richtung führte.
    »Ist das der Weg, den wir gehen müssen?«, fragte Hagen.
    »Sieht unheimlich aus. Ich glaub’ nicht, dass das der richtige ist«, mischte sich Siggi ein. »Ich glaube, wir müssen noch weiter und dann nach rechts.«
    Gunhild antwortete nicht sofort. Sie versuchte, sich zu erinnern.
    Eine innere Stimme sagte ihr, dass dies der Weg war, dem sie folgen mussten. Aber sie war sich nicht sicher.
    »Wohin also?«, fragte Hagen drängend.
    Gunhild sah ihn an. Das Licht eines Blitzes erhellte sein Gesicht, und Gunhild erschrak. Sie meinte, in eine verzerrte Fratze zu blicken. Aber so schnell der Eindruck gekommen war, so schnell verschwand er auch wieder. Es war wohl doch nur das Licht; denn als der Schein verblasst war, sah Hagens Gesicht so aus wie immer.
    »Rechts. Ich bin mir sicher, Vati hat gesagt, das wäre eine Abkürzung«, sagte sie und versuchte dabei ihre Stimme bestimmt und klar klingen zu lassen. Doch Siggi kannte seine Schwester gut genug, um die Zweifel darin zu hören. Er sagte aber nichts, da er selbst nicht weiter wusste.
    »Na dann, auf geht’s«, ließ sich Hagen vernehmen, der von Gunhilds Unsicherheit nichts bemerkt zu haben schien.
    Die drei Kinder bogen in den schmalen Weg ein, auf dem Gräser wuchsen und der offensichtlich selten benutzt wurde. Immerhin war der Nebel auf diesen Pfad dünner; denn die Bäume hielten ihn zurück. Dafür war es hier dunkler, da die Baumkronen das spärliche Licht noch weiter dämpften. Es war fast wie in einer Vollmond-nacht, wie Gunhild bei sich dachte. Das Licht war ungewiss, und die Schattenspiele von Ästen, Zweigen und Unterholz waren verwirrend; sie vermied den Begriff Angst.
    Der Weg führte leicht bergab, stellte Siggi fest, und er wusste, dass der Waldgasthof weiter unten lag, also konnte der Pfad nicht
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