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Perth

Perth

Titel: Perth
Autoren: Peter Martin
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Doktorarbeit abgeschlossen haben würde und eine Stelle als Lehrer an einer Universität suchen musste, irgendwo weit weg von diesem Paradies am See, inmitten der sanft getönten Hügel.
    »Wir sind jetzt ungefähr in der Mitte«, sagte ich. Ich verstaute die Paddel im Kanu und blickte zurück zum Ufer. »Von Perth ist nichts zu sehen; vielleicht steckt sie mittlerweile schon in einem Kaninchenbau .« Ich musste die Augen zusammenkneifen, da das Wasser die blendende Sonne mit unzähligen tanzenden, hellen Lichtern reflektierte.
    »Du zuerst«, sagte ich. Cindy ließ ihren geschmeidigen sonnengebräunten Körper ins kühle Wasser gleiten. Ich folgte ihr. Wir schwammen ums Boot herum, tauchten darunter hindurch und ließen uns faul auf dem Rücken treiben. Als ich nach einer halben Stunde ins Boot zurückkletterte, hörte ich ein Prusten und Schnaufen hinter mir. Ich drehte mich um, und da war Perth!
    »Ich glaube es nicht«, rief ich. Cindy, die bereits im Kanu döste, sprang auf und hätte das Boot beinahe zum Kentern gebracht.
    »Was ist los ?« , fragte sie.
    »Es ist unglaublich. Wir sind nicht alleine. Was für ein Tier! Es ist Perth. Sie ist die ganze Strecke bis hierher geschwommen. Wie wunderbar!«
    Cindy beugte sich über den Kanurand, fasste Perth fest unter ihren Vorderbeinen und hob sie hinein. Sie schüttelte sich, bellte mich kurz an, als ich mich seitlich am Kanu festhielt, und lief zum Bug, wo sie Posten auf dem Vordersitz bezog und ihren Blick über den See schweifen ließ. Sie machte überhaupt kein Theater. Sie winselte nicht und wedelte auch nicht endlos mit dem Schwanz. Es war, als habe sie sich als Mitglied eines neuen Triumvirats behauptet. Ich kletterte wieder ins Kanu und mit Perth am Bug paddelten wir langsam zum Ufer zurück. »Ich hätte nicht gedacht, dass ein so kleiner Hund so weit schwimmen kann«, war alles, was Cindy sich zu sagen erlaubte. Ich paddelte nur und betrachtete dabei die Hinterseite von Perths braunem hoch erhobenen Kopf.
    Die nächsten Tage verbrachten wir damit, uns kennen zu lernen und durch die Wälder und Wiesen entlang des Sees zu wandern — Perth war mit Übereifer bei der Sache. Überall spürte sie Fährten auf, bellte freudig los und streunte weit entfernt von uns herum. Aber sie wusste stets genau, wo wir waren. Sie verhielt sich nicht im Geringsten wie ein Welpe, der vom Bauch seiner Mutter direkt in einen Käfig gelangt und erst vor einem Tag von dort in eine neue Existenz entlassen worden war. Außer wenn sie mit dem Nachbarshund spielte, einem riesigen Bernhardiner namens Frederick.
    Frederick war das genaue Gegenteil von Perth: Er war groß, langsam, berechenbar, sabberte grundsätzlich alles und jeden voll und hatte ein überaus dichtes, langes Fell. Außerdem war er extrem liebesbedürftig. Die beiden Hunde begegneten sich häufig. Man wusste es sofort, wenn sie zusammen gewesen waren, da Perths Kopf dann jedes Mal patschnass von Fredericks Speichel war, wenn sie nach Hause kam. Frederick sah so aus, als könnte er Perth mit einem Bissen verschlingen, aber tat nie etwas Gefährliches. Er nahm Perths Kopf lediglich spielerisch in sein weit geöffnetes Maul. Wenn die beiden dann auf dem Boden herumrollten, ergoss sich sein Speichel wie ein warmer Wasserfall über Perth. Fredericks Zähne hinterließen dabei nie auch nur den kleinsten Kratzer auf dem Welpen. Dieser rächte sich, indem er etwa zehn Meter Anlauf nahm, mit Karacho auf den Bernhardiner zurannte und sich mit voller Wucht gegen seine Seite oder seine Brust knallen ließ. Dabei prallte er ab und wiederholte sofort seine Attacke. Frederick spürte es kaum und sabberte lediglich noch mehr. Die beiden liebten sich heiß und innig, aber Frederick konnte mit seinem massigen Körper nicht an Perths schnellem und entdeckungsfreudigem Leben teilhaben. Er konnte es lediglich erahnen. Er war immer angebunden. Sie konnten nie zusammen im Hundeparadies umherstreifen. Der Bernhardiner sabberte lediglich etwas stärker als sonst, wenn er Perth sah.
    Während der Herbstmonate begann ich, Perth eine Reihe von ausgefeilten Kunststücken beizubringen, um etwas Abwechslung in meine langen Tage zu bringen, die ich alleine zu Hause verbrachte. Sie lernte sie mühelos.
    »Verbringst du deine Zeit damit, ihr albernen Quatsch beizubringen ?« , fragte Cindy eines Tages, als sie vom Unterricht nach Hause kam. Sie hatte gesehen, wie Perth mit einer Scheibe Wurst auf der Nase fünf Sekunden lang auf ihren Hinterbeinen
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