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Perth

Perth

Titel: Perth
Autoren: Peter Martin
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getaucht, und die Bäume zeigten die ersten Anzeichen ihrer Herbstfärbung. Perth stand mit uns am Ufer, schnüffelte mit großen Augen in die Luft und nahm mit allen Sinnen die Eindrücke ihres neuen Lebens auf.
    »Lass uns geloben, dass wir nie an einem Ort leben werden, an dem wir sie anbinden müssen«, sagte ich, während ich sie ansah. »Sie soll immer frei herumrennen können, denn Beagles rennen wirklich viel. Ich habe gehört, dass sie an einem Wochenende bis zu sechshundert Kilometer zurücklegen können, wenn sie Kaninchen und andere Tiere jagen. Sie sehen nicht besonders kräftig aus, aber in ihren geschmeidigen Muskeln steckt viel Kraft. Von ihrer großen Lungenkapazität ganz, zu schweigen. Sie werden offensichtlich nie müde.
    Das Thema Freiheit spielte in unserem Leben eine wichtige Rolle. Schon bevor Cindy und ich heirateten, wussten wir, wie wir nicht leben wollten. Keiner von uns beiden wollte einen Bürojob. Auch das Geld sollte bei keiner unserer Entscheidungen eine übergeordnete Rolle spielen. So lange wir unser Auskommen hatten, bevorzugten wir einen Lebensstil, der uns genug Zeit und Raum ließ. War das Leben nicht vergeudet, wenn man es stumpfsinnig und in ständiger Wiederholung in beengten Räumen verbrachte, Tag für Tag, Jahr für Jahr, und die illusionären, konventionellen Annehmlichkeiten des finanziellen Erfolgs anstrebte? Mit Geld konnte man vieles kaufen, aber konnte es auch Zeit produzieren, die Zeit, irgendwohin zu fahren und etwas zu sehen?
    »Es wäre kriminell, sie jemals anzubinden«, sagte Cindy. »Wir haben sie ausgewählt, weil sie sich uns ausgesucht hat. Meinst du, sie wollte zu uns, weil wir nicht aussehen wie Menschen, die ihren Hund anbinden würden ?«
    »Es könnte sein. Es ist gut, das zu denken. Wollen wir nicht genau so einen Hund haben, der so frei sein wird, wie wir es gerne sein wollen ?«
    »Manche Menschen werden denken, dass es unverantwortlich von uns ist, sie nie anzubinden«, antwortete Cindy. »>Warum haben die ihren Hund nicht an der Leine, wie es sich gehört ?< , werden sie sich fragen. Außerdem wird es heißen, dass wir uns nicht um ihre Sicherheit kümmern — sie könnte schließlich überfahren werden oder sich verirren .«
    »Irgendwas an Perth sagt mir, dass wir eine Menge Probleme bekommen werden, wenn wir sie jemals anbinden, in einen Raum einsperren oder sie sonst irgendwie einschränken. Ich glaube jedenfalls nicht, dass wir sie einer Gefahr aussetzen, wenn wir sie frei laufen lassen .«
    »Warum nicht?«
    »Wenn man einen Hund auf das Leben vorbereitet, das man sich für ihn vorstellt, wird er in der Lage sein, mit diesem Leben umzugehen, genauso wie ein Kind. Ich glaube nicht, dass ein Hund an der Leine selbstständig denkt wie einer, der frei läuft. Es ist, als würde man einen Teil seines Gehirns abschalten. Wenn Perth frei herumläuft, wird sie aufmerksamer und mehr im Einklang mit ihren Instinkten sein. Sie wird sich vor Fremden, die ihr vielleicht etwas zuleide tun wollen, in Acht nehmen und sie wird in der Lage sein, sich zu orientieren. Es ist also eher unwahrscheinlich, dass sie sich verläuft oder dass sie überfahren wird .«
    »Das hoffe ich«, sagte Cindy wehmütig.
    »Und sie wird außerdem anhänglich sein, wenn wir sie gerade nicht an uns ketten; sie wird zu uns kommen, wenn sie es gerne möchte. Wir werden sie nicht mit Liebe ersticken .«
    »Es wird jedenfalls sehr viel mehr Spaß machen, einen freien und abenteuerlustigen Hund zu haben .«
    »Sie wird so sein, wie wir selbst gerne sein möchten .«
    »Komm«, rief Cindy, »lass uns schwimmen gehen, während sie ihre schöne neue Welt erkundet! Viele warme Tage wie heute wird es nicht mehr geben .«
    »Oder noch besser, lass uns mit dem Boot rausfahren und in der Mitte des Sees schwimmen.«
    Das taten wir oft. Von dort hatten wir einen schönen Blick auf das Ufer, und außerdem war die Luft noch etwas frischer da draußen. Perth war in den Wald gelaufen und schnupperte an dem Laub des letzten Herbstes. Ohne großes Theater ließen wir sie einfach machen, was sie gerade tat, und paddelten durch das frühmorgendliche, glitzernde Wasser ungefähr bis zur Hälfte des Sees hinaus. Man hörte keine anderen Geräusche als das Gezwitscher der Vögel.
    »Ich wünschte, wir müssten nie fort und könnten für immer hier bleiben«, flüsterte Cindy nach ein paar Minuten. Sie sah einen Moment betrübt aus, als sie plötzlich daran dachte, dass ich nächsten Sommer meine
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