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Perry Rhodan - 2530 - Der Oxtorner und die Mehandor

Titel: Perry Rhodan - 2530 - Der Oxtorner und die Mehandor
Autoren: Frank Borsch
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Frachter. Sie war riesig – ihre Länge erreichte beinahe 2800 Meter –, und besah man das Schiff aus der Ferne, erinnerte es an das Skelett einer Schlange. Innerhalb des festgefügten Rückgrats lebte und arbeitete die Sippe. Aus diesem Rückgrat wuchsen wie Rippen Halterungen für jene Tanks, deren Inhalt die Existenz der Sippe sicherte.
    Entlang des Rückgrats verlief ein unübersehbares Gewirr von Leitungen: die Verbindungen zwischen den Tanks und Labors. Die Leitungen waren gewachsen wie die Wurzeln eines uralten Baums, lagen in mehreren Schichten an.
    Auf dem Gewirr war der Steg festgemacht. Vandur ging los. Er hatte den Mikrogravitator des Anzugs abgeschaltet, um die Leichtigkeit der Null-Gravo-Umgebung zu spüren. Lediglich die Magnetstiefel hielten den Patriarchen an dem Schiff fest, verhinderten, dass der nächste Schritt ihn unwiderruflich ins All schleuderte.
    Vandur schritt langsam voran, musterte aufmerksam die Leitungsstränge auf der Suche nach Schäden. Lecks kamen die Sippe teuer zu stehen. Nicht nur, dass sie dadurch wertvolle Fracht verloren, oft gefährdeten die Substanzen das Schiff selbst. Von Zeit zu Zeit hielt er an, beugte sich über eine Leitung und betastete sie mit seinen behandschuhten Fingern. Er loggte sich in die Terminals ein, die in regelmäßigen Abständen angebracht waren und bei denen es sich um zusätzliche, autarke Kontrollsysteme handelte.
    Der alte Patriarch überprüfte die Messwerte und gab sie in die Zentrale durch.
    Was er tat, war überflüssig. Die Terminals meldeten die Messwerte in Echtzeit der Hauptpositronik. Aber die Kontrollen gaben ihm etwas zu tun, flößten ihm das Gefühl ein, dies wäre nur ein gewöhnlicher Gang.
    Zudem konnte Vandur nicht anders. Die fanatische Hingabe ans Detail war, was seine Sippe hatte überleben lassen. Die Fracht, die die UHLM beförderte, verzieh keine Nachlässigkeiten.
    Auf halbem Weg machte Vandur halt. Schweiß stand ihm auf der Stirn, verklebte ihm den langen Bart.
    Er war verbraucht. Ein Patriarch alterte rasch. Vielleicht hatten die Jungen recht. Es war an der Zeit abzutreten, Platz zu machen.
    Zu seinen Füßen wölbte sich eine der Wohneinheiten wie eine Blase aus dem Rumpf des Schiffs. Es gab vierzehn von ihnen, für jede Untersippe eine. Zusammen ergaben sie einen eigenen kleinen Kosmos, in dem die Seinen lebten und starben, liebten und hassten, hofften und resignierten.
    Es war der Kosmos, in dem Vandur sein gesamtes Leben verbracht hatte, der ihm die Welt bedeutete.
    Vandur hatte sich seinen Platz in diesem Kosmos erkämpft. Er hatte den eigenen Vater von der Spitze der Sippe weggefegt, den eigenen Bruder – der Seelengefährte, mit dem zusammen er ein neues Zeitalter in der Geschichte der Sippe hatte einläuten wollen – hatte er verjagt, hinaus in die unendliche, kalte Leere.
    Vandur setzte seinen Weg fort.
    Sein Vater ... Er war gut zu ihm gewesen. Uhlmin hatte ihn weder umgebracht noch ihn von Bord gewiesen. Er hatte für sein Mitleid teuer bezahlt. Es hatte ihm den Ruf der Schwäche eingehandelt. Vandur hatte demonstrativ Härte an anderer Stelle zeigen müssen, um die Scharte auszuwetzen.
    Vielleicht war er deshalb auch so unduldsam gegenüber seinem Bruder gewesen. Hätte er nur ein wenig mehr Selbstsicherheit besessen, der Streit zwischen ihm und Kampur hätte nicht eskalieren müssen. Sie hätten ihre Träume leben können, anstatt sie zu zerstören.
    Was hatte es letztlich eingebracht? Sein Vater war nach dem Sturz ein Schatten seiner selbst gewesen. Der einst stolze, Furcht einflößende Mann war in sich zusammengefallen, innerhalb von Stunden zum Greis geworden. Die Sippe hatte ausgiebig die Gelegenheit genutzt, mit dem Wehrlosen alte Rechnungen zu begleichen. Es hatte unzählige davon gegeben. Ein guter Patriarch musste seine Sippe vor den Kopf stoßen, und Vandurs Vater war ein guter Herrscher gewesen. Vandur hatte viel von ihm gelernt.
    Einige Wochen nach dem Sturz hatte man den alten Mann erhängt in einem Lagerraum gefunden. Ob er sich das Leben genommen hatte oder man ihn umgebracht hatte, war nie geklärt worden. Es war auch unwichtig. Der alte Mann war würdelos gestorben. Das allein zählte.
    Auch in dieser Hinsicht hatte Vandur von seinem Vater gelernt. Der Mehandor hatte sich geschworen, in Würde zu gehen.
    Der alte Patriarch hatte das Ende des Schiffs erreicht. Der Steg ragte über den Rumpf der UHLM hinaus in die Unendlichkeit. Vandur selbst hatte diesen Brauch eingeführt: ein Symbol
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