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Persönlichkeit, Entscheidung und Verhalten

Persönlichkeit, Entscheidung und Verhalten

Titel: Persönlichkeit, Entscheidung und Verhalten
Autoren: Gerhard Roth
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wertvolle Kenntnisse darüber, wie Prozesse der Entscheidung und der Verhaltenssteuerung auf der Ebene einzelner Nervenzellen und kleiner Zellverbände ablaufen.
    Nur auf der Grundlage der Kombination psychologischer, entwicklungspsychologisch-psychotherapeutischer und neurobiologischer Kenntnisse können wir ein vertieftes Verständnis der Vorgänge der Entscheidung und der Handlungssteuerung erlangen. Wir erkennen dabei, dass diese Vorgänge sich zwischen den Polen »rational – emotional«, »bewusst – unbewusst« sowie »egoistisc h –sozial« bewegen und dass viele Faktoren dabei eine Rolle spielen, die teils hierarchisch, teils heterarchisch, d. h. auf verschiedenen und unterschiedlich gewichteten Ebenen, teils auf denselben Ebenen des Gehirns miteinander wechselwirken.
    Im Zentrum der hier präsentierten Vorstellungen steht ein neurobiologisch fundiertes Modell der Persönlichkeit. Persönlichkeit ist danach von vier großen Determinanten bestimmt, nämlich von der individuellen genetischen Ausrüstung, den Eigenheiten der individuellen (vornehmlich vorgeburtlichen und frühen nachgeburtlichen) Hirnentwicklung, den vorgeburtlichen und frühen nachgeburtlichen Erfahrungen, besonders den frühkindlichen Bindungserfahrungen, und schließlich von den psychosozialen Einflüssen während des Kindes- und Jugendalters. Aus dem Modell der unterschiedlichen Ebenen der Persönlichkeit des Gehirns und ihrer ganz spezifischen Dynamik und Plastizität ergeben sich die Bedingungen für Entscheidungen und auch die Möglichkeiten und Grenzen der Veränderung des Verhaltens anderer und des Individuums selbst.
     
    An dieser Stelle möchte ich einer Reihe von Personen danken, die mich bei der Fertigstellung dieses Buches unterstützt haben. Dank gebührt zuallererst meiner Frau und Kollegin Ursula Dicke (Universität Bremen) für viele Gespräche, fachlichen Rat und Hilfe bei der Herstellung der Abbildungen. Danken möchte ich weiterhin (in alphabetischer Reihenfolge) folgenden Damen und Herren: Heinz Beyer (Klett-Cotta Verlag Stuttgart), Anna Buchheim (Universität Ulm), Manfred Cierpka (Universität Heidelberg), Horst Kächele (Universität Ulm), Marco Lehmann-Waffenschmidt (Universität Dresden), Uwe Opolka (Hanse-Wissenschaftskolleg Delmenhorst), Michael Pauen (Universität Magdeburg/HU Berlin), Wiltrud Renter (Regensburg), Beatrice Riewe (Hanse-Wissenschaftskolleg Delmenhorst), Ralph Schumacher (ETH Zürich), Reinhard Selten (Universität Bonn) und Friedrich Thießen (TU Chemnitz). Selbstverständlich bin ich für alle Fehler und Unrichtigkeiten allein verantwortlich.
     
    Brancoli, im April 2007  
     

KAPITEL 1
     
Persönlichkeit, Anlage und Umwelt
     
     
    Menschen zeigen in dem, was sie tun, ein zeitlich überdauerndes Muster. Dies nennen wir ihre Persönlichkeit. Sie ist eine Kombination von Merkmalen des Temperaments, des Gefühlslebens, des Intellekts und der Art zu handeln, zu kommunizieren und sich zu bewegen. Personen unterscheiden sich gewöhnlich untereinander in der Art dieser Kombination. Zur Persönlichkeit gehören insbesondere die Gewohnheiten , d. h. die Art und Weise, wie sich eine Person normalerweise verhält.

Wie erfasst man »Persönlichkeit«?
     
    In der Psychologie hat man sich seit langer Zeit intensiv Gedanken darüber gemacht, wie man die Persönlichkeit eines Menschen bestimmt. Menschen unterscheiden sich voneinander, aber gleichzeitig zeigen sie auch wieder Gemeinsamkeiten, die sie zum Beispiel von (nichtmenschlichen) Tieren unterscheiden. Beim Erfassen der Persönlichkeit gibt es mehrere, grundsätzlich unterschiedliche Ansätze. Der eine Ansatz besteht darin, in irgendeiner Weise das »Wesen« des Menschen zu erfassen und daraus bestimmte mögliche Unterscheidungsmerkmale abzuleiten. Das bekannteste Unterfangen dieser Art ist die »Lehre von den Temperamenten«, die seit dem Altertum die Einteilung in vier Grundpersönlichkeiten kennt, nämlich Choleriker, Melancholiker, Phlegmatiker und Sanguiniker (man denke an Dürers Darstellung der vier Temperamente anhand der vier Apostel Markus, Paulus, Johannes und Petrus). Diese Einteilung geht auf den antiken Arzt Galenos zurück, der auch ein bedeutender Hirnforscher war. Interessant dabei ist, dass Galenos seine Einteilung von Grundpersönlichkeiten »physiologisch« mithilfe der »Vier-Säfte-Lehre« zu begründen versuchte, wonach die vier Temperamente durch die Dominanz eines der vier »Körpersäfte« Blut (sanguis), Schleim
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